Enge macht Angst
Enge macht mitunter aggressiv
Nicht nur die Ratten. Auch die Menschen brauchen einen gewissen Freiraum.
Es gibt zwar Psychologen, die vertreten die Meinung, der Mensch sei im Gegensatz zu Tieren fähig, Dichtestress recht gut zu bewältigen.
Ich zitiere einen Beitrag aus ZEIT Wissen:
Nachbarschaft:
Wie viele Nachbarn verträgt der Mensch?
Experimente mit Ratten zeigen: Beengter Raum macht aggressiv.
Forscher unterscheiden dabei zwischen zwei Formen von Dichte. Zum einen gibt es die rein statistische Dichte, die beschreibt, wie viele Menschen auf einem Fleck leben und wie sie das empfinden ("perceived density"). Und dann gibt es noch das "Crowding", eine Beengtheit, die als bedrohlich oder gar unerträglich empfunden wird. Crowding kann Stress auslösen, dadurch das Immunsystem schwächen und auch psychische Krankheiten zur Folge haben. Vielleicht zielten die Befürworter der Schweizer Volksinitiative darauf ab, als sie von Dichtestress sprachen.
Dieses Missverständnis geht auf Versuche zurück, die der US-Psychologe John Calhoun Anfang der sechziger Jahre mit Ratten machte. Er sperrte sie auf engstem Raum ein und beobachtete, wie sie immer aggressiver wurden und sich zuletzt gar zerfleischten. Die Experimente wurden in politischen Debatten immer wieder als Beleg dafür angeführt, dass ab einer bestimmten Bevölkerungsdichte die Kriminalität unweigerlich zunehme. Das Problem daran ist: Calhouns Ergebnisse lassen sich nicht einfach übertragen. Dies zeigen etwa Studien des Primatenforschers Frans de Waal mit Rhesusaffen und Schimpansen. Pfercht man sie auf engstem Raum zusammen, nimmt ihre Aggressivität kaum zu. Stattdessen reagieren Schimpansen damit, dass sie sich intensiver als zuvor lausen und freundschaftlich berühren. Zudem werden sie leiser. Auf den Menschen übertragen, lässt sich laut de Waal festhalten: "Wir haben ein natürliches, unterschätztes Talent, mit Crowding fertig zu werden." Dieses Talent hat sich der Mensch in der Evolution erworben. "Es erlaubte mit Religion verbundene Rituale und machte Supergruppen möglich", sagt der britische Anthropologe Robin Dunbar.
"Die erfolgreichsten Quartiere mit hoher Bewohnerdichte sind diejenigen, in denen Privatsphäre und Gemeinschaft als Teile eines größeren Ganzen gesehen werden", urteilen Christopher Boyko und Rachel Cooper von University of Lancaster. Dann verträgt der Mensch ziemlich viele Nachbarn.
KOMMENTAR:
Dass der Mensch sich hinsichtlich Dichtestress besser arrangieren kann als Tiere, ist unumstritten.
Anderseits ist auch erwiesen, dass Dichte und Nähe, der Mangel an individuellen Freiräumen
unangenehme Gefühle - mithin Aggressivität
auslösen kann.
Politiker bagatellisieren gerne das Wort Dichtestress,
so wie die US- Psychologen.
Wahrscheinlich hat das Problem der Ueberbevölkerung
in der politischen Landschaft und beim Abstimmungsverhalten der Bevölkerung
in allen Ländern eine grosse Bedeutung.
Dieses Problem ist wahrscheinlich dem politischen Personal zu wenig bewusst.
Das menschliche Lebewesen hat ein grosses Bedürfnis nach persönlichem Freiraum.
Die Versuche mit aufgezwungenen Grossgruppen,
Kommunen oder Supergruppen sind langfristig gescheitert. Immer wieder zeigt sich: Der Mensch sehnt sich gerne nach den eigenen vier Wänden, nach dem "Bünzli"- Einfamilienhaus, nach Rückzugszonen, wo er sich ungestört bewegen kann.
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