Montag, 6. Mai 2013

Aus AUTONOM LEBEN (Hamburg)



In der Kommunikation zwischen Menschen mit Behinderung und ohne, spielen meines Erachtens folgende Punkte (Quelle: http://www.rhetorik.ch/UmgangBehinderte/UmgangBehinderte.html von Marcus Knill 1998-2010) beispielhaft eine wichtige Rolle, um Menschen mit Behinderung Anerkennung zu Teil werden zu lassen und Ihnen mit Würde zu begegnen:




Die folgende Liste wurde frei von einer vom "National Center for Access Unlimited" zusammengestellten Liste adaptiert: Quelle:
  1. Direkt zur Person sprechen, nicht zum Begleiter. Auch wenn die Person nicht hören kann. Die Person ernst nehmen.
  2. Erwachsene sollen als Erwachsene behandelt werden. Personen nur duzen, wenn man das auch sonst machen würde.
  3. Es ist in Ordnung, die Hand zu schütteln. Auch wenn es die linke Hand oder eine künstliche Hand ist.
  4. Wenn man mit einer visuell behinderten Person spricht, soll man sich identifizieren. In einer Gruppe, die angesprochene Person mit Namen ansprechen.
  5. Wenn man Hilfe anbietet, warten bis bestätigt wird, dass die Hilfe auch tatsächlich gebraucht wird und auf Anweisungen hören.
  6. Der Rollstuhl einer Person muss als Teil des Körpers betrachtet werden. Einen Rollstuhl nicht als Abstütze oder Ablege verwenden.
  7. Wenn jemand Mühe mit Sprechen hat, Geduld haben. Nicht den Satz für die Person fertig machen.
  8. Wenn jemand Krücken oder ein Rollstuhl hat, wenn mögich versuchen, sich in Augenhöhe zu plazieren.
  9. Beim Sprechen mit Hörbehinderten, die Person direkt anschauen. Langsam sprechen. Nicht gleichzeitig essen oder rauchen.
  10. Keine Angst vor einem Faux-Pax wie "Auf Wiedersehen" zu einem Sehbehinderten, oder "Komm doch zu einem Sprung rüber" zu einem Paraplegiker. Solche Dinge sind harmlos.

Fehlverhalten im Umgang mit Behinderten:
  1. Erna wird von ihrem Mann Rolf zum Arzt chauffiert. Das Arzpersonal spricht nicht mit Erna, sondern mit Rolf "Hat sich mit der Gesundheit von Erna etwas geändert?" Fehler: Die Behinderte wird wie ein Kind bevormundet.
  2. Der Namen von Behinderten wird verwechselt. Sind zwei Behinderte zugegen, wo beide im Rollstuhl sind, wird der erste mit dem zweiten verwechselt. Fehler: Bei Behinderten ist eine Verwechslung schlimmer, weil bewusst gemacht wird, dass die Behinderung, nicht die Person im Vordergrund steht.
  3. Leute fragen Dinge, die sie nichts angehen, wie: "Warst Du schon immer so?" Fehler: Die Behinderung wird ohne Grund zum Thema gemacht.
  4. Eine Behinderte wird über die Strasse geschleppt, obwohl sie gar keine Hilfe braucht. Fehler: Die behinderte Person wird nicht ernst genommen.
  5. Der Person wird gutmütig wird auf die Schulter geklopft, die Wange gestreichelt oder durch die Haare gestrichen, ohne dass man sie gut kennt. Fehler: Der Behinderte wird patronisiert.
  6. Eine altershalber langsamere Frau wird vom Personal geduzt, obwohl man sie gar nicht gut kennt. "Jöh, Marteli, hast Du heute gut geschlafen?" Fehler: Das Duzen passiert auch im Umgang mit älteren Leuten. Erwachsene Personen sollen als erwachsene Personen behandelt werden.

Bei dem vorhergehenden Bespiel Nr. 6, kann man gleich zwei unterschiedliche Formen von Diskriminierung erkennen: Zum Einen wird die Person aufgrund Ihres Alters (in anderen Fällen aufgrund der Behinderung) als jemand betrachtet, der bzw. die dem gesellschaftlich geforderten Tempo nicht standhalten kann. Zum Anderen, wird die Person geduzt. Dies ist unter Erwachsenen sich gegenseitig unbekannten Personen allgemein nicht üblich. Eine Kommunikation auf Augenhöhe sieht anders aus.

Augenhöhe bedeutet in anderem Sinne auch Gleichberechtigung. Am Beispiel Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bzw. Beschäftigung / Arbeit, lässt sich gut erkennen, dass die vom Gesetzgeber vorgesehene Förderung größtenteils auf unentgeltliche Personenbeförderung im jeweiligen Nahverkehrsbereich, sowie steuerliche Erleichterungen z.B. beim Besitz eines Autos abzielt. Eigene Initiative, Motivation und Wille sind unter diesen Umständen nicht nur hart erkämpfte Eigenschaften, und erscheinen mir in Zeiten zunehmender sozialer Kälte und Kluft zwischen Arm und Reich, überlebensnotwendiger denn je. Der Spagat zwischen der Durchsetzung eigenen Rechts z.B. auf Anerkennung der jeweilig behinderungsbedingten vermeintlichen Schwächen einerseits, und der Anpassung an die Gegebenheiten der Gesellschaft oder des Arbeitsmarktes ist meines Erachtens nur unter ziemlich besonderen Umständen erfolgreich zu meistern und oftmals sehr beschwerlich. Dies bringt mich zu der Frage, wo eigentlich die wirklichen Hürden in der Umsetzung von persönlicher Freiheit, Glück und Selbstbestimmung zu finden sind.

Vielleicht ist es die Perspektive, mit der die Gesellschaft auf die Menschen mit Behinderung blickt. Sie setzt Behinderung gleich mit Krankheit/Erkrankung. Einen kranken Menschen muss man behandeln. Es ist hoffentlich nachvollziehbar, so eine Sicht auf seine Mitmenschen auf Dauer keine gute Kommunikationsebene sein kann, ständig als krank = unbrauchbar angesehen zu werden. Unter Umständen kann dies zu Motivationsabbau und Verlust von Selbstwertgefühl führen.

Umso wichtiger ist es, dass Menschen mit Behinderung eine reale Chance bekommen ihre Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen, ohne auf die Hilfe fremder Personen angewiesen zu sein. Persönlich habe ich lange die Einstellung gehabt, alles alleine meistern zu müssen und andererseits viele Dinge hinzunehmen, mit denen ich eigentlich nicht einverstanden war. Allerdings musste auch ich die Lektion lernen, dass es ganz ohne Hilfe nicht funktionieren kann. Aus meiner Sicht, ist das Konzept „selbstbestimmt Leben“, dass Autonom Leben e.V. sich auf die Fahnen geschrieben hat so zu verstehen, dem/der Betroffene/n nach Möglichkeit verschiedene Lösungswege aufzuzeigen und sie/ihn zu befähigen selbständig das jeweilige Problem zu lösen. Die Fähigkeit zu erlernen sich selbst helfen zu können hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist ein mehr oder weniger längerer Prozess mit verschiedenartigen Übungsmöglichkeiten. Denn Probleme tauchen meistens von selbst auf. Die These, dass Probleme von selbst auftauchen, bzw. hausgemacht sind, wirft die Frage auf, ob der Umgang zwischen Menschen mit und ohne Behinderung überhaupt thematisiert werden muss. Ist es im Sinne gleichberechtigten Umgangs zwischen allen Menschen auf gleicher Augenhöhe nicht vielmehr sinnvoll, bei sich selbst anzufangen und sich selbst gegenüber respektvoll und wertschätzend zu verhalten? Hier passt das Sprichwort: „Wie es in den Wald hinein schallt, so schallt es heraus“

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