Beatrice Tschanz, kritisiert als Profi Kommunikationsfrau den Bundesrat bei der Bewältigung des Problemes mit dem starken Franken.
Zur Person
Beatrice Tschanz, Jahrgang 1944, hat ihr Berufsleben erfolgreich
mit Kommunikation verbracht. Nach mehreren Führungsaufgaben beim
Ringier-Verlag leitete sie die Kommunikation des Medienhauses. Bei der
SAirGroup durchlebte sie als Kommunikationschefin eine schwere Krise,
als Flug 111 am 2. September 1998 nahe Halifax abstürzte. Nach weiteren
Mandaten in der Wirtschaft arbeitete sie 2003 als Beraterin für
Bundesrat Moritz Leuenberger auf dem Platz Zürich.
Ich zitiere ein aufschlussreiches Interview im Tagi-online:
Frau Tschanz, die Verlautbarungen des Bundesrats wegen des starken Frankens werden von vielen Politikern kritisiert. Wie kommt die Kommunikation bei Ihnen an?
Sie kommt bei mir, ehrlich gesagt, nicht gut an. Man hört vor allem verwirrende Botschaften, aber keine klaren und deutlichen Signale vom Bundesrat.
Auch unsere Leserinnen und Leser kritisieren in ihren Kommentaren die Informationspolitik der Regierung...
Ja, zuerst ging es in die Ferien, dann hiess es: Wir beschäftigen uns Tag und Nacht mit der Situation. Nun gab es doch eine Sondersitzung… – das sind alles Signale, die nicht dazu geeignet sind, in der aktuellen Situation Leadership zu zeigen.
In einer Medienmitteilung zur ausserordentlichen Sitzung am Montag verweist der Bundesrat auf das Instrument der Kurzarbeitsentschädigung – doch die SVP und Arbeitgeber fordern längst Mehrarbeit von Arbeitnehmern.
Das meine ich mit unterschiedlichen Signalen. Doch die wirtschaftspolitischen und wachstumspolitischen Signale, die nun wichtig wären, fehlen in der Kommunikation fast gänzlich.
Vor allem Bundesrat Johann Schneider-Ammann steht wegen seiner Kommunikation in der Kritik. Sehen Sie das auch so?
Er hat ja nun auch den Schwarzen Peter und eine schwierige Aufgabe. Er müsste in dieser Situation gezielt die richtigen Botschaften aussenden, aber bei ihm wirkt das im Moment schon etwas hilflos. Es hat den Geruch von Aktionismus
.
Schneider-Ammann will nun immerhin gegen überteuerte Importprodukte vorgehen und durchsetzen, dass Währungsgewinne von Händlern an die Kunden weitergegeben werden ...
Dieses Problem beschäftigt die Menschen natürlich. Es kann schliesslich nicht sein, dass die Konsumenten immerzu über die Grenze nach Deutschland fahren müssen, um günstig einzukaufen. Zur aktuellen Situation ist es aber nicht über Nacht gekommen; das hat sich wochenlang verschärft.
Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand ist in den Medien dagegen positiver präsent als mancher Bundesrat. Profitiert er von der Kommunikation der Regierung?
Er profitiert durchaus von der Lauheit des Bundesrats. Aber natürlich ist der Nationalbank-Präsident in der aktuellen Lage eine Instanz. Diese Rolle hat er in guten wie in schlechten Zeiten. Ich finde, er macht es hervorragend. Er äussert sich präzise und mit der nötigen Zurückhaltung.
CVP-Wirtschaftspolitiker Pirmin Bischof hat eine Taskforce vorgeschlagen und Grünen-Präsident Ueli Leuenberger einen Krisengipfel. Was halten Sie von solchen Ideen?
Bei runden Tischen, einer Taskforce oder Krisengipfeln bin ich eher zurückhaltend. Es steckt ein gewisse Dramatik in solchen Worten. Die EU hält doch schon permanent Krisensitzungen ab! Natürlich sollten sich die Entscheidungsträger zusammensetzen und miteinander reden, aber entscheidend ist in der Kommunikation doch, die Substanz, das Wesentliche an die Öffentlichkeit zu geben…
Wie würden Sie das machen?
Als Sprecherin könnte ich ja nur versuchen, die Sache positiv zu beeinflussen. Ich würde aber anstreben, die Kommunikation ganz diszipliniert zu führen. Also: Wie ist die Situation? Welche Massnahmen fasst man ins Auge? Und was kann man den verunsicherten Menschen über die Lage sagen?
Würden Sie auch eingestehen, dass die Schweiz der gegenwärtigen Situation zum Teil auch einfach ausgeliefert ist – und damit machtlos?
Es gibt keine Situation, in der man völlig machtlos ist. Aber man sollte auch den Mut haben, zu sagen, dass die Schweiz die aktuellen Probleme nicht alleine lösen kann. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
Kommentar: Schon bei meiner Zusammenarbeit mit Beatrice Tschanz über Krisenkommunikationssituationen in Spitälern habe ich einmal mehr erleben dürfen, dass sich Profis in der Beurteilung des Verhaltens von Führungskräften völlig einig sind. Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Es sind immer wieder die gleichen "dummen" Fehler, die auf der Teppichetage gemacht werden.
Das Interview weist auf die wichtigsten Schwachpunkte hin:
- Es ist ein Fehler, wenn die Botschaft nicht klar und deutlich genug ist. Wer in Krisen Verwirrt, macht einen Kapitalfehler.
- Das Verhalten ist nicht professionell: In die Ferien gehen - sagen, man werde etwas tun - dann eine Sondersitzung einberufen - Dies sind tatsächliche Signale, die keine Führungsstärke signalisieren.
- Schneider - Ammann wirkt hilflos. Er sendet keine klaren Botschaften aus. Aktionismus genügt in dieser Situation nicht.
- Die Oeffentlichkeit will nicht hören, es gebe eine Krisensitzung. Das Wesentliche hinsichtlich der Problematik muss kommuniziert werden. Die Krise kam nicht über Nacht. Der Bundesrat hatte genügend Vorbereitungszeit.
- Wichtig wäre als Chef, endlich einmal die Situation klar zu beschreiben und anzukündigen, welche Massnahmen möglich wären mit welchen Folgen. Die Leute sind verunsichert. Der Bundesrat muss Sicherheit ausstrahlen.
- Es darf auch gesagt werden, dass die Schweiz das Problem allein nicht lösen kann.
Nachtrag: Aber, aber!
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