Mittwoch, 23. September 2015

Knatsch in der EU

Der Streit geht weiter, trotz Mehrheitsentscheid

«  Es ist noch nie vorgekommen, dass Meinungen, für die Länder rationale Argumente hatten, (...) von einer Mehrheit einfach niedergewalzt wurden, nur weil sie nicht fähig war, einen Konsens zu finden. »
Robert Fico

Der slowakische Regierungschef Robert Fico kündigte an, er wolle sich nicht an «dieses Diktat» der Innenminister-Konferenz halten. «Es ist noch nie vorgekommen, dass Meinungen, für die Länder rationale Argumente hatten, (...) von einer Mehrheit einfach niedergewalzt wurden, nur weil sie nicht fähig war, einen Konsens zu finden», sagte er vor dem Parlament in Bratislava.

Auch Tschechien kritisierte die Entscheidung scharf, Innenminister Milan Chovanec sprach von einer «leeren Geste». Deutschland wird 31'000 der 120'000 Flüchtlinge aufnehmen. Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière betonte, dieser Anteil von 26 Prozent sei zwar nicht unerheblich, stelle aber unter dem Strich eine Entlastung dar, da Deutschland zurzeit fast die Hälfte der Flüchtlinge aufnehme. «Ohne diesen Verteilschlüssel wären viel mehr zu uns gekommen.»

Heftiger Streit in der EU

Die Verteilung der 120'000 Migranten, die zunächst Griechenland und Italien entlasten soll, hatte zu schwerem Streit unter den EU-Ländern geführt, besonders die baltischen und mitteleuropäischen Staaten waren bis zuletzt dagegen. Ungarn als einer der entschiedensten Gegner muss ebenfalls mitmachen. «Auch Ungarn muss Migranten annehmen», sagte Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn. Sein Land führt derzeit den Vorsitz der EU-Staaten, deshalb leitete er das Treffen.

Den ursprünglichen Vorschlag, der zu einer Entlastung für Ungarn geführt hätte, hatte die Budapester Regierung abgelehnt. Dem Land sollen nun nach Angaben von Diplomaten ungefähr 2350 Personen zunächst aus Italien und Griechenland zugeteilt werden.
Polen, das ebenfalls Bedenken gegen die Verteilung hatte, scherte aus der Visegrad-Gruppe der Gegner aus und stimmte im Rat für das Vorhaben. Von Quoten sei in der Erklärung der Innenminister nicht mehr die Rede, betonte Luxemburgs Aussenminister Asselborn. Verbindlich seien die Zahlen für die Staaten aber trotzdem.
SRF 4 News,
AUS NZZ:



Der luxemburgische Aussen- und Migrationsminister Jean Asselborn (rechts im Bild) hätte sich eigentlich einen Konsens gewünscht.

Ein EU-Gipfel soll heute das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise festlegen. Die Innenminister haben die Umsiedlung von 120'000 Migranten beschlossen – gegen den Willen Ungarns, Rumäniens Tschechiens und der Slowakei.
 DIE SITUATION VERHAERTET SICH:

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat sich heute mit der Spitze der deutschen CSU über die Flüchtlingsproblematik beraten. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit CSU-Chef Horst Seehofer im oberfränkischen Kloster Banz verteidigte er seinen knallharten Kurs gegenüber Immigranten und forderte von der EU ein konsequenteres Vorgehen. Unter anderem solle die Aussengrenze in Griechenland besser gesichert werden. Orbán: «Wenn Griechenland die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auffordert, ihre Grenzen zu sichern, könnte jedes Land freiwillig Kräfte dorthin schicken, um die Grenzen zu sichern.» Sein Zaun an der serbischen Grenze funktioniere, betonte Orbán zudem. Die illegalen Grenzübertritte seien seit dessen Fertigstellung auf einen Bruchteil zurückgegangen. Beim heutigen Treffen der EU-Regierungschefs in Brüssel zum Thema Flüchtlingskrise wolle er mehrere Lösungsansätze präsentieren.

Rumänien will ebenfalls nicht gegen die gestern beschlossenen Flüchtlingsquoten klagen, bedauert aber den Entscheid der EU-Innenminister. «Ich glaube nicht, dass verpflichtende Quoten, die durch Abstimmung festgelegt wurden, das Problem lösen. Diese mathematische Aufteilung lässt sehr wichtige Faktoren unberücksichtigt», sagte Präsident Klaus Iohannis heute in Bukarest vor dem Abflug zum Brüsseler EU-Gipfeltreffen. Auch Tschechien spart sich den Gang vor den Europäischen Gerichtshof. Die Slowakei hingegen will klagen und weigert sich sogar, die Vorgabe umzusetzen. 

DER KNATSCH GEHT WEITER

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