Sonntag, 25. Juni 2017

Nachlese zum Medienwirbel vor der Pilotsendung Arena/Reporter

Eine Nachlese:  
Erkenntnisse aus einem Medientrubel

von Marcus Knill

Sendungslogo «Arena/Reporter»

"Arena/Reporter" mit Christa Rigozzi als Co-Moderatorin - wird als neues Sendegefäss angekündigt. Unmittelbar darauf folgt ein  Medienaufruhr:

 Christa Rigozzi moderiert neu an der Seite von Jonas Projer die SRF-Sendung «Arena/Reporter».

Blick eröffnet die Geschichte und macht den angeblichen Zoff beim Schweizer Fernsehen mit dem Tietel gross auf:

"Riesen-Krach am Leutschenbach"

Blick spricht von interner Mitarbeiterkritik an Christa Rigozzi.

SRF Mitarbeiter sollen  sauer sein, dass Rigozzi  anders als die Vollzeit-Mitarbeiter - Werbung machen darf. Die Kritiker wollen jedoch anonym bleiben.

  Rigozzis viele Werbeverpflichtungen  sorgen laut Blick für heisse Diskussionen am Leutschenbach. «Sie verfügt über ein Portfolio mit vielen lukrativen Mandaten. Das wirkt nicht gerade glaubwürdig, wenn sie in dieser Sendung unabhängig gesellschaftsrelevante Themen verhandeln soll», wird in der Boulevardzeitung ein «SRF-Aushängeschild» zitiert. Ein anderer «SRF-Mann» sagt: «Ich dürfte das nie, obwohl es ein gutes Einkommen wäre.» Und eine «TV-Frau» giftelt: «Ich staune, zu welchen Pirouetten die Informationsabteilung bereit ist. Für mich ist es billiger Zuschauerfang: Kurzes Röckli holt mit lustigem Tessiner Akzent Quote.»


Nach diesen anonymen Äusserung spricht  SRF-Direktor Ruedi Matter Klartext: «Niemand in diesem Haus muss mit allem einverstanden sein, was entschieden oder umgesetzt wird. Wir lassen verschiedene Meinungen zu, nicht nur in unseren Programmen, auch intern» und ergänzt:

 
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 «Alles andere als mutig ist es, sich mit seiner Meinung anonym in einer Zeitung zitieren zu lassen. Im aktuellen Fall ist es nichts anderes als verlogen: Die Sorge um das Ansehen, die Glaubwürdigkeit von SRF vorzugeben – und genau dieses Ansehen, diese Glaubwürdigkeit sehr bewusst und aktiv zu beschädigen. Ich bedaure und verurteile solche Aktionen

SRF-Sprecher Stefan Wyss ergänzt bei persönlich.com,
Rigozzi sei bei SRF nicht festangestellt, sondern wurde als Co-Moderatorin für die einzelnen Ausgaben von «Arena/Reporter» engagiert – im Jahr 2017 sind das drei Sendungen. «Es ist also auch eine Frage der Verhältnismässigkeit, dass für Christa Rigozzi nicht die gleichen Regeln gelten können, wie für jemanden, der bei SRF als Redaktor und Moderator in einem Vollpensum arbeitet», so Wyss weiter. Zudem nehme Rigozzi für ihr Engagement bei «Arena/Reporter» bezüglich Werbung gewichtige Einschränkungen in Kauf. «So können über längere Zeit auf SRF keine Werbespots mit Rigozzi geschaltet werden», so Mediensprecher Wyss.

Blick kontert: 

"SRF-Boss verhängt Maulkorb!"

Dann folgt ein weiterer Knall:

Thema am 11. Juni wird die umstrittene Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) sein.
Als Fallbeispiel dient Christian Kast , der seine Kinder 2015 aus der Obhut der Kesb entführte und zusammen mit seiner Ehefrau Margie  auf die Philippinen  schickte. Kast ist Protagonist der «Reporter»-Sendung, über die im Anschluss diskutiert werden soll. Und: Kast soll im Publikum sitzen und aktiv am Gespräch teilnehmen. Blick wirft der Arena vor, einen Nazi eingeladen zu haben und schreibt:

"Projer am Pranger"


«Arena»-Moderator Jonas Projer wehrt sich gegen Vorwürfe, dass seine Sendung einen rechtsextremen Kesb-Gegner einlade.

«Nie würde ich einen Nazi einladen!»



Nachdem jedoch Kast  auf seine Teilnahme verzichtete, schien das  das Medienthema Kast zu versanden.
Aber es wurde donnoch in den Medien  weiter geköchelt.



Kommentar:
Es stellte sich im Vorfeld der Sendung die Frage, welche Interessen wohl hinter all diesen Akteuren stecken. Es fiel auf, dass Blick (Ringier),  sonst eher SRF freundlich, sich kritisch auf die Rigozzi Moderation einschoss. Das Schweizer  Fernsehen beschränkte sich bei der Ankündigung der  Sendung zunächst auf Fakten und Informationen. Erst nach den anonymen internen kritischen Stimmen  tadelte und verurteilte SRF Direktor Matter das Verhalten einzelner Mitarbeiter. Ich finde,
 in dieser Situation waren  deutliche Worte angebracht. Matter war zwar ungehalten, hat aber  die Nerven nie verloren.


Ich befürchtete in der Anfangsphase, dass SRF Moderator Projer sich zu lange in Schweigen hüllen werde.


Doch in der aktuellen «Schweiz am Wochenende» nahm   SRF-Moderator Jonas Projer noch rechtzeitig Stellung zur Sendung – und nahm dabei seine Kollegin in Schutz.


  «Christa Rigozzi ist mehr als eine Glamour-Frau. Rigozzi war vor zwei Jahren das erste Mal Gast in der «Arena», um über die zweite Gotthardröhre zu diskutieren. Sie hat mit Kompetenz überzeugt, mit rhetorischem Geschick, und sie hat bewiesen, dass sie nicht nur eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist, sondern sich auch auf dem politischen Parkett bewegen kann.» Und die 34-Jährige brachte dem Sender eine gute Quote ein. Die Gotthard-«Arena» war mit fast 28 Prozent eine der besten unter Projers Leitung . Dazu sagt der Moderator: «Das ist nicht unser Hauptkriterium, uns geht es um die Meinungsbildung. Aber wir wären doch im falschen Job, wenn wir nicht versuchen würden, mit relevanten Themen ein breites Publikum zu erreichen.» Dazu könne Rigozzi sicher beitragen.

Zur Kritik anderer SRF-Moderatoren,  die ehemalige Miss Schweiz  dürfe Werbung machen, für wen sie will, findet Projer: «Klar ist, dass sie für einige wenige Auftritte spürbare Werbe-Einschränkungen in Kauf nimmt. Und das finde ich auch richtig so.»

Kommentar: Die Begründung Projers erfolgte  rechtzeitig.
Doch hat nachher  Christian Dorer (NZZ)   darauf hingewiesen, dass durch die neue Debattensendung die Marke "Christa Rigozzi" an Attraktivität gewinnt. Durch regelmässige Bildpräsenz steigt zwangsläufig der Werbewert einer Firma. Ich zitiere den Chefredaktor der Blick-Gruppe:

Wenn es dem Sender nur um den Werbeeffekt einer «prominenten, gut aussehenden, charmanten Botschafterin» gehe, dann sei ihre Verpflichtung «sexistisch und nicht die Kritik daran».

Ich meine, wir dürfen sämtliche Kommentare und Vorurteile hinsichtlich der Kompetenz Rigozzis ignorieren. 

Entscheidend für mich ist  das Resultat vor Mikrofon und Kamera und nicht die publizierten Vorurteile.

Vielen Kritiker war der Leistungsausweis von Christa Rigozzi nicht bekannt. 

 Ich zitiere Wikipedia: 

Zum Zeitpunkt ihres Titelgewinns studierte sie Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Freiburg und Kriminologie und Strafrecht an der Universität Bern. Nach dem Miss-Jahr hat Rigozzi ihr Stu­dium der Kommunikationswissenschaft und Kriminologie an der Universität Freiburg mit der Note 5,5 abgeschlossen. Sie spricht fliessend 5 Sprachen.

Zur umstrittenen Werbeerlaubnis der Co-Moderatorin muss jedoch darauf hingewieesn werden, dass der Vergleich mit Bernhard Russi hinkt, der  beim Sport ebenfalls nicht fest angestellt ist und privat Werbeverträge weiterführen kann. Zwischen dem Ressort Sport  und Politik ist zu differenzieren. Bein Sport besteht viel weniger Gefahr, dass es zu heiklen Situationen kommt.

Erstaunlich ist, dass alle  erwähnten kritischen Mediengeschichten  noch vor der angekündigten Sendung publiziert worden sind. Zur Freude Projers  bringt dies hinsichtlich Einschaltquote zwangsläufig bessere Zahlen. Das Interesse an der Sendung ist jedenfalls durch den Medienwirbel geweckt worden.













Zur ausgestrahlten Pilotsendung noch ein Wort:

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Die Sendung am 1.Juni fand  dank der Auseinandersetzung eine grosse Beachtung.

Die Urteile fielen zwar unterschiedlich aus. Christa Rigozzi kam aber recht gut weg.

Die Sendung selbst wurde von verschiedenen Seiten als überladen empfunden.

Es gab ein technisches Problem mit der Telephonverbindung.

Am meisten wurde aber nicht Rigozzi kritisiert, sondern vor allem das peinliche, undisziplinierte Verhalten der Diskutanten. Zu oft sprachen alle durcheinander. Dialog - ein Fremdwort? Ich begreife jeden Konsumenten, der während dieser Sendung abgeschaltet hat.

 

 

 

 
ERKENNTNISSE:

Zum kommunikativen  Verhalten der verschiedenen Akteure ist zusammenzufassen:

Co-Moderatorin Christa Rigozzi verstand es, in der kritischen Phase die Medien zu nutzen. Medienangebote sind immer eine Chance. Es gelang ihr nicht nur, in den Interviews klug und schlagfertig zu antworten. Auch beim vorbelasteten Auftritt,  trotz  des zusätzlichen Stresses und der technischen Panne kann man mit ihrer Leistung zufrieden sein. Dank  Authentizität und  Kompetenz kam sie  bei den meisten Kritikern gut weg: Sie habe  trotz merklicher Nervosität souverän moderiert.

 

Zu den RFZ Repräsentanten:

 

Das Verhalten der internen Mitarbeiter, die Regozzi anonym kritisiert haben ist bedenklich:

Wer kritisiert, muss Farbe bekennen. Dieses Verhalten muss gerügt werden.

 

SRF- Direktor Ruedi Matter spricht Klartext und verurteilt die giftigen Kommentare aus dem eigenen Haus. Gut gemacht. Ein Chef muss Haltung zeigen.

Jonas Projer hat  eindeutig  über das Sendekonzept,  die Kompetenz von Christa Rigozzi, sowie deren Rolle als Co-Moderatorin ausführlich und rechtzeitig informiert. 

Ihm wurde aber vorgeworfen, er habe während der Sendung zu wenig interveniert, es wurde zu lange undiszipiniert diskutiert.

Bei dieser neuen Konstellation hätte er - wie früher - die Leitung übernehmen müssen. Es bleibt zu hoffen, dass er künftig zu seinem bisherigen Führungsstil bei der Gesamtmoderation zurückfindet. 

Für die Boulevardmedien war der "Hauskrach" fernsehintern ein gefundenes Fressen. Dass Blick diese Geschichte so breit aufmachen konnte, ist den anonymen Kritikern anzulasten und nicht den Journalisten. Ungewöhliches, Negatives und Auseinandersetzungen sind immer ein gefundenes Fressen.

 Zu den Interviews mit Rigozzi im "Blick am Sonntag" und in der "Schweiz am Sonntag":

Die Sonntagspresse hat Christa Rigozzi eine Plattform geboten und  mit den prominent aufgemachten Interviews viel dazu beigetragen, dass die Bevölkerung siw noch vor der Sendung besser kennen lernen konnte. 

 



 

Was wir aus diesem Medienhype lernen können:

- Auseinandersetzungen sollten immer  intern und nicht   öffentlich ausgetragen werden

-  Medienauftritte sind immer eine Chance

.  Sachverhalte sind zu klären

.  Behauptungen und Vorurteile sind zu berichtigen

.  Dank des Multiplikationseffektes der Medien können wir Informationen schnell verbreiten

 

FAZIT: 

Der Start der Pilotsendung war   trotz galliger Diskussion einigermassen geglückt.

Christa Rigozzi meisterte zwar die neue Aufgabe, wirkte aber sichtlich angestrengter als sonst. Sie überzeugte  durch Präsenz und Kompetenz.



 Die meisten Kritiker sind sich einig in der Feststellung, dass zu viele Zutaten den Brei verderben.

Ich traue  Jonas Projers Team zu, dass es - wie bei der klassichen ARENA - aus den Feststellungen die Konsequenzen zieht. Das Format lässt sich mit wenig Eingriffen optimieren.

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Photo- wie immer

 


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