Ein No-Go
Eine Woche vor einer Abstimmung darf die Bevölkerung auch in einer Satiresendung nicht mehr einseitig beeinflusst werden.
SRF-Deville«Das war Wahlkampf, bezahlt durch Zwangsabgaben»
Dominic Deville holte in seiner Late-Night-Show auf SRF zum Rundumschlag gegen die Grosskonzerne aus. Der Ärger bei den Gegnern der Konzernverantwortungsinitiative ist riesig.
Quelle 20 Min
Dominic Deville rückte in seiner Show vom Sonntagabend die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) ins Zentrum, die am kommenden Sonntag vors Volk kommt. SRF versprach auf der Website zur Sendung, der Komiker werde «Licht ins Abstimmungsdunkel bringen».
In der Sendung (siehe Video oben) kamen dann der Wirtschaftsverband Economiesuisse und der Reihe nach die Schweizer Grosskonzerne Syngenta, Nestlé und Glencore unter die Räder. Über den Syngenta-CEO Eric Fyrwald meinte er, dieser sehe schon aus wie der Bösewicht in «Game of Thrones». Den Basler Agrarkonzern bezeichnete er als «Ruag für Gärtner»: «Auch mit Pestiziden kann man wunderbar Menschen töten.» Der Konzern habe schon «vor Corona das Durchseuchen erfunden».
Palmöl und brennender Regenwald
Nestlé warf Deville vor, für das Palmöl in seinen Produkten riesige Flächen von Regenwald abzubrennen. Er könne sich vorstellen, dass der Lebensmittelmulti dann Wasser in Fläschchen verkaufe, um die Brände wieder zu löschen. Schliesslich warf er dem Rohstoffhändler Glencore vor, das Gebiet rund um seine Minen zu vergiften und das Trinkwasser der Menschen zu «versauen». In einer Parodie liess er auch noch Economiesuisse ein Camp mit Kinderarbeit anpreisen.
Bei den Gegnern der KVI ist der Ärger über Devilles Rundumschlag gross. Die Sendung habe das Gebot der Sachgerechtigkeit verletzt. CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter etwa schrieb auf Twitter, die Sendung eine Woche vor dem Abstimmungstermin habe gegen «jegliche Regeln» von SRF verstossen. «Das war mehr als bloss Satire.»
Auch andere Twitter-User werfen SRF vor, unter dem Deckmantel der Satire für ein Ja zur KVI zu weibeln. Ein FDP-Politiker fragte, was eine Sendung von Deville koste und ob der Betrag zum Budget der Initianten gerechnet werde. «30 Minuten im steuerfinanzierten Sender auf die Wirtschaft eindreschen, die sein Einkommen finanziert, ist keine Satire.» Ein anderer Twitterer schrieb: «Das war Wahlkampf, bezahlt durch Zwangsabgaben.»
Freude an der Sendung hatten hingegen die Befürworter. Oliver Classen von der NGO Public Eye teilte entzückt Sequenzen der Sendung. Andere stellten sich auf den Standpunkt, die KVI-Gegner hätten nicht verstanden, was Satire sei.
Tom Schmidlin, Bereichsleiter Comedy und Entwicklung von SRF, stellt sich auf den Standpunkt, dass die Sendung nicht gegen die Regeln verstossen habe: «Auch bei einer Satiresendung halten wir uns an die publizistischen Leitlinien von SRF. ‹Deville› behandelt als Satireformat die Themen des aktuellen Geschehens. Dazu zählt selbstverständlich auch die Konzernverantwortungsinitiative.» Es liege in der Natur der Sache, dass in der Satire Themen pointiert besprochen würden. Wichtig sei, dass Satire als solche erkennbar sei. «Das ist bei ‹Deville› gegeben. Diese Haltung von SRF hat die Ombudsstelle in einem ähnlichen Fall (‹Deville› zum Waffengesetz) bestätigt.»
Bei der Ombudsstelle der SRG war bis am Montagmittag noch keine Beanstandung eingegangen. Laut Ombudsfrau Esther Girsberger kann sich das noch ändern. Allerdings könne eine allfällige Beanstandung kaum mehr vor der Abstimmung behandelt werden.
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