Zur Pechsträne der linken Anliegen
Darum hat die SP mit Initiativen kein Schwein
Ob Mindestlohn oder Einheitskasse – linke Initiativen scheinen zum Scheitern verurteilt. Politologe Michael Hermann rät der SP, künftig zweimal zu überlegen, bevor sie eine Initiative lanciert.
Auch nach der 61,9-Prozent-Klatsche am Sonntag konnten
die Einheitskassen-Initianten dem Abstimmungsergebnis etwas Positives
abgewinnen: Immerhin hätten sich knapp vier von zehn Stimmbürgern für
eine öffentliche Krankenkasse ausgesprochen – damit habe man einen
Achtungserfolg erzielt.
Dass die Ansprüche bescheiden sind, kommt nicht von ungefähr: Linke Initiativen haben an der Urne traditionell einen schweren Stand. Die Mindestlohn-Initiative von SP und Gewerkschaften scheiterte im Mai mit 76,3 Prozent Nein-Stimmen erbärmlich, die 1:12-Initiative der Juso erfuhr im November davor nur unwesentlich mehr Zustimmung. Davor lehnte das Stimmvolk die Ferien-Initiative und die Steuergerechtigkeits-Initiative genauso ab wie die Volksbegehren «Schutz vor Waffengewalt» oder «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht». Unnötig zu erwähnen, dass auch die Anläufe für eine Einheitskasse in den Jahren 2003 und 2007 keine Chance hatten.
Unpopuläre Forderungen
Für Politologe Michael Hermann liegt die Erklärung dafür auf der Hand: Eine Volksinitiative sei nur dann erfolgreich, wenn es ein Spannungsfeld zwischen Elite und Bevölkerung gebe: «Das Volk muss in einem Thema weiter gehen wollen als das Parlament.» Dies sei heute vor allem in den Bereichen Strafrecht und Migration der Fall. «Das Pech der SP ist, dass ein Ausbau in ihren Kerngebieten – etwa bei den Sozialwerken – nicht mehrheitsfähig ist. Solche Forderungen sind zu wenig populär.»
Am ehesten waren in den letzten Jahren noch Initiativen aus der ökologischen Ecke erfolgreich, die von der Linken unterstützt wurden, wie etwa die Zweitwohnungs- (2012), die Alpen- (1994) oder die Rothenthurm-Initiative (1987). Aber auch dort funktionierten laut Hermann nur jene Vorlagen, die einen konservativen Anstrich hatten. «Es steht der Heimatschutz im Vordergrund – das sind keine klassisch linken Initiativen.» Auch die Abzocker-Initiative entsprach zwar einer linken Forderung, hatte mit Thomas Minder aber einen rechtsbürgerlichen Unternehmer zum Vater.
Eher Bremse als Gaspedal
Regelmässig Erfolge feiern darf die SP dagegen mit Referenden – zuletzt etwa bei der Gripen-Beschaffung. «Es liegt den Linken besser, bei Fehlentwicklungen zu bremsen, als selbst in einem Thema Gas zu geben», so Hermann. Die gewonnenen Referenden seien denn auch positiv für das Image der SP, während die Initiativen oft eher als «Eigengoals» taxiert werden müssten.
«Die Annahme, die von Initiativen erzeugte Aufmerksamkeit sei auf jeden Fall positiv für Parteien, ist falsch», ist Hermann überzeugt. Scheitere eine Partei immer wieder mit Volksbegehren an der Urne, kratze dies an der Glaubwürdigkeit. «Ich würde mir anstelle der Sozialdemokraten sehr gut überlegen, was mit einer künftigen Initiative zu gewinnen ist – und was zu verlieren.»
KOMMENTAR: Die SP wäre gut beraten, die Pannenserie abzubrechen und sich auf Themen einzuschiessen, die sich im Spannungsfeld zwischen Parlament und Bevölkerung ergeben.
Für Politologe Herrmann hätte die "Pauschalbesteuerung der Reichen" an der Urne durchaus eine Chance. Bei der Erbschaftssteuer hingegen wurde die Schwelle zu tief angesetzt. Die Partei muss hier mit dem Widerstand des Gewerbes rechnen.
Denn Kleinbetriebe sind auf das Vererben des Betriebskapitals angewiesen. Es entspringt einem Wunschdenken, wenn sich die Verlierer heute sagen: Niederlagen sind normal. Man muss nur lange genug auf dem gleichen Weg beharren. SP Sprecher Sorg ist überzeugt, dass die abgeschmetterten Vorlagen seiner Partei nicht geschadet haben. Mit diesem Wunschdenken lassen sich aber die Sorgen nicht entsorgen. Herr Sorg!
NACHTRAG 20 Min:
Dass die Ansprüche bescheiden sind, kommt nicht von ungefähr: Linke Initiativen haben an der Urne traditionell einen schweren Stand. Die Mindestlohn-Initiative von SP und Gewerkschaften scheiterte im Mai mit 76,3 Prozent Nein-Stimmen erbärmlich, die 1:12-Initiative der Juso erfuhr im November davor nur unwesentlich mehr Zustimmung. Davor lehnte das Stimmvolk die Ferien-Initiative und die Steuergerechtigkeits-Initiative genauso ab wie die Volksbegehren «Schutz vor Waffengewalt» oder «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht». Unnötig zu erwähnen, dass auch die Anläufe für eine Einheitskasse in den Jahren 2003 und 2007 keine Chance hatten.
Unpopuläre Forderungen
Für Politologe Michael Hermann liegt die Erklärung dafür auf der Hand: Eine Volksinitiative sei nur dann erfolgreich, wenn es ein Spannungsfeld zwischen Elite und Bevölkerung gebe: «Das Volk muss in einem Thema weiter gehen wollen als das Parlament.» Dies sei heute vor allem in den Bereichen Strafrecht und Migration der Fall. «Das Pech der SP ist, dass ein Ausbau in ihren Kerngebieten – etwa bei den Sozialwerken – nicht mehrheitsfähig ist. Solche Forderungen sind zu wenig populär.»
Am ehesten waren in den letzten Jahren noch Initiativen aus der ökologischen Ecke erfolgreich, die von der Linken unterstützt wurden, wie etwa die Zweitwohnungs- (2012), die Alpen- (1994) oder die Rothenthurm-Initiative (1987). Aber auch dort funktionierten laut Hermann nur jene Vorlagen, die einen konservativen Anstrich hatten. «Es steht der Heimatschutz im Vordergrund – das sind keine klassisch linken Initiativen.» Auch die Abzocker-Initiative entsprach zwar einer linken Forderung, hatte mit Thomas Minder aber einen rechtsbürgerlichen Unternehmer zum Vater.
Eher Bremse als Gaspedal
Regelmässig Erfolge feiern darf die SP dagegen mit Referenden – zuletzt etwa bei der Gripen-Beschaffung. «Es liegt den Linken besser, bei Fehlentwicklungen zu bremsen, als selbst in einem Thema Gas zu geben», so Hermann. Die gewonnenen Referenden seien denn auch positiv für das Image der SP, während die Initiativen oft eher als «Eigengoals» taxiert werden müssten.
«Die Annahme, die von Initiativen erzeugte Aufmerksamkeit sei auf jeden Fall positiv für Parteien, ist falsch», ist Hermann überzeugt. Scheitere eine Partei immer wieder mit Volksbegehren an der Urne, kratze dies an der Glaubwürdigkeit. «Ich würde mir anstelle der Sozialdemokraten sehr gut überlegen, was mit einer künftigen Initiative zu gewinnen ist – und was zu verlieren.»
KOMMENTAR: Die SP wäre gut beraten, die Pannenserie abzubrechen und sich auf Themen einzuschiessen, die sich im Spannungsfeld zwischen Parlament und Bevölkerung ergeben.
Für Politologe Herrmann hätte die "Pauschalbesteuerung der Reichen" an der Urne durchaus eine Chance. Bei der Erbschaftssteuer hingegen wurde die Schwelle zu tief angesetzt. Die Partei muss hier mit dem Widerstand des Gewerbes rechnen.
Denn Kleinbetriebe sind auf das Vererben des Betriebskapitals angewiesen. Es entspringt einem Wunschdenken, wenn sich die Verlierer heute sagen: Niederlagen sind normal. Man muss nur lange genug auf dem gleichen Weg beharren. SP Sprecher Sorg ist überzeugt, dass die abgeschmetterten Vorlagen seiner Partei nicht geschadet haben. Mit diesem Wunschdenken lassen sich aber die Sorgen nicht entsorgen. Herr Sorg!
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