Montag, 13. Februar 2012

Wulff krallt sich nach wie vor am Strohhalm.


Er glaubt immer noch - die gefährliche Krise - mit Aussitzen und Aktivitäten im Ausland zu überleben. Nur dann, wenn der Bundespräsident von Angela Merkel nicht mehr hinter ihm steht oderdie Immunität aufgehoben würde, könnte es Wulff doch noch den Kopf kosten.


Ich zitiere SPIEGEL_


Krise des Bundespräsidenten

Die drei größten Gefahren für Wulff


Präsidentenkrise: Wulff bleibt im Amt - vorerst
Fotos
Ferienhäuser, ein Auto, Partys, ein Firmen-Handy: Christian Wulff hat sich systematisch von Freunden aushalten lassen, harrt aber im Amt aus. Von drei Seiten droht dem Bundespräsidenten jetzt neues Ungemach.

Der Bundespräsident ist auf der Suche nach dem Alltag, nach einem Stück Normalität. Wenn er sie schon in Deutschland nicht findet, dann vielleicht im Ausland. An diesem Freitag ist er in Finnland, trifft sich mit europäischen Amtskollegen. Nächste Woche geht es nach Italien, es ist der erste Staatsbesuch seit Ausbruch der Präsidentenkrise. Wenig später folgt ein langer Trip nach Afrika: Tansania und Burkina Faso stehen auf dem Reiseplan. Nicht ausgeschlossen, dass die Leute dort mancherorts über die Verfehlungen der deutschen Nummer eins nur lächeln können. Viele Menschen in Afrika, aber auch in Italien, sind schließlich noch ganz anderes gewohnt von manchen ihrer Politiker.

Ein schwacher Trost für Christian Wulff. Die Hoffnung jedenfalls, dass sich nach seiner Rückkehr die Wogen hierzulande endlich geglättet haben mögen, dürfte sich nicht erfüllen. Nicht nur, weil immer wieder neue Enthüllungen belegen, in welchem Umfang sich Wulff als Amtsträger von Freunden aushalten ließ - etwa, indem er offenbar ein Firmen-Handy seines Freundes, des Filmfonds-Managers David Groenewold, nutzte. Nicht nur, weil auch auf den Auslands-Trips stets eine Schar kritischer Journalisten sein Auftreten vor dem Hintergrund der seit Wochen schwelenden Präsidentenkrise beurteilen wird. Nein, bei allem Beharrungsvermögen, das Wulff an den Tag legt, bei aller demonstrativen Unterstützung durch die Bundeskanzlerin, die ihm am Freitag trotz neuer Vorwürfe einmal mehr ihrer Wertschätzung versicherte: Wulff droht weiterhin Ungemach.


Gleich an mehreren Fronten lauern Gefahren, die sich seiner Kontrolle weitgehend entziehen - ein Überblick:


Erste Gefahr - die Ermittler:


 "Die Prüfung läuft", sagt die Staatsanwaltschaft Hannover - und zwar "ernsthaft und gründlich". Mit anderen Worten: Noch immer ist nicht ausgeschlossen, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die bislang nur Wulffs ehemaligen Sprecher Olaf Glaeseker und Partykönig Manfred Schmidt betreffen, auf den Bundespräsidenten ausgeweitet werden. Eine Entscheidung wird in dieser Woche wohl nicht mehr fallen. Sollte die Staatsanwaltschaft tatsächlich einen Anfangsverdacht erkennen, müsste sie beim Bundestag beantragen, die strafrechtliche Immunität des Präsidenten aufzuheben.
Der Druck auf die Ermittler, diesen heiklen Schritt zu gehen, ist nach den jüngsten Veröffentlichungen zu dessen gemeinsamem Sylt-Urlaub mit Filmemacher David Groenewold gestiegen. Groenewold hatte 2007 ein schickes Hotelwochenende für die Wulffs bezahlt. Wulff behauptet, er habe seinem Freund die Auslagen bar zurückerstattet, die "Bild"-Zeitung berichtete allerdings über angebliche Vertuschungsversuche Groenewolds. Dessen Anwalt weist den Vorwurf scharf zurück.
Die SPD ruft dennoch nach dem Staatsanwalt. Und auch viele Staats- und Strafrechtler sehen die bisherige Zurückhaltung der Hannoveraner Staatsanwälte kritisch. Sie verweisen darauf, dass beim Straftatbestand der Vorteilsnahme schon der entsprechende Anschein für Ermittlungen ausreiche. Die Anklagebehörde gerate nach den jüngsten Berichten "unter einen beträchtlichen Rechtfertigungsdruck, der Öffentlichkeit und damit den Bürgern zu erklären, weshalb ein Verfahren gegen den Bundespräsidenten weiterhin nicht angezeigt sein sollte", schreibt der Strafrechtler Karsten Gaede in einem Beitrag für "Legal Tribune Online".

 
Zweite Gefahr - die Wahlkämpfer: 


Wulffs Parteifreunde sind genervt. Genervt vom Gebaren des Bundespräsidenten, den sie einst ins Amt gehievt haben. Genervt von den immer neuen Enthüllungen. Bislang aber bleibt die Wulff-Affäre ohne Folgen für CDU und CSU. Im Gegenteil: Bundesweit steigen die Umfragewerte, die Kanzlerin ist populär wie nie. Verdrängen und ausblenden ist daher das Motto in Berlin.
Das ist an anderer Stelle nicht so einfach. In Schleswig-Holstein etwa, wo im Mai gewählt wird. Auch hier schlägt die Präsidentenkrise bisher nicht auf die Umfragen durch. Doch die Sorge ist groß, dass sich das ändern könnte - darum nimmt man in der CDU den Namen Wulff lieber erst gar nicht in den Mund. Nicht gerade für seine Zurückhaltung berühmt ist dagegen der Fraktionschef des Koalitionspartners FDP, Wolfgang Kubicki. "Lebensfremd" nennt Kubicki die jüngsten Erklärungsversuche des Bundespräsidenten, den Sylt-Urlaub bei seinem Freund Groenewold nachträglich "in bar" beglichen zu haben. Der "böse Schein", der dabei entstehe, hätte bei jedem einfachen Ministerialbeamten mindestens zu einem Disziplinarverfahren geführt, meint der Liberale.
In Niedersachsen wird zwar erst im Januar 2013 gewählt. Sorgen macht man sich aber schon jetzt: Bricht in Hannover die schwarz-gelbe Koalition weg, wäre dies kein gutes Vorzeichen für die im selben Jahr stattfindende Bundestagswahl. Dazu kommt: Niedersachsen ist Wulffs Heimatverband. Die CDU fühlt sich von ihrem ehemaligen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden in Verruf gebracht. Nachfolger David McAllister geht auf Distanz. "Erst das Land, dann der Präsident", gibt Fraktionschef Björn Thümler als Losung aus, und der Landtagsabgeordnete Frank Oesterhelweg fordert ein Ende der "unseligen und für die Union sehr belastenden Diskussion". Kommt das Ende aber nicht von allein, könnte die Niedersachsen-CDU bei Angela Merkel auf eine Lösung drängen, um das Ende aktiv zu forcieren.
Wulff-Frust herrscht auch beim Partner FDP. "Wir sehen mit großer Sorge, dass die Landesregierung mit Handlungen, an denen sie nicht beteiligt war, unter Druck kommt ", heißt es in der Bundesspitze der Liberalen beim Blick nach Hannover. Dass das auf Dauer für die anstehende Landtagswahl "nicht besonders förderlich ist, versteht sich von selbst". Die Sorge der Liberalen: Der Opposition könnte es gelingen, aus der Affäre um Wulff im Wahlkampf "ein Bild des schwarz-gelben Filzes zu malen, das einfach nicht der Realität entspricht."

Dritte Gefahr - die alten Freunde:
 Die schwarz-gelbe Landesregierung in Niedersachsen steckt in der Klemme. Sie hatte lange darauf vertraut, dass im Falle des "Nord-Süd-Dialogs", den Eventmanager Manfred Schmidt organisiert hatte, alles rechtlich korrekt verlaufen sei. Dann aber kamen die Berichte über die mutmaßliche Sponsorenwerbung aus der Staatskanzlei - betrieben durch Wulffs ehemaligen Sprecher Glaeseker. CDU-Finanzminister Hartmut Möllring fühlt sich von Glaeseker "beschissen." Vize-Ministerpräsident Jörg Bode (FDP) fordert indirekt Wulffs früheren Vertrauten auf, alle Informationen auf den Tisch zu legen: "Wir haben uns als Landesregierung und Koalition in Niedersachsen größtmögliche Transparenz in der Affäre auferlegt. Wenn jemand meint, seinen Beitrag dazu leisten zu können, ist er dazu herzlich eingeladen", sagt er. Er verstehe nicht, warum Glaeseker nicht von Anfang an alle Details auf den Tisch gelegt habe. Genau das könnte für Wulff gefährlich werden. Was ist, wenn die alten Vertrauten, Freunde und Bekannten aus Wulffs Netzwerk alle Zurückhaltung fahren lassen? Wenn Glaeseker oder der Eventmanager Schmidt dem Druck der Medienberichterstattung und der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht mehr standhalten, wenn sie plaudern, um ihren eigenen Ruf zu retten? Und dann womöglich Wulff belasten? Wenn Filmfinanzier Groenewold keine Lust mehr hat, als Buhmann dazustehen? Schließlich hatte sich Wulff jüngst eilig von dessen angeblicher Intervention im Sylter Hotel distanziert. Und am Freitag muss Groenewolds Anwalt schon wieder einen "Freundschaftsdienst" seines Mandanten rechtfertigen, der ein falsches Licht auf dessen Beziehung zu Wulff werfe: Es geht um das Handy, dass Groenewold Wulff überließ - laut Anwalt gibt es einen Überlassungsvertrag, alles sei bezahlt worden.


Wie lange geht das noch gut? Wenn die alten Freunde Wulff fallen lassen, dann könnte sein Ende schnell kommen - denn je gewichtiger die Details der Freundesdienste wären, umso eher könnte der Bundespräsident zum Rücktritt gezwungen sein. Ganz ohne Ermittlungsverfahren.


FAZIT: Die Krise ist noch nicht zu Ende

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