Sonntag, 22. Dezember 2013

Phänomen Van der Leyen: Gehasst, verspottet, kritisiert und erfolgreich

Gehasst und erfolgreich

Ursula Van der Leyen wird als Nachfolgerin Merkels gehandelt.
Als Verteidigungsministerin könnte sie sich nun profilieren und  zur Kanzlernachfolgerin mutieren.

  


Ursula von der Leyen – verhasst und erfolgreich

 

 

Kritik an der Familienministerin gibt es reichlich. Den einen ist sie zu links, den anderen zu rechts, den einen zu sehr Karrierefrau, den anderen zu sehr Mutter. Tatsache ist: Mit ihrer Politik liegt von der Leyen auf der Linie der Mehrheit. Und ihre Vorstellung von Ehe und Familie ist erstaunlich flexibel. 

Quelle: WELT.de:

Ursula von der Leyen









"Mein Name ist Ursula von der Leyen. Ich bin Sozialministerin in Niedersachsen. Mein Mann und ich haben sieben Kinder." Mit diesen schlichten Sätzen begann 2004 für die CDU ein Abenteuer, dessen Ausgang noch gar nicht abzusehen ist. Keine Politikerin des Kabinetts Merkel wurde so engagiert bekämpft und geradezu gehasst wie die Familienministerin. Gleichzeitig gehört sie, unmittelbar nach der Kanzlerin und dem Außenminister, regelmäßig auch zu den beliebtesten deutschen Politikern. Woher diese hitzige Ambivalenz?
Für die Linken war von der Leyen schon eine Hassfigur, bevor sie auch nur im Ministersessel Platz genommen hatte – einfach, weil sie ist, was sie ist: Tochter aus gutem, protestantischem Haus des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. Schämte sich dessen nicht einmal. Hat nicht nur sieben Kinder, sondern auch noch die Stirn, darüber nicht gramgebeugt, sondern glücklich und mit einer provozierenden Zukunftsfreude in die Weltgeschichte auszuschreiten.
Wenn man ins Spiel bringt, dass es doch ziemlich beachtlich ist, mit sieben Kindern eine solche Karriere hinzulegen, schnauben vor allem Frauen, rechts wie links: "Die hat gut reden. Die kann es sich ja leisten." "Diese Frau nervt", stellte die "Spiegel"-Titelgeschichte "Kinder, Kirche, Karriere", die sich auf sechs Seiten an einer gründlichen "Character-Assassination", einem Generalangriff gegen die Person, versuchte, unumwunden fest.
CDU
Foto: picture-alliance Verstehen sich gut: Angela Merkel und Ursula von der Leyen

Mit jeder Faser eine Provokation

"Dieses Eifernde", das "Fromme", das Tischgebet, das Heranmarschieren auf spitzen Schuhen, das Salatessen und das Joggen, dann noch das Dressurreiten auf ihrem Pferd Breitling, die Hausmusik und dass der Vater sie Röschen nannte – von der Leyen war mit jeder Faser eine Provokation. Dass sie in Amerika studiert, sich dort eine pragmatische "Can do"-Attitüde angeeignet hat und dann auch noch aussieht wie Farrah Fawcett, machte die Sache nicht besser.
Und dann die Heckenschützen aus den eigenen Reihen. Konservative Familienpolitiker erklärten, von der Leyen wolle mit ihren Vorstößen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf "die DDR wiederauferstehen lassen" und pflege einen unheilvollen Staatsdirigismus. Aus dem Osten, wo man mit Kita-Plätzen recht komfortabel ausgestattet ist, kam demgegenüber der Vorwurf, sie richte sich zu sehr an westlichen, urbanen Milieus aus, die für die Union ohnehin nicht zu gewinnen seien.

Blass vor Wut schleuderte ihr auf dem Berliner Programmkongress der CDU im Spätsommer 2006 Hedwig von Beverfoerde vom Netzwerk "Familie sind wir", begeisterte Hausfrau und Mutter dreier Kinder, entgegen: "Ausgerechnet die Emanzen klemmen sich hinter diese Verstaatlichung in Krippen und Kitas, dabei ist das doch nur eine weitere Versklavung der Frauen! Die Hausfrau ist zum Abschuss freigegeben!" Als alle hinausgingen, hörte man eine Delegierte zu der anderen sagen: "Sieben Kinder und dann so eine Figur – glaubt man ja auch nicht wirklich." Von der Leyens höflicher Kommentar: "Da stimmt die alte Weisheit: Mitleid kriegt man geschenkt, Neid muss man sich erarbeiten."

"Von Geburt an verwurzelt in der Union"

Man warf ihr vor, sie verheize ihre Kinder zu PR-Zwecken. Sie sei technokratisch. Sie wolle die Ehe unterminieren, indem sie das Ehegattensplitting durch ein Familiensplitting zu ersetzen plane. Einige Unionslandesfürsten und auch der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder sperrten sich, solange es ging, gegen Bundesmittel in der Kita-Betreuung. Der Augsburger Bischof Walter Mixa zürnte, von der Leyen sei kinderfeindlich und wolle die Frauen zu Gebärmaschinen degradieren, sie wolle unternehmensfreundliche Familien statt familienfreundlicher Unternehmen.
Auf die Kritik aus der eigenen Partei angesprochen, reagiert die Ministerin elastisch. "Ich bin von Geburt an verwurzelt in der Union, sie ist so etwas wie eine innere Heimat für mich. Und wie es in Familien nun einmal so ist: Die nächste Generation muss immer Dinge vorantreiben: nicht um alles über Bord zu werfen und Werte vergessen zu machen, sondern um sie zu erhalten. Es geht jetzt um die Rahmenbedingungen für junge Familien. Mit ihnen sollten wir natürlich nicht infrage stellen, was die Generation meiner Eltern und Großeltern geleistet hat. Aber wir stellen jetzt die Weichen für unsere eigenen Kinder."
Nun, die gelebte Familienwirklichkeit zumindest hat die Familienministerin auf ihrer Seite. Ganze 15 Prozent aller deutschen Frauen wünschen sich ein Leben als Hausfrau und Mutter. Vereinbarkeit von Beruf und Familie dagegen 75 Prozent. Gleichzeitig sind, laut Infratest Dimap, 70 Prozent der Deutschen der Meinung, die Mutter solle möglichst lange zu Hause bleiben.

"Schwanger? Schade"

Eine Allensbach-Umfrage von 2007 zeigt es: Die Familie war noch nie so populär wie heute. Für 76 Prozent der Deutschen ist sie der wichtigste Lebensbereich, lange vor dem Freundeskreis. Gegenseitige Hilfe, Vertrauen, Liebe und Freude werde ihr zugeschrieben, Stress assoziiert nur jeder vierte mit der Familie, Streit jeder dritte. Allerdings wollen es immer weniger Paare versuchen, unter den Akademikerinnen bleiben inzwischen 42 Prozent kinderlos. Man sieht: Widersprüche ohne Ende. Familie wird hoch geschätzt, aber immer weniger gelebt.
Als sie ihr erstes Kind erwartete, mit 29 Jahren, da war die in Brüssel geborene Ursula von der Leyen frisch approbierte Ärztin an der Universitätsklinik in Hannover. Ihre Mutter Heidi Adele Albrecht hatte nach dem Krieg Philosophie und Germanistik studiert. Als sie Ernst Albrecht kennenlernte, war sie Journalistin. Mit der Geburt des ersten Kindes gab sie ihren Beruf auf, es folgten weitere sechs Kinder.
"Als sie mich dann am Anfang meiner Berufslaufbahn erlebte", erzählt von der Leyen, "meine Begeisterung für die Arbeit in der Geburtshilfe spürte und auch meine ersten Schritte als junge Mutter begleitete – da wurde mir bewusst, dass sie hin- und hergerissen war, ob sie das alles gutheißen solle." Fast zeitgleich mit ihr hatte auch ihr Mann, Heiko von der Leyen, dort seine Arbeit aufgenommen (er ist Medizinprofessor und Biotech-Unternehmer). Ihn beglückwünschte man, sie wurde bedauert: "Schwanger? Schade. Wir hatten noch so viel mit Ihnen vor."

Im Morgenrock mit Baby im Arm hinter einer Gardine

"Ich musste damals lernen", sagt von der Leyen im Rückblick, "dass ich nirgendwo mehr hinpasse. An der Klinik war ich abgeschrieben, denn alle gingen davon aus, dass mit mir keine Teamarbeit für Forschungsprojekte mehr denkbar ist. Damit blieb ausschließlich die Arbeit auf der Station, wo es dann aber auch hieß: 'Sie waren ja gestern nicht bei der Besprechung, sie mussten wohl nach Hause. Wir sind hier kein Feierabendverein.'

Auch außerhalb der Arbeit war nichts mehr richtig: ,Warum haben Sie sich ein Kind angeschafft, wenn Sie es dann abgeben?'" Das war vor 21 Jahren. Damals hat sie sich entschuldigt und gerechtfertigt. Und ist langsam, aber sicher in jene Depression geschlittert, die einen eben ereilt, wenn man randvoll mit Ehrgeiz, guten Ideen im Morgenrock mit Baby im Arm hinter einer Gardine hockt.
Ob sich diese Lage durch den Ausbau staatlicher Betreuung wirklich so gründlich beheben lässt, wie die Ministerin hofft; ob wirklich ein oder gar mehrere Babys je spurlos an der Karriere einer Mutter vorbeigehen können, wenn man es nur gut genug organisiert, ist fraglich. Dass es da aber Defizite bei der Kinderbetreuung gibt, über die man in Frankreich oder Schweden nur staunen kann, ist ebenso sicher. Und inzwischen sind die Proteste gegen den Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige, den von der Leyen praktisch im Alleingang durchgeboxt hat, ja auch weitgehend verstummt.

"Fünf Kinder? God bless you, darling!"

Für Ursula von der Leyen jedenfalls kam der Durchbruch in Stanford (Kalifornien). Mit David, ihrem Erstgeborenen, im Schlepptau, dem schon bald Sophie, Donata und die Zwillinge (!) Victoria und Johanna folgten – also fünf Kindern unter sechs Jahren –, erlebte sie, was es bedeutet, wenn Kinder nicht als Problem, sondern als unverzichtbar oder jedenfalls selbstverständlich betrachtet werden. Ach, Sie haben fünf Kinder? God bless you, darling! Und was werden Sie bei uns arbeiten? "Ich wurde nicht geduldet, obwohl ich Kinder habe, sondern gefördert, weil ich Kinder habe. Die Grundhaltung dort ist: Wer in seinem Beruf gut ist und Kinder hat, erwirbt zusätzliche Qualitäten."
In Stanford also gab es Mittel und Wege, in die Bibliothek zu gehen, ganz wie früher, mit neuen Glücksgefühlen, weil das Leben so komplett ist mit Kindern und Wissenschaft. Die gelernte Volkswirtin erwarb Zusatzdiplome in Bevölkerungsmedizin und Gesundheitswesen, nebst einem Job als Internetdozentin. Mit Baby auf dem Knie hockte sie im Bademantel am Computer und korrigierte Arbeiten.
Bis heute macht sie ihre Minister-Hausaufgaben – Akten lesen, Vorträge schreiben – zu Hause, während die Kinder auch ihre Hausaufgaben für die Schule machen. Im Ministerium hat von der Leyen mit Bordmitteln ein Spielzimmer eingerichtet: Spielzeug, Kinderbücher und Computerarbeitsplätze. Und wenn einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin dieses Ministeriums zu Hause die Kinderbetreuung ausfällt, dann muss er sich nicht wie in jedem anderen Haus mit schlechtem Gewissen krankmelden. Er bringt sein Kind einfach mit und arbeitet an solchen Tagen in diesem Spielzimmer. Praktisch. Unkompliziert. Könnte man überall machen.
Von der Leyens Gesellschaftsbild erinnert an die "Wimmelbilder" für Kinder, auf denen Hunderte von Figuren zu sehen sind: Alle sind in Bewegung. Männer entwickeln ihre "Fürsorglichkeit" – auch zu ihrem eigenen Gewinn, Kinder kommen vom Fernseher ins Freie, Frauen betätigen die Schalthebel. "Rollen erweitern, Perspektiven gewinnen, Gleichstellung verwirklichen", und weiter: "Männer sind selbst Adressaten einer modernen Gleichstellungspolitik. Junge, Mann, Vater oder Sohn zu sein heißt, aus einer Vielfalt von Optionen wählen zu können und zu müssen – ebenso wie dies Mädchen, Mütter und Frauen tun."


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Kommentar: Ursula van der Leyen ist und bleibt ein Phänomen: Die ehemalige Aerztin ist intelligent, ehrgeizig, selbstkritisch, mediengewandt. Sie kann einstecken und  hat bislang alle Anfeindungen überstanden. An Kritik mangelte es nach der jüngsten Wahl nicht.    Sie agiert nach all den kritischen Bemerkungen nach der Wahl zur Kriegsministerin stets klug, gelassen und flexibel.



Sie wollte vor Jahren die Frauenquote und schwieg nachher bewusst, als Angela Merkel davon nichts wissen wollte. Doch agierte sie im Hintergrund  geschickt weiter, bis Angela Merkel die Quote selbst befürworten musste. Von der Leyen versteht es, schrittweise zu siegen. Sie kann warten und versteht es immer so zu agieren, dass sie ihre Meinung durchsetzen kann. Sie  ist wie Angela Merkel ebenfalls ein MACHTmensch. Sie weiss genau, wie die Kanzlerin tickt: Wer sich gegen sie anlegt, wurde bislang stets weg-, oder hinaufbefördert. Merkel kennt nämlich keine Gnade. Ich traue auch Van der Leyen zu, dass sie auch heute als geschickte Schachspielerin die Chance als Verteidigungsministerin nutzen wird.



Kaum im Amt, flog  sie dieser Tage nach Afghanistan und steht  erneut medial im Mittelpunkt! Einmal mehr ein geschickter Schachzug. Es lohnt sich die Macht der Medien zu nutzen

PERFEKT INSZENIERT:


Zwei Tage lang will von der Leyen in Afghanistan bleiben. Der Besuch war nach...


















Zwei Tage lang will von der Leyen in Afghanistan bleiben.
Der Besuch war nach der Vereidigung der Ministerin am
Dienstag kurzfristig geplant worden. Hier ist von der Leyen
beim Frühstück mit Soldaten in Masar-i-Sharif zu sehen.

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