Sonntag, 2. Januar 2011


 Skandal-Rhetorik:

Die Schweiz sei ein "Unding"- so Juncker/ Der EU Finanzchef wird von Blocher mit Hitler verglichen



 Die Aussage Junckers war ein Steilpass für Blocher. Dieser schlug mit der Nazikeule zurück und kommt nun dadurch selbst in die Schlagzeilen.




Als Jean-Claude Juncker der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» Mitte Dezember ein Interview gab, konnte er kaum ahnen, dass er damit einen Skandal auslösen würde. Der luxemburgische Finanzminister und EU-Finanzchef wünschte sich den EU-Beitritt der Schweiz, «auch wenn ich weiss, dass er dem Volkssouverän immer noch widerstrebt».


Quelle Blick:

Schweiz als «geostrategisches Unding»


Die EU würde somit kompletter werden. Dann schob er den Satz nach: «Es bleibt nämlich ein geostrategisches Unding, dass wir diesen weissen Fleck auf der europäischen Landkarte haben.»

Die Sätze mögen hellhörig machen. Doch noch hellhöriger macht, wie SVP-Vizepräsident Christoph Blocher jetzt die Sätze kommentiert. «Da sind ja Töne in die Schweiz hineingekommen, die ich 70 Jahre nicht mehr gehört habe», sagte der alt Bundesrat auf teleblocher.ch.

In der Sicht Junckers sei die Schweiz «ein Unding, nicht einmal ein Ding, geschweige denn ein Land». Eines, das offenbar schon lange «von der Landkarte verschwinden soll».

«So hat Hitler geredet.»


Und dann der entscheidende Satz: «So hat der Hitler geredet! Die Schweiz, das freche Stachelschwein, und solches Zeug.»



Skandal-Debatte


Die Debatte zwischen Blocher und Juncker entgleise immer mehr «und wird zum Skandal», sagt Historiker Urs Altermatt. «Blocher benutzt die Debatte mit dem EU-Spitzenpolitiker als Podium des Wahlkampfes, der die furchtbare Geschichte zur Zeit von Nazi-Deutschland missbraucht. Hitler brachte Europa den Weltkrieg und den ­Holocaust, furchtbare Verbrechen und Leiden für Millionen von Menschen. Junckers Worte mit Hitler in Beziehung zu setzen, ist verwerflich und ehrenrührig und entbehrt des historischen Sachverstandes.»

Blocher   steht zu seinen Aussagen. SonntagsBlick sagte er gestern Abend: «Ich bin erschrocken, als ich hörte, dass Juncker die Schweiz als geopolitisches Unding bezeichnet.» Er sei an der deutschen Grenze aufgewachsen. «Solche Aussagen hörten wir zum letzten Mal vor 70 Jahren. Das ist eine Verachtung der Schweiz. Das darf es nicht geben. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.»

Pikant: Am 12. Januar ist in ­Zürich ein Podium mit Juncker und Blocher geplant. Kohler würde sich nicht wundern, wenn der EU-­Finanzchef nach dieser Entgleisung seinen Auftritt absagen würde.


Ende Zitat


Kommentar:

Wer die Nazikeule schwingt, hat immer einen schweren Stand (*An konkreten Beispielen mangelt es nicht). Wer eine Person mit Hitler vergleicht, wird zwangsläufig missverstanden und meist wird dann der Vergleich zum Eigencoal. Auch Blocher wird vorgeworfen werden, dass er nicht Junker, sondern die EU beleidigt habe. Christoph Blocher muss nun wie alle andern, die Hitlervergleiche gewagt haben, mit harter Kritik und negativen Kommentaren rechnen. Dies zeichnet sich bereits in den Titeln der Artikel ab. Ich würde jedem Politiker raten - bei Vergleichen - Hitler stets aus dem Spiel zu lassen. Man spricht nämlich nachher nur noch vom Nazivergleich und auch in diesem Fall ist  die skandalöse Aeusserung Junckers hernach kein Thema mehr. Blochers Aussage wird nun durch den Vergleich zum Skandal.



Der gewiefte  SVP Stratege weiss anderseits, dass er nur durch eine Provokation, Junckers den verbaler Ausrutscher publik machen kann. Blocher nimmt das Risiko bewusst in Kauf, denn politisch wird er im Wahljahr (EU Frage) den verbalen Fehltritt noch lange auskosten können. Einmal mehr hat es Blocher immerhin geschafft, in die Schlagzeilen zu kommen. Mich wundert übrigens, wie viele Journalisten das Blocher-TV regelmässig konsumiert haben. Die Frage ist für mich nicht beantwortet: Wer müsste sich eigentlich entschuldigen: Juncker oder Blocher?
Nazi - Vergleiche waren immer ein TABU Bruch:

Nazi-Vergleiche führen immer zu Skandalen

Das zeigt  bereits der Blicktitel im heutigen Sonntagsblick

Die skandalöse Aussage der  vom "UNDING SCHWEIZ" fehlt im Titel. Die Blocheraussage ist jetzt der eigentliche Skandal, denn er hat den Hitlervergleich formuliert:


Skandal-Debatte: Blocher vergleicht EU-Finanzchef mit Hitler

  1. Extra 3 - Telekolleg: Politiker-Deutsch - Der Nazi-Vergleich

    Bewertung: 4.9 von 5.0
    - 3 Min. - 22. Sept. 2008 - Hochgeladen von Gardrathos

    Wieder einmal präsentiert das Bildungsfernsehen von Extra 3 Telekolleg am 18.9.2008 eine neue Folge. Thema heute: Politiker ...
    www.youtube.com/watch?v=x3vtBuUeUNs - Weitere Videos

 Politiker mit dem Tabubruch verbrennen  sich nach der Nazi-Keule immer die Finger. Hier die Beispiele:

20. September 2002       




Der von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) angeblich angestellte Vergleich der Methoden von Präsident George W. Bush mit denen Adolf Hitlers zählt zu einer Reihe Aufsehen erregender Fälle, die FAZ.NET dokumentiert:

Herbst 1979

 Als Strauss bei einem Wahlkampfauftritt in Nordrhein-Westfalen mit Eiern beworfen wird, ruft er: Diese Leute benehmen sich „wie die schlimmsten Nazi-Typen in der Endzeit der Weimarer Republik“.
Stoiber sorgt Ende 1979 auf einem CSU-Parteitag mit einem Nazi-Vergleich für weiteren Wirbel: „Nationalsozialisten waren in erster Linie Sozialisten.“

Sommer 1982


Der damalige Oberbürgermeister Saarbrückens und SPD-Vorsitzende des Saarlandes, Oskar Lafontaine, wirft dem amtierenden Bundeskanzler vor: „Helmut Schmidt spricht weiter von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben.“

Juni 1983

Der damalige CDU-Generalsekretär Heiner Geissler wettert im Bundestag: „Ohne den Pazifismus der 30er Jahre wäre Auschwitz überhaupt nicht möglich gewesen.“ Die SPD bezeichnet er einige Wochen danach als „fünfte Kolonne“ Moskaus. Im Frühjahr 1985 sagt der damalige SPD-Chef Willy Brandt, Geissler sei der „seit Goebbels schlimmste Hetzer in diesem Land“.

15. Oktober 1986

In einem Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ vergleicht der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) den sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels: „Er ist ein moderner kommunistischer Führer, der (...) versteht was von PR - der Goebbels verstand auch was von PR. Man muss doch die Dinge auf den Punkt bringen.“ Kohl distanziert sich einige Wochen später von dem Interview, ist jedoch nicht zu einer offiziellen Entschuldigung bereit.

21. Juni 2000

Alt-Kanzler Kohl vergleicht die SPD-Boykottaufrufe wegen seiner Spendenaktion für die CDU in einem ZDF-Interview mit dem Boykott jüdischer Geschäfte unter der NS-Diktatur.

12. März 2001

Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagt in einem WDR-Interview über CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer: „Laurenz Meyer hat die Mentalität eines Skinheads und nicht nur das Aussehen.“

9. Februar 2002

Ludwig Stiegler, damals stellvertretender SPD-Fraktionschef, erklärt im Streit um das NPD-Verbotsverfahren, gerade bei CDU/CSU und FDP müsste „die historische Schuld alle denkbaren Aktivitäten auslösen, wenigstens heute schon den Anfängen zu wehren“. Der SPD-Politiker verwies Union und Liberale darauf, dass „deren Vorläuferparteien am 23. März 1933 Hitler ermächtigt haben, nachdem sie ihn zuvor verharmlost und an die Macht gebracht haben“.

29. August

Im Anschluss an die Sondersitzung des Bundestages über die Hochwasserkatastrophe vergleicht Altkanzler Kohl einem Bericht des „Spiegel“ zufolge in kleinem Kreis Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) mit dem Hitler-Stellvertreter und NS-Reichstagspräsidenten Hermann Göring. „Das ist der schlimmste Präsident seit Hermann Göring“. Kohl dementiert die Äußerung nicht, sondern erklärt lediglich, es liege ihm fern, ein Mitglied einer demokratischen Partei Deutschlands mit einem Mitglied einer totalitären Partei zu vergleichen.

18. September

In einem Gespräch mit Gewerkschaftern in ihrem Wahlkreis wirft Däubler-Gmelin Bush laut „Schwäbischem Tagblatt“ vor, mit einem Irak-Krieg vor allem von innenpolitischen Problemen ablenken zu wollen. Dies sei eine beliebte Methode. „Das hat auch Hitler schon gemacht.“ Direkt anschließend stellt sie klar: „Ich habe nicht die Personen Bush und Hitler miteinander verglichen, sondern die Methoden.“



Quelle: www.faz.net




Nachtrag PERSOENLICH.COM:




Entgleisende Skandal-Rhetorik: Blocher vergleicht Juncker mit Hitler

Marcus Knill
Die Aussage Jean-Claude Junckers, wonach die Schweiz ein “Unding” sei, war ein Steilpass für Blocher. Der SVP-Parteistratege schlug mit der Nazikeule zurück und kommt nun dadurch selbst in die Schlagzeilen.
Jean-Claude Juncker
Als Juncker der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ Mitte Dezember ein Interview gab, konnte er kaum ahnen, dass er damit einen Skandal auslösen würde. Der luxemburgische Finanzminister und EU-Finanzchef wünschte sich den EU-Beitritt der Schweiz, „auch wenn ich weiss, dass er dem Volkssouverän immer noch widerstrebt“ (Blick).


Sätze, die hellhörig machen


Die EU würde somit kompletter werden. Dann schob er den Satz nach: „Es bleibt nämlich ein geostrategisches Unding, dass wir diesen weissen Fleck auf der europäischen Landkarte haben“. Die Sätze mögen hellhörig machen. Doch noch hellhöriger macht, wie SVP-Vizepräsident Christoph Blocher auf Blick jetzt die Sätze kommentiert. Und auf Teleblocher sagte der alt Bundesrat: „Da sind ja Töne in die Schweiz hineingekommen, die ich 70 Jahre nicht mehr gehört habe .” In der Sicht Junckers sei die Schweiz „ein Unding, nicht einmal ein Ding, geschweige denn ein Land“. Eines, das offenbar schon lange „von der Landkarte verschwinden soll“. Und dann der entscheidende Satz: „So hat der Hitler geredet! Die Schweiz, das freche Stachelschwein, und solches Zeug.“



Debatte wird zum Skandal



Die Debatte zwischen Blocher und Juncker entgleise immer mehr „und wird zum Skandal“, sagt Historiker Urs Altermatt. „Blocher benutzt die Debatte mit dem EU-Spitzenpolitiker als Podium des Wahlkampfes, der die furchtbare Geschichte zur Zeit von Nazi-Deutschland missbraucht. Hitler brachte Europa den Weltkrieg und den ­Holocaust, furchtbare Verbrechen und Leiden für Millionen von Menschen. Junckers Worte mit Hitler in Beziehung zu setzen, ist verwerflich und ehrenrührig und entbehrt des historischen Sachverstandes.“
Blocher steht zu seinen Aussagen. Zum Sonntagsblick sagte er: „Ich bin erschrocken, als ich hörte, dass Juncker die Schweiz als geopolitisches Unding bezeichnet.“ Er sei an der deutschen Grenze aufgewachsen. „Solche Aussagen hörten wir zum letzten Mal vor 70 Jahren. Das ist eine Verachtung der Schweiz. Das darf es nicht geben. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.“


Platzt Podium?


Pikant: Am 12. Januar ist in Zürich ein Podium mit Juncker und Blocher geplant. Kohler würde sich nicht wundern, wenn der EU-Finanzchef nach dieser Entgleisung seinen Auftritt absagen würde.
Marcus Knill
Montag, 3. Januar 2011 um 13:04 Uhr

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Nachtrag:

Wie vermutet, wird nun Blocher vom Blick die Schuld für den ganzen Skandal in die Schuhe geschoben. Verursacher Juncker wird hingegen reingewaschen. Er habe sich immer für die Schweiz eingesetzt - auch nach Eichels Indianer Vergleich.
Meine Prognose trifft somit zu, dass jeder Tabubrecher Probleme bekommt, obschon in diesem Fall Junkers verbaler Ausrutscher keine Banalität ist. Nicht auszudenken, was es für Folgen gehabt hätte, wenn ein Schweizer Politiker ein Land als "Unding" bezeichnet hätte.


Stratege Blocher wird die Medienpräsenz nutzen und kann dank seiner Provokation noch lange von dem Medienwirbel profitieren.

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