Mittwoch, 30. November 2016

Wer kennt nicht den Ausdruck: "Du häsch dich trumpiert?"

Der MEDIENCLUB vom 29. November (SRF) wurde mit dem Titel angekündigt:


Die Medien - voll daneben getrumpt?


Zum Thema: Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten werfen Kritiker den traditionellen Medien Versagen vor. Sie hätten Trump gross gemacht und ihn gleichzeitig unterschätzt. Sie hätten sich zu elitär verhalten.

Diese medienkritische Sendung  war aus meiner Sicht eine erfreuliche Horizonterweiterung.

SRF Medienclub: Fake-News und Algorithmen werden zum Thema
Moderierte die Diskussion im «Medienclub»: Franz Fischlin (


Franz Fischlin hatte eine gute Hand bei der Auswahl der Diskutanten.

Die Zusammensetzung der Akteute war hinsichtlich Meinungsvielfalt geschickt gewählt.
Die unterschiedlichen Sichten führten dazu, dass die Thematik breit ausgeleuchtet werden konnte.
Es diskutierten: 
Michael Hermann, Politikwissenschafter, 
Matthias Ackeret, Chefredaktor Medienzeitschrift "Persönlich", Michèle Binswanger, Journalistin "Tages-Anzeiger"
und Matthias Zehnder, Publizist und Medienwissenschafter.

Dank  unterschiedlicher Sichten gelang es dem Moderator, die komplexe Problematik von
verschiedensten Seiten zu beleuchten.  Das war wohltuend.
Es gibt leider zu viele Diskussionsrunden, die viel zu einseitig
zusammengesetzt sind. Die Zuschauer übernehmen dann den Röhrenblick solcher unbefriedigenden Diskussionsrunden. Das Phänomen Trump und die Rolle der Medien wurde  übrigens nach der Präsidentschaftswahl in den USA in vielen Medien bereits eingehend  kommentiert. Doch  schrieben einige Autoren  ihre Sicht der Dinge  vielfach aus der Optik des eigenen subjektiven Meinungsfilter-Bubble.
Das war  erfreulicherweise beim jüngsten medienkritischen Medienclub nicht der Fall.

Franz Fischlin nutzte  konsequent seinen Handlauf. Wenige konkrete Fragen dienten  ihm als roter Faden.
Es ging ihm vor allem um das Vertrauen in die etablierten Medien. Es kann heute festgestellt werden: Immer mehr Menschen informieren sich ausschliesslich via soziale Medien, via Twitter, Facebook & Co.  Gefälschte News erhalten grössere Aufmerksamkeit als faktenorientierte. Deshalb müssen wir uns fragen: Was bedeutet diese Medienentwicklung für die Meinungsbildung? 
Welche Lehren können die Medien  aus der Wahl Trumps ziehen?

Verleger Matthias Ackeret, der  sich in den Vereinigten Staaten persönlich ein Bild machte von der Stimmung, machte bewusst, dass wir uns nicht immer auf die veröffentlichte Meinung verlassen dürfen.
Vor Ort ist die Situation vielfach nicht so, wie es Journalisten wiedergeben.
Aus seiner optimistischen Sicht, haben die klassischen Medien heute eine grosse Chance, wenn sie der Oeffentlichkeit helfen, die Informationsschwemme einzuordnen helfen.
 
Medienwissenschafter Zehnder schilderte, wie die Medien in die Aufmerksamkeitsfalle tappen können. Die Medien wollen jeden Skandal abbilden, was dazu führt, dass der Provokateur zwangsläfuig zum Gesprächsthema wird.
Trump verstand es, die notwendige Aufmerksamkeit zu generieren und erhielt dadurch auch viel mehr Sendezeit. Er bekam drei Mal mehr Präsenzzeit als Clinton.

Michael Hermann erläuterte, weshalb die klassischen Medien immer mehr an Autorität verlieren.
Im Grunde genommen kam es zu einer Entmachtung der traditionellen Medien. Die Medien schrieben  sehr viel gegen Trump. Sie entlarvten seine Lügen, wurden jedoch nicht mehr ernst genommen.

Tagi Journalistin Michèle Binswanger machte bewusst, dass die Journalisten über die Bücher gehen müssen. Es braucht eine neue publizistische Vision. Die Wachthundfunktion der Medien muss aber  aus ihrer Optik unbedingt erhalten bleiben.

Durch die unterschiedlichen Sichten wurden in der lebendigen Diskussion zusätzliche Erkenntisse herausgeschält:
- Trump reagierte nie auf Lügen. Hillary Clinton rechtfertige sich. Dadurch fassten die Lügen  in den sozialen Medien Fuss.
- Die sozialen Medien sind ein neuer Distributionskanal, der nicht unterschätzt werden darf.

Franz Fischlin verstand es einmal mehr, wertvolle Einspielungen als Inputs zur Diskussion zu stellen.
Er machte bewusst, wie die Medien nach der Wahl - gleichsam im Schockzustand - sich selbst zerfleischten und viel zu emotional das missliebige Resultat betrauerten. Für zahlreiche Journalisten brach eine Welt zusammen. Wut, Enttäuschung und Trauer flossen in die Berichterstattungen ein.
Ein zusätzliche Horizonterweiterung gelang Franz Fischlin im Medienclub mit der Einspielung der Einschätzung
von Professor Michael Latzer  (Institute of Mass Communication
and Media Research):

Die Rolle von Social Media beim Wahlerfolg von Donald Trump dürfen nach seiner Sicht nicht überschätzt werden. Sie sind eine Konkurrenz für die klassischen Medien und werden deshalb gerne als Sündenbock hingestellt.

FAZIT:

"Manche können nur fremde Meinungen, nicht die eigenen berichten", schrieb vor Jahren Jean Paul.

Im jüngste Medienclub war  erfreulicherweise eine Fülle von eigenen Meinungen zu hören.
Ein gutes Beispiel  einer konstruktiven Diskussion, die dem Publikum das Einordenen erleichtert.








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