Donnerstag, 4. November 2010

Jörg Kachelmanns Interview  im BILD  vom 3. November:



Wir erkennen prozesstaktische Antworten und einmal mehr auch  gezieltes prozesstaktisches Verhalten



Kachelmann und seine Top Anwälte wissen, dass sich Richter von der veröffentlichten Meinung beeinflussen lassen. Deshalb nutze der Medienprofi die Chance und gab sich heute als einsichtiger Mensch. Das Auftreten - sauber rasiert und gepflegt (Holzfällerhemd) war geschickt inszeniert. Er drückte auf die Tränendrüsen und verstand es mit seinem "Mea culpa-Verhalten" nicht nur bei den Richtern gut dazustehen:




So wie er früher bei den kurzen Auftritten verstand er sich weider in eine gutes Licht zu setzen. Wir hörten heute den Blumenkohlwolken-Onkel von einem "Lebensführungsfehler", von seinem "Hochgeschwindigkeitsleben"  sprechen. Seine Vorsätze wirkten glaubwürdig:


- "Wenn ich in der Zukunft eine Beziehung führe, werde ich monogam leben!"


- "Ich werde nach all dem keine Wettersendungen mehr moderiern können" - sein Leben werde ohne Vielweiberei und Fernsehen sein.


Ich bin sicher,  dass  es viele Leser dem Profirhetoriker abgenommen haben, als er erklärt, er habe  auf die Zahlung einer Kaution verzichtet die möglich gewesen wäre, um entlassen zu werden. Kachelmanns Begründung: Dies  hätte so ausgesehene, als hätte er sich erst einmal frei gekauft.


Kommentar: Ich gehe davon, dass hinter  allen Inszenierungen Kachelmanns Spitzenanwälte stehen. Sie wissen, wann der Klient schweigen und wann er nach aussen agieren muss.
Haben Sie gewusst, dass die Medienanwälte heute eine neue Funktion haben?





Im Zusammenhang mit Medienopfern spielten bislang die sogenannten "Opferanwälte" eine  zentrale Rolle. Diese Anwälte standen den Opfern medienwirksam zur Seite. Heute sind es die "MEDIENANWAELTE", die sich als Fachanwälte um die Interessen von Betroffenen kümmern. Es geht ihnen aber nicht mehr in erste Linie um Belange, die  Presse-, Rundfunk-, Film-, Internet- Multimedia-, Urheber- oder Verlagsrechte betreffen. Sie treten meist bei Mandanten auf, die in einem Strafverfahren involviert sind, die von grossem öffentlichen Interesse ist. z.Bsp Jörg Kachelmann.




Der Wettermoderator Jörg Kachelmann mit seinem Anwalt Reinhard Birkenstock im Landgericht Mannheim.
Der Wettermoderator Jörg Kachelmann mit seinem Anwalt Reinhard Birkenstock im Landgericht Mannheim.


Der Medienanwalt beeinflusst heute  die Medien direkt, indem das Bild des Angeschuldigten in der Oeffentlichkeit prägt. Mit Verlautbarungen führt er eine publizistische Gegenöffensive zum Kläger.

In einer Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gab jeder vierte Richter und jeder dritte Staatsanwalt an, dass er Berichte in den Medien über seine Fälle "ganz gezielt" verfolge
und somit die mediale Meinung die Höhe des Strafmasses beeinflusse.

Jeder zweite Richter gab zu, dass er bei brisanten Urteilen jedenfalls "ein wenig" über die öffentliche Reaktion nachdenke.

Damit wird in der Zukunft der Medienanwalt eine immer wichtigere Rolle  spielen.



 Ich zitiere das Interview:



Egal, wie der Vergewaltigungsprozess gegen ihn auch ausgeht: Wettermoderator Jörg Kachelmann (52) wird nie wieder im Fernsehen auftreten. Das kündigt Kachelmann im Gespräch mit BILD an. Wie er sein neues Leben plant.
Das weiß-rote Baseball-Cap, das er aus einem Dänemark-Urlaub mitgebracht hat,  trägt Jörg Kachelmann (52) tief ins Gesicht gezogen. Als könne es ihn unsichtbar machen. Der Wetter-Moderator steht im Foyer des „Maritim”-Hotels in Mannheim und will für die anderen Gäste  unerkannt bleiben.
Jörg Kachelmann kommt gerade aus dem Landgericht Mannheim. Dort muss er Gesicht zeigen. 
Die Anklage wirft ihm vor, die Radiomoderatorin Sabine W. (37) in der Nacht zum 9. Februar vergewaltigt und mit dem Tode bedroht zu haben. 
Kachelmann sagt, dass sie die Unwahrheit spricht. Seit seiner Festnahme beteuert er seine Unschuld. Jörg Kachelmann sitzt jetzt in einer Suite des Hotels, studiert die Speisekarte. Er trägt ein Holzfällerhemd, ähnlich wie jenes, das er bei seiner Festnahme getragen hat. Er wirkt ruhig und gefasst.
132 Tage in Untersuchungshaft haben Jörg Kachelmann optisch verändert. Er hat acht Kilo abgenommen. Ohne seinen Siebentagebart sieht er gepflegter aus.
Es sei viel über ihn spekuliert worden in den vergangenen Monaten. Zum Beispiel darüber, warum er sich im Gefängnis den Bart abrasiert habe. „Der Grund ist ganz einfach und banal“, sagt Kachelmann. „Im Gefängnis gibt es nur Einweg-Rasierer. Da hat man nur zwei Möglichkeiten. Entweder, der Bart kommt ganz ab – oder man sieht nach drei Wochen aus wie Osama bin Laden.“
Kachelmann versucht zu erklären, wie sein Leben entgleiten konnte: „Ich habe in den vergangenen Jahren ein Hochgeschwindigkeitsleben geführt – mit viel Arbeit und einem Durcheinander im Liebesleben. Ich war nicht immer treu, offen und ehrlich mit meinen Partnerinnen.“
Gegenüber dem Oberlandesgericht hat Kachelmann dieses Leben mit diesen vielen Frauen – so wörtlich – als einen „Lebensführungsfehler“ bezeichnet. Kachelmann sagt: „Ich werde noch in vielen Gesprächen Menschen um Verzeihung bitten müssen.“
Zwei Vorsätze hat er gefasst: 
„Wenn ich in Zukunft eine Beziehung führe, werde ich monogam leben.“
„Ich werde in Zukunft Situationen vermeiden, in denen man mir etwas vorwerfen kann, was ich nicht getan habe.“
In Gedanken ist der Angeklagte Kachelmann auch mit seinem neuen Leben befasst. Dem Leben nach dem Prozess, von dem er hofft, dass seine Sorgen um dessen Fairness am Ende unbegründet sein werden.
Sein neues Leben soll ein Leben ohne Fernsehen und ohne Vielweiberei sein.
„Ich werde nach all dem keine Wettersendungen mehr moderieren können. Nachdem Staatsanwaltschaft und Medien mein angebliches Privatleben gewaltsam öffentlich gemacht haben, wär’s mit dem Blumenkohlwolken-Onkel wohl schwierig. Das Kapitel Fernsehen ist dadurch für mich beendet worden“, sagt Kachelmann.
Den Entschluss, keine Talkshows mehr zu moderieren, habe er seinem Sender schon Anfang 2009 mitgeteilt. Es ist das Ende einer 18-jährigen TV-Karriere, in der Jörg Kachelmann sogar die legendäre ARD-Show „Einer wird gewinnen“ moderieren durfte.
Der Wetter-Experte will nur noch als Redakteur bei seiner Firma „Meteomedia AG” arbeiten, die Vorhersagen für TV-Sender, Versicherungen und Fluglinien erstellt. Das Unternehmen ist sein Lebenswerk. Er hat es 1990 gegründet, beschäftigt 100 Mitarbeiter in Deutschland, Kanada, den USA und der Schweiz.
Die junge Kellnerin fixiert ihn, während sie das Essen serviert. Früher hätte Kachelmann die junge Dame wohl spätestens zum Nachtisch nach ihrer Telefonnummer gefragt.
Heute kann er sich gut vorstellen, was sich die Kellnerin fragt. Nämlich das, was alle gerade fragen:
Hat er?
Oder hat er nicht?
Schuldig?
Oder unschuldig?
Täter?
Oder selbst Opfer?

Die meisten Menschen bilden sich ihr eigenes Urteil. Auch nach dem Prozess wird das nicht anders sein. Unabhängig davon, wie der Richter urteilt.
Es wird Leute geben, die auch Jahre später noch bei seinem Anblick denken: Das ist doch der Wettermann vom Fernsehen, der mit den vielen Frauen, der wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung vor Gericht stand.
Um sich genau diese Situationen zu ersparen, hatte Jörg Kachelmann überlegt, nach dem von ihm erhofften Freispruch nach Oklahoma (USA) auszuwandern. Dort betreibt er eine weitere Wetterfirma. „Ich habe mich dann aber gegen Oklahoma entschieden“, sagt Kachelmann. „Das hätte auch im Falle eines Freispruchs nach Flucht ausgesehen.“
Er hat es auch abgelehnt, gegen Zahlung einer Kaution aus der U-Haft entlassen zu werden. „Das  hätte ausgesehen, als hätte ich mich erst einmal freigekauft.“
Wo er später wohnen werde, weiß der Wettermoderator außer Dienst noch nicht. „Vielleicht werde ich auch erst mal mit meiner Mutter zusammenwohnen“, sagt Kachelmann. Für sie habe ihm die Sache am meisten leidgetan. Er spricht darüber, mit wie viel Kraft und Zuversicht sie ihn zweimal in der U-Haft besucht hat.
Über seine Ex-Geliebte, die ihn wegen Vergewaltigung angezeigt hat, spricht er den ganzen Abend nicht. Auch nicht über den Prozess.
Das Urteil soll am 21. Dezember gesprochen werden. Jörg Kachelmann hat für die Zeit danach schon einen Plan.  Heiligabend will er mit seiner Mutter verbringen. Dann, so der  Plan, will er zu seinen beiden Söhnen nach Kanada fliegen.
Und falls er verurteilt wird? Einen Plan B hat Jörg Kachelmann nicht.






FAZIT:

Heute lohnt es sich, Medienauftritte zu nutzen. Vorausgesetzt, der Akteur versteht es, auf der Klaviatur der Medien zu spielen. Wie stark sich die professionellen Auftritte Kachelmanns auf das Urteil auswirkt, kann leider nicht nachgewiesen werden. Ich behaupte dennoch:
Das clevere Botschaftenmangement werden einen Einfluss haben.

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