TV Aufritte: Alles was ablenkt ist schlecht
Medienrhetorik
Die Erkenntnis ist nicht neu:
Bei der Ausbildung "Fit vor Mikrofon und Kamera" wurde schon vor vielen Jahren gesagt, dass wir alles vermeiden sollten, was von der Botschaft ablenkt.
Beim Radio können es Hintergrundgeräusche sein. Beim Fernsehen schadet sich ein Redner selbst, wenn er ein Abzeichen trägt und die Zuschauer abgelenkt werden und rätseln, ob die Person ein Rotaryabzeichen oder einen TCS Pin trägt.
Dass Moderatoren in den meisten Sendern angehalten werden, auf Werbebotschaften zu verzichten, ist verständlich. Denn es liegt auch im Interesse des Redners, dass der Zuschauer sich auf die Aussage konzentrieren kann und nicht abgelenkt wird. Sei es ein auffallender Schmuck, ein Tattoo oder ein Piercing.
Es ist somit nachvollziehbar, dass Boeschs Kleid als Tagesschaussprecherin mit ihrem weissen Kleid und den schwarzen Illustrationen irritierte. Sie reizte damit den Spielraum einer Nachrichtensprecherin aus.
Wenngleich sie mit ihrem Look auch Lob erntete, zeigt sich einmal mehr: Das Kleid wurde zur Nachricht und nicht die Botschaft, die sie vermitteln wollte. Sie muss sich heute nicht wundern, dass in den Medien nicht über ihre Kompetenz diskutiert wird, sondern über ihr ungewohntes Outfit.
Wer die Erkenntnis missachtet, auf alles zu verzichten was ablenkt, darf sich nachträglich nicht wurndern, wenn er auf das Aeussere reduziert wird
Bundesrätin Leuthard hat dies ebenfalls erlebt, als sie bei der Einweihung der Gotthardtunnels ein Löcherkleid getragen hatte das aussah, wie ein Emmenthaler mit Löchern. Das Kleid wurde zum Medienthema. Auch Boeschs Kleid wurde kommentiert. Bei den Zuschauern kam sie recht gut weg.
Ich bin aber sicher, dass die Medien. Frontfrau nicht nur sich über die Kleider definieren lassen möchte.
Ein Blick zurück:
Moderatoren als Werbeträger?
TV- Werbung ist teuer. 30 Sekunden Werbezeit kostet bekanntlich beim RTL in
guter Sendezeit (Champion leage) über 250'000.-- DM
Beim Schweizer Fernsehen ist für Firmen günstiger. Aber auch beim Schweizer Fernsehen bringt die Werbung wertvolle Millionen. PR Spezialisten wissen: Auch versteckte Werbung kann am Bildschirm genutzt werden: Bandenwerbung. Werbung auf Sportkleidern, Skis und Rennwagen. Wer an einer Sendung einen Buchtitel, einen Hinweis auf eine Veranstaltung, vielleicht auch seine CD zeigen - mitunter sogar kurz vorstellen kann -, der profitiert ebenfalls. Vor Jahren trug Jana Caniga am Frauentag als Sprecherin den violetten Aufkleber mit Hinweisen auf eine Frauen- Veranstaltung auf dem Treffen, Ort und Datum zu lesen waren. Damals löste diese Gratis- Werbung am Bildschirm langwierige interne Diskussionen aus über Rechte und Grenzen bei neutralen Moderationen, Nachrichten usw). Es wurde hierauf eindeutig festgehalten: Die Sprecherin darf nicht zu einer Werbeträgerin verkommen. Eine Ansagerin is keine lebende Plakatsäule. Die internen Richtlinien wurden darnach lange Zeit eingehalten. Nun kam es bei der Moderatorin Mona Vetsch von "OOPS" nachher in der Jugendsendung des Schweizer Fernsehens wiederum zu heftigen Reaktionen. Was war geschehen? Die junge Frau trug beim Moderieren ein T-Shirt mit der Aufschrift Motherfucker. Die Wirkung beim Publikum war enorm. Es kam zu verärgerten Zuschriften und Protesten. Der Ombudsmann Otto Schoch, wie auch die unabhängige Beschwerdeinstanz UBI mussten sich des "Falles" annehmen. Zuletzt nahm noch die Zürcher Staatsanwaltschaft dazu Stellung: "Die Aufschrift sei nicht nur verwerflich. Es handle sich bei der Aufschrift gleichsam um Werbung zu einem Offizialdelikt". (Soviel Amtstuben-Naivität ergötzt die Fangemeinde des schillernden Paradiesvogels "Vetsch" natürlich.) Die Staatsanwaltschaft meinte hierauf: "Die Aufschrift könne zwar moralische, ethische Gefühle verletzen; doch liege hier kein Offizialdelikt vor". Der SRG Ombudsmann fand hingegen, die Moderatorin habe die Grenze des guten Geschmacks überschritten. Mona Vetsch selbst wollte sich zur Thematik "Werbung vor dem Bildschirm" nicht äussern. Sie weilte nämlich am Openair in St. Gallen und lauschte dort sinnigerweise den Klängen der Band "Mother`s Funck". (Da dieser Name natürlich mit dem T-Shirt Aufdruck assoziert ist, muss der T-Shirt Gag als Werbung betrachtet werden und die Reaktion durch die Provokation war im Nachhinein erstklassige Werbung. Man vergleiche hierzu auch das Beispiel einer Bilderkampagne in politischen Diskussionen, wo die Provokation auch hervorragend geklappt hatte.) Es geht nicht um die Grösse oder vordergründige Aussage eines Aufdrucks auf dem T-Shirt einer Moderatorin. Wie bei allen Kommmunikationsprozessen geht vor allem um die Wirkung. Diese Wirkung muss stets miteinbezogen werden. Worte lösen bekanntlich Bilder aus und können provozieren. Die Macht der Bilder kann auch zur Reklamewirkung benutzt werden, die von den dadurch provozierten Reaktionen noch ums Vielfache gesteigert werden kann. |
Bei Medeinauftritten sollte alles vermieden werden, das die Aufmerksamkeit von der Botschaft ablenkt.
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