Gendersprache und Verständlichkeit
Medienrhetorik konkret:
Gendersprache darf Verständlichkeit nicht schmälern
Wie die Sprache „vor die Hündinnen“ gehen kann.
Bei allen Kommunikationsprozessen gilt als wichtigstes Prinzip der Verständlichkeit: Kurz und einfach.
Wenn Korrespondenten im Schweizer Fernsehen in ihren Beiträgen ständig Doppelnennungen gebrauchen, wie
„Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“
„Wählerinnen und Wähler“
-„Politikerinnen und Politiker“
„Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner“,
widerspricht dies dem Prinzip der Kürze und dem Lesefluss.
Wir achten nicht mehr auf den Inhalt, sondern nur noch auf das übertriebene Bemühen um die konsequente Gendergerechtigkeit. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die penetrante Doppelnennung von den Leserinnen und Zuhörern erwünscht ist. Vermutlich wird sie von oben den Journalisten verordnet, jedenfalls nicht im Interesse des Publikums. Durch die übertriebene Gendersprache leidet die Verständlichkeit.
Rhetorikprofessor Dr. R. Steiger (ETH) pflegte schon vor Jahren zu Beginn seiner Vorlesungsreihe folgende Folie aufzulegen:
„Der/die
Referent/In
ist für den/die
Zuhörer/In da
und nicht
der/die Zuhörer für
den/die Referent/en/in!“
Mit diesem Beispiel machte er deutlich, dass er während der Vorlesung nicht alles verdoppeln werde. Er wechselte bewusst die Geschlechter. Keine Studentin wünschte nachher ein konsequentes Verdoppeln. Einmal sprach er von Chefin. Ein andermal von einem Chef.
Seit Jahren wird versucht, die männliche Bezeichnung (das sogenannte generische Maskulinum, das beide Geschlechter einschliesst) zu ersetzen. An dem ist eigentlich nichts auszusetzen. Doch sollte dafür auf keinen Fall die Lesbarkeit, die Verständlichkeit, die Ausdrucksstärke und der Sprachfluss geopfert werden.
Ständige Doppelnennungen ermüden, benötigen wertvolle Zeilen und Zeit.
Das Ritual der Verdoppelung führt mitunter zur grotesken Situation, dass Moderatoren in den Medien (z B. im Kassensturz) oft die männliche Form wiederholen „die Konsumenten und Konsumenten“.
Die Verdoppelungsmanie wurde gleichsam zum Ritual:
„Alle Bewohner und Bewohner…“
„Liebe Zuschauer und Zuschauer“.
Die Verdoppelung als Floskel wird von vielen Rednern gerne genutzt, nur um Denkzeit zu schinden.
Schlimm wird es, wenn die Sprache auf das meist falsch verwendete Partizip „die Lehrenden“ oder konstant auf geschlechtsneutrale Bezeichnungen ausweicht. Die Unsitte, Lehrerinnen und Lehrer als „Lehrpersonen“ zu bezeichnen, hat sich schon dermassen etabliert, dass sie auch dann geschlechtsneural verwendet wird, wenn es sich nur um eine Frau oder um nur um einen Mann handelt.
Ich sammelte seit Jahren die schlimmsten unsinnigen Sprachschöpfungen, wie:
- Gästin
- Jedefrau sagt, statt: Jedermann sagt)
- Göttin sei Dank
- Frauschaft statt Mannschaft
- Ich habe einen Bärinnenhunger
- Wir werden uns vertöchtern (statt versöhnen)
- Mitgliederin (obschon Mitglied eindeutig eine geschlechtsneutrale Personenbezeichnung ist)
- „Frau sagt“, statt: „Man“ sagt (obwohl mit „man“ irgend ein Mensch gemeint ist).
- „Liebe Kinderinnen und Kinder“ (Aus einer Rede von Grünen- Chefin Göring - Eckhardt.)
- Reisendinnen
Ein guter Schreib- und Sprechstil zeichnet sich nie durch Kompliziertheit aus!
Sture Gleichmacherei verstümmelt die Sprache. Welches der folgenden Beispiele ist verständlicher, einfacher und kürzer?
„Krankenschwestern und Laborantinnen sind die engsten Mitarbeiter der Aerzte.“
Oder:
„Krankenpfleger, Krankenschwestern und Laboranten, Laborantinnen sind die engsten Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen der Aerzte und Aerztinnen.“
Fundamentaler Irrtum
Die Gleichsetzung von biologischem Geschlecht und grammatikalischem Genus
ist eindeutig falsch. Es gibt drei Genera, das Maskulinum, das Femininum und das Neutrum. Es gibt aber nur zwei Geschlechter. Begriffe wie:
- Der Mensch
- Der Gast
- Der Flüchtling
- Die Person
- Die Persönlichkeit
- Das Kind
- Das Individuum
usw.
können alle männlich und weiblich sein.
Viele übersehen die Tatsache, dass allem Ungeschlechtlichen (der Ofen, die Wolke, das Fass) ein Genus zugeordnet ist.
Genau so sind sämtliche Funktionen, die von Verben abgeleitet werden können und auf -er enden, trotz des männlichen Genus nicht biologisch männlich zu verstehen.
Ein Mensch der liest, ist ein Leser.
Einer der arbeitet, ein Arbeiter.
Ein Mensch, der fischt, ist ein Fischer usw.
Der Genus wird hier übergeschlechtlich verwendet.
Ein zusätzlicher Irrtum: Wegen der konsequenten Doppelnennung von Funktionsträgern geht die übergeschlechtliche Bedeutung des maskulinen Genus verloren.
Dies führt zum Verlust des Oberbegriffs der deutschen Sprache, nämlich des allgemeinen, nicht unter geschlechtlichem Aspekt ins Auge gefassten Menschen. Der Sexismus wurde mit der Vergeschlechtlichung der Sprache nicht entfernt, sondern erst recht eingeführt. Jeder Begriff müsste nämlich durch die Feminisierung dauernd wiederholt werden. Dies würde jedoch zu unüberwindbaren Schwierigkeiten führen. z.B:
„Der interessierte Leser, beziehungsweise die interessierte Leserin kümmert sich immer auch um die Person des unbekannten Autors, beziehungsweise der unbekannten Autorin.“
.
Selbstverständlich ist es angebracht, bei Einladungen und Anreden zuerst beide Geschlechter anzusprechen, da man ja konkret Menschen als Männer und Frauen vor sich sieht. Heute sehen viele ein, dass wir den ideologischen Modeerscheinungen nicht weiter erliegen dürfen. Wer mit Sprache zu tun hat, ist verpflichtet, sich in erster Linie für die sprachliche Ästhetik d.h. "Klarheit und Lesbarkeit" zu entscheiden. Wenn wir die Sprache verändern, darf die Verständlichkeit beim Reden und Schreiben nie leiden.
Kommentar
Die zum Teil recht heftigt geführten Diskussion um gendergerechte Sprache war notwendig. Ohne die penetranten Vorstösse wäre wahrscheinlich alles beim Alten geblieben. Die Sprache ist stets genötigt, sich dem Zeitgeist anzupassen. Dies darf aber nicht zu einer Verstümmelung der Sprache führen. Bedenklich ist es, dass Kinder heute in der Schule bereits in ein Gendersprachkorsett gesteckt werden.
Auf Arbeitsblättern müssen sie lernen,
„Schüler“ durch „Schülerschaft“ zu ersetzen.
„Leser“ durch „Lesende“. „Fussgänger“ sind „Zu Fuss gehende“. Grammatik und Stilistik scheinen keine Rolle mehr zu spielen.
Priorität hat nur noch politisch korrektes Schreiben.
Was können wir gegen diesen Unfug tun?
Stoppen wir den neuen Genderwahn. Viele resignierten und haben leider den Kampf gegen den bürokratischen Unsinn der Sprachpolizisten aufgegeben.
Zebrastreifen sind nicht für Zebras geschaffen. (Ringier will in den Texten keine Fussgängerstreifen, der männlichen Form wegen).
Wehren wir uns gegen die Verunstaltung der Sprache. Ueberlassen wir das Feld nicht den Genderideologen mit ihrem Röhrenblick.
Die Sprache ist ein zu kostbares Gut. Wir dürfen sie nicht „vor die Hündinnen“ gehen lassen.
Ich zitiere als treffenden Schlussgedanken
Martin Ebel, Autor, Literaturredaktor (Tagesanzeiger) und Juror:
„Die Genderbewegung will die Benachteiligung der Frauen beheben. Auf Kosten der grammatikalischen Korrektheit, der Eleganz, der Freiheit des Ausdrucks. Nicht zuletzt transportiert sie ein Weltbild, in dem die Menschheit immer und grundsätzlich in Männer und Frauen zerfällt. Eine gespaltene Welt. Die Umdeklarierung des generischen zum sexistischen Maskulinum hat die bekannten sprachlichen Folgen - zwangshafte Doppelnennung, substantiviertes Partizip Präsens, umständliche Umschreibungen, gar typographische Scheusslichkeiten wie Gendersternchen, Binnen-I, oder Gender Gap.
Wer gendern will, mag dies tun. Er und sie -
sollen nur andere damit in Ruhe lassen.“
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