Donnerstag, 3. März 2011

Aufstieg und Fall eines Politstars:


Karl-Theodor Zu Guttenberg und die Medien





Der kometenhafte Aufstieg des charismatischen Senkrechtstarters Karl-Theodor zu Guttenberg am Polithimmel war einmalig. Wie eine Figur aus der Märchenwelt wurde der junge Adelige gefeiert. Zu Guttenberg verstand es, sich in den Medien  zu inszenieren und mit Homestorys die Regenbogenpresse zu instrumentalisieren.


Von + Zu Guttenberg (CSU), ein deutscher Verteidigungsminister, zu dem Besuch von Geert Wilders in Berlin am 02.10.2010 

Das Paar ist angeblich für das Volk etwas wie wie  KEN und BARBIE












 Gegen  Bundeswehraffairen schien er immun (geöffnete Feldpost, ungeklärter Todesfall in Afghanistan, Bombardierung des des Tau-Klosters,  Entlassung des Kommandanten des Segellschulschiffes "Gorch Fock") Die Kritiker wurden jeweils weggelächelt und Fehler schöngeredet.   Erst durch die Plagiate im Zusammenhang mit  seiner  Doktorarbeit wurde der steile Aufstieg  gestoppt.  Nach zwei Wochen Plagiatsaffaire kam es zum spektakulären Sturz.






Sternschnuppe, ToastyKen©Flickr




Der dynamischen Minister wurde,   in den Medien als Betrüger entlarvt, sogar zur Witzfigur.
Einer Sternschnuppe gleich stürzte er aus eigener Schuld ab. Märchenprinz Guttenberg mutierte zum Mister Googleberg. Dennoch verstand er es, auch noch bei seiner siebenminütigen Rücktrittsankündigung Haltung zu zeigen. Mit versteinerter Mine, gerecktem Rücken und tadellos gestylt,  sich ans Manuskript klammernd, bezeichnete er den Rücktritt  "als schmerzlichsten Schritt seines Lebens".
Selbst bei diesem tragischen Medienauftritt ging er zum Angriff über, indem er betonte, dass die "öffentliche und mediale Betrachtung fast ausschliesslich auf die Person Guttenberg und seine Dissertation" abziele, "statt beispielsweise auf den Tod und die Verwundung von 13 Soldaten". 



Dies sei eine dramatische Verschiebung der Aufmerksamkeit.



Damit zeigte der  Märchenprinz aus dem Frankenwald, dass er sich auch nach seiner Bruchlandung gegen das mediale Sperrfeuer zur Wehr setzten konnte.
Dem Populisten- erstaunlich lange getragen von der Kanzlerin, seiner Partei und  breiten Teilen der Bevölkerung - blieb eigentlich gar nichts anderes übrig, als seinen Rücktritt zu erklären.



Nach Kurt Imhof (Universität Zürich) tappte der Vorzeigepolitiker  mit seinen, in den Medien bewusst zur Schau gestellten Werten von "Ehr- und Redlichkeit", selbstverschuldet  in die Moralfalle.




Welche Rolle spielte das Internet?




Der Sturz, wurde durch die Internetrecherchen zahlreicher Nutzer lediglich beschleunigt. Nach Imhof  war dies  ein einmaliger Vorgang. Das Internet, als hilfreiches "Copy pace" - Instrument bei Diplomarbeiten, übte nun auch eine Verstärkerfunktion aus beim Entlarven der vielen kopierten Beiträge, welche nicht als Zitate gezeichnet waren. Dank der Mitmachkultur vieler Nutzer  konnte die überwältigende Fülle der Plagiate belegt werden. Dies beschleunigte  den "freiwilligen" Rücktritt des Verteidigungsministers. 

Die  Vermutung, Guttenberg  habe die Arbeit nicht selbst geschrieben, stützen viele Verhaltensweisen des ertappten Plagiators.
Falls Guttenberg nachgewiesen werden könnte, dass er einen Ghostwriter gezahlt hatte, würde ihm dies  die Rückkehr zur Politik endgültig verbauen.








Heute fragt  die Presse: Kann er nach dem  "freiwilligen" Rücktritt später wieder auf die Politbühne zurück kommen?



Guttenbergs Trost: Allain Juppé musste vor sieben Jahren wegen einer Parteispendenaffaire alle politischen Aemter abgeben. Heute ist er der neue starke Mann in der französischen Regierung.
Auch Otto Wiesheu (CDU)  überfuhr 1983 alkoholisiert einen Mann, wurde verurteilt und wurde nachher wieder Minister.
Es gibt noch einige weitere Beispiele, wie Schäuble (Geldkoffer) usw.











Der Rücktritt Guttenbergs hätte eindeutig   früher erfolgen sollen. Der Minister hatte viel  zu lange gezögert.
Ich hätte von ihm ein frühes ehrliches  MEA CULPA erwartet. Die scheibchenweisen Eingeständnisse, das tricksen, täuschen und nur das zu geben, was nicht mehr abgestritten werden konnte, war peinlich.




Falls keine weiteren Verfehlungen mehr nachgewiesen werden, ist es aus meiner Sicht denkbar, dass Guttenberg trotz  verspäteter Reue, nach Jahren wieder in der Politik eine Rolle spielen könnte. Wenn jemand zurücktritt, wird in den  Medien   selten nachgetreten.




Ich habe in einer ersten Analyse bereits geschrieben, dass sich Guttenberg in der Krisensituation gegenüber den Medien völlig falsch verhalten hatte. Er machte den grossen Fehler,  in der schwierigsten Situation  nicht alle Medien gleich zu behandeln. Weil er nur vor einem erlesenen Kreis von Journalisten Red und Antwort stand, machte er sich die grosse Schar geprellter Journalisten zu Feinden.




Weshalb triftet bei Guttenberg die Volks- und Medienmeinung so stark auseinander?



Das spannendste Phänomen ist derzeit die unterschiedliche Sichtweise der Medien und der Bevölkerung, die sich mit dem neuen Typus Berufspolitiker verbinden.
Nach dem Tribunal im Bundestag schossen die Umfragewerte
Vorzeigeministers bei BILD, BamS und BUNTE in die Höhe. Vielleicht kam es beim gegeisselten Liebling zum Mittleideffekt, als  Trittin   den entlarvten Minister wutentbrannt als Hochstapler und Lügner usw. beschimpft hatte.




Vielleicht stimmt auch folgende These, die ich in der NZZ am Sonntag gelesen hatte:



Das Volk will nicht von den Medien bevormundet  werden. Wie nach der Dauerschelte bei der Affaire Sarrazin,  als das Volk aus Trotz die Medien und die Elite mit dem Kauf des Buches desavouierte, wollten sie auch nicht, dass Ihr Liebling Guttenberg  so in den Schmutz gezogen wird.
Nach dem Rücktritt ist in der deutschen Presse bereits von der Auferstehung des Kometen Guttenberg die Rede.





Die Guttenbergs

Die Guttenbergs

Der deutsche Verteidigungsminister und seine Frau waren die Lieblinge der Deutschen.
Vielleicht können Sie es bleiben. Bis jetzt haben die Sympathiewerte  trotz Rücktritt und aberkanntem Doktortitel nicht gross nachgelassen. Jedenfalls boomen derzeit im Internet  die Pro - Guttenberg Beiträge. Ein Phänomen?!




Nachtrag Spiegel:


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Foto: DPA
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