Schulz hat sich mit dem Wortbruch und Schlingerkurs verkalkuliert
Das Ende eines Missverständnisses –
so verlor Martin Schulz in 36 Stunden zwei Ämter
Martin
Schulz hat sich verkalkuliert: Zuerst gab er den Parteivorsitz aus der
Hand, um Aussenminister zu werden. Jetzt steht er ohne nichts da. Sigmar
Gabriel hat den Machtkampf für sich entschieden.
Martin Schulz hat innerhalb von nur 36 Stunden
gleich zwei politische Spitzenämter verloren. Am Mittwoch, nach dem Ende
der Koalitionsverhandlungen mit der Union, gab er den Parteivorsitz an
Fraktionschefin Andrea Nahles ab – in der Absicht, stattdessen in der
künftigen Regierung den Posten des Aussenministers zu besetzen.
Gestern
folgte nun der grosse Knall bei den Genossen: Schulz erklärte in einer
schriftlichen Stellungnahme am Nachmittag seinen «Verzicht auf Eintritt
in die Bundesregierung». Er hoffe «inständig, dass damit die
Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind». Seine persönlichen
Ambitionen müssten «hinter den Interessen der Partei zurückstehen»,
erklärte der 62-Jährige.
Das
Fass zum Überlaufen brachte aber Schulz’ Ankündigung, er wolle
Aussenminister im Kabinett Merkel werden. Schulz hatte noch im Herbst
kategorisch ausgeschlossen, Minister in einer Regierung unter Merkel
werden zu wollen. Schulz habe den «SPD-Vorsitz als Trampolin
missbraucht», um sich einen Ministerposten zu sichern, lautete der
Vorwurf. Aus dem Landesverband Hessen hiess es: «Die Geschichte von
Schulz und der SPD war ein grosses einjähriges Missverständnis.»
Gestern drängte die Parteispitze den ehemaligen
EU-Politiker, seinen Verzicht auf das Amt des Aussenministers zu
erklären. Die Parteiführung sah das Zustandekommen der Grossen Koalition
in grösster Gefahr. . Sagt die Basis Nein, steht Deutschland vor Neuwahlen, die nicht zuletzt für die in Umfragen auf mickrige 17 Prozent kommende SPD höchst riskant wären.
Die Geschichte vom Rückzug des noch vor einem
Jahr als Heilsbringer gefeierten Martin Schulz, der auf dem Parteitag im
März 2017 mit 100 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Sigmar Gabriel
an der Parteispitze gewählt worden war, ist auch die Geschichte eines
zuletzt erbittert geführten Machtkampfs zwischen Schulz und seinem
ehemaligen Parteifreund Gabriel – mit dem zumindest vorübergehend
besseren Ende für Gabriel.
Dieser liess im Januar 2017
Schulz den Vortritt für die Kanzlerkandidatur, sicherte sich dafür den
attraktiven Posten im Aussenministerium. Die Freundschaft zwischen dem
Rheinländer Schulz und dem Niedersachsen Gabriel erfuhr im
Bundestagswahlkampf erste Risse, nachdem Gabriel dem Kanzlerkandidaten
immer wieder in die Parade gefahren war, was Schulz mächtig erzürnt
hatte.
Nach seiner geplanten Ausbootung hat Gabriel seinen einstigen Parteifreund Schulz endgültig desavouiert. «Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern
darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander
geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt», griff der
höchst beleidigte Gabriel Schulz und indirekt auch Fraktionschefin
Andrea Nahles an.
Ob Gabriel nun Aussenminister bleiben
wird, ist allerdings ungewiss.
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