Samstag, 19. April 2014

Der Eklat des Bundesrates könnte Folgen haben - aber für das Fernsehen

Gespannt erwarte ich das Urteil des Ombudsmannes

Es ist gut denkbar, dass nun der Ausrutscher Maurers mit seiner vielbeachteten Journalistenschelte Folgen hat.

Ich lese heute in einem sda Beitrag:

«Rundschau«-Beitrag ist Fall für den Ombudsmann

Heftige Reaktionen auf Gripen-Beitrag: Ungewöhnlich viele Beanstandungen sind nach dem Ausraster von Ueli Maurer bei der SRG-Ombudsstelle eingegangen.

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Bundesrat Ueli Maurer kanzelte den Beitrag über die Gripen als einseitig, tendenziös und als schwache journalistische Leistung ab. (Bild: Keystone/Peter Klaunzer)

Der Beitrag der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SRF zum Kampfjet Gripen vom Mittwoch hat bei den Kampfjet-Befürwortern heftige Reaktionen ausgelöst. Bei der SRG-Ombudsstelle trafen bereits kurz darauf acht Beanstandungen ein. Das seien ungewöhnlich viele am Tag eins nach einer Sendung, sagte Ombudsmann Achille Casanova der «Neuen Luzerner Zeitung».
Die Fernsehzuschauer geisselten darin den «Rundschau«-Beitrag als reine Anti-Gripen-Propaganda. Besonders schlecht sei der Vergleich mit der Luftwaffe von anderen europäischen Ländern angekommen bei jenen, die den Bericht beanstanden. Casanovas schriftliche Bestätigung lag am Freitag auch der Nachrichtenagentur sda vor.

Fokus auf Österreich
Das Politmagazin des Deutschschweizer Fernsehens hatte die Schweizer Flotte mit jener von Österreich, Tschechien und Ungarn verglichen, weil alle drei Länder eine mit der Schweiz vergleichbare Grösse haben. Österreichs Flotte besteht aus 15 Eurofightern, jene von Tschechien und Ungarn aus je 14 geleasten Gripen. Der Schwerpunkt des Berichts lag auf Österreich.
Zu Wort kamen in dem Beitrag ein Testpilot der Schweizer Luftwaffe, der Chef der österreichischen Luftwaffe und ein deutscher Rüstungsexperte. Letzterer kritisierte die Gripen-Beschaffung als zu teuer und unnötig.
Maurer schäumte
Anschliessend strahlte die «Rundschau» ein Interview mit Verteidigungsminister Ueli Maurer aus, worin dieser den Beitrag als einseitig, tendenziös und schwache journalistische Leistung abkanzelte.
«Ich finde das relativ tendenziös für ein Fernsehen, das von öffentlichen Geldern lebt», sagte Maurer. Die Sendung habe nur Länder herangezogen zum Vergleich, die über weniger Kampfjets verfügten, nicht jedoch Länder wie Belgien oder die Niederlande, die weit mehr Flugzeuge besässen.
Die «Rundschau» erklärte zu diesem Vorwurf, man habe den Fokus auf Österreich gelegt, weil es ein Nachbarland sei, es ebenfalls nicht der westlichen Militärallianz NATO angehöre und auch Sicherheitsexperten die Schweiz und Österreich miteinander vergleichen würden.

Dies einen Monat vor der Abstimmung!

Das Stimmvolk entscheidet in einem Monat, am 18. Mai, indirekt über den Kauf von 22 Gripen-Kampfjets des schwedischen Herstellers Saab. Zur Abstimmung vorgelegt wird mit dem Gripen-Fonds-Gesetz die Finanzierung des Kaufs.

KOMMENTAR: Obschon der Ombudsmann der SRG keine Entscheidungs-  oder Weisungsbefugnis hat, könnte eine anerkannte Beschwerde Folgen haben. Auch ich bin Ombudsmann (Kantonsschule Schaffhausen) und habe festgestellt, dass externe neutrale Beurteilungen ernst genommen werden.
Was ich vermutet hatte trifft nun ein: Maurer kann dank des Ausrasters seine Beanstandung mehrfach in den Medien publizieren. Auch ich habe mir die Rundschau mehrmals angeschaut und es trifft tatsächlich zu, dass der Vorspann einseitig und tendenziös war. Es ist durchaus denkbar, dass der Medienwirbel den Gripenbefürwortern Auftrieb geben könnte.
vor allem dann, wenn den Beschwerdeführern entsprochen würde.  Das Fernsehen muss nun nachweisen, dass es innerhalb mehrere Beiträge zusammen sachgerecht informiert hatte. Wenn nicht, könnten die Beschwerdeführer einen Erfolg buchen. Bis jetzt hatten Beschwerden stets einen schweren Stand, wenn sie von einer einzelne Sendung verlangt hatten, dass sie in sich sachgerecht aufgearbeitet ist.
Das Interview war aus meiner Sicht hart und fair. Völlig in Ordnung. Maurer erhielt eine Plattform auf der er seine Botschaften  platzieren konnte und im Politmagazin dürfen harte Fragen gestellt werden und der Moderator ist gleichsam verpflichtet, die Aussagen von Exponenten zu hinterfragen. 
NACHTRAG im Blick:


Im Visier: Roger de Weck.
(Philippe Rossier)

Der Ausraster von Ueli Maurer im Interview mit «Rundschau»-Moderator Sandro Brotz – es wurde vergangenen Mittwoch ausgestrahlt – war beileibe nicht derart spontan, wie das am Bildschirm erschien.
BLICK weiss: SVP-Bundesrat Maurer explodierte schon lange vor dem Sende­termin. In dem Augenblick nämlich, als er den vorgängigen «Rundschau»-Beitrag über den Gripen erstmals zu Gesicht bekam – das war am Dienstagnachmittag im Bundeshaus.
Anders als gewöhnlich durfte der Bundesrat den kritischen TV-Beitrag im «Salon du Président» auf einem Laptop vor­visionieren. Anschliessend sollte ein Interview mit Sandro Brotz aufgezeichnet werden, in dem Maurer auf den Beitrag reagieren sollte. Doch so weit kam es zunächst nicht. Der Grund: Der Bundesrat war verärgert. Wurde laut.
Was er gesehen hatte, brachte den Verteidigungsminister in Rage. Er wählte deutliche Worte. Es kam zum  verbalen Schlagabtausch zwischen dem Magistraten und dem «Rundschau»-Team. Es hat wenig gefehlt und Maurer hätte das Interview platzen lassen. Mit knapper Not konnte das verhindert werden, und Sandro  Brotz stieg eher zahm in das Interview mit Maurer ein – fast so, als wollte er diesen nicht reizen.
Marcus Knill, Experte für Medienrhetorik, meint nach ­einer Videoanalyse: «Brotz war von der heftigen Reaktion offensichtlich irritiert.» Und: Ueli Maurer habe bereits als SVP-Parteichef Konfrontationen nicht gescheut.

Blick fasste meine Meinung zum Ausraster Maurers wie folgt zusammen:

Für Marcus Knill, Experte für Medienrhetorik, ist klar: "Wer sich als  Politiker oder Wirtschaftsführer provozieren lässt, hat im Normalfall  verloren."

"Ich sage meinen Kunden immer, es ist ein Kapitalfehler, Journalisten als Gesprächspartner zu beschimpfen." 

"Auch wenn Sandro Brotz ist ein absoluter Profi ist, der weiss, wie man Leute in die Enge treibt, waren seine Fragen weniger das Problem." Vielmehr war wohl aus Sicht von Knill der tendenziöse Vorspann der Grund für Maurers Ausraster.

"Die  Gripen-Kampagne  harzt zudem und da war Maurer besonders dünnhäutig."
 

"Allerdings ist es gut möglich, dass sich Maurer von der Reaktion von Brotz anstacheln liess, um noch einen draufzugeben." Brotz sei offensichtlich von der heftigen Reaktion irritiert. Und: "Schliesslich ist Maurer schon als Parteichef aufgefallen, dass er Klartext spricht und  Konfrontationen nicht scheut."

"Für Maurer hat sich das Ganze möglicherweise ausgezahlt: Er ernte Zustimmung bei der SVP-Basis und von Leuten, welche den Medien kritisch gegenüber stehen."
 
Zudem habe er seine Botschaft, dass die Schweiz in Sachen Flugzeugbeschaffung nicht mit Österreich zu vergleichen sei, dank des Medienwirbels mehrfach wiederholen können.

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