Mittwoch, 28. Juli 2010

Genau das darf man in einer Krisenstiuation nicht tun:

Beschönigen, "Sich widersprechen", Lügen, Vertuschen usw.

Quelle Spiegel:

Widersprüche, Ausflüchte, Lügen

Veranstalter, Verwaltung, Politik und Polizei schieben sich nach dem Desaster von Duisburg die Verantwortung zu - und verstricken sich in Widersprüche, die für Opfer und Hinterbliebene wie Hohn erscheinen müssen. Niemand will schuld sein an 20 Toten und mehr als 500 Verletzten, dabei ist klar: Alle haben ihren Anteil.

So viele Fragen.

So wenige Antworten.

In diese sechs Wörter lässt sich das Drama nach dem Drama fassen - die katastrophale Aufarbeitung des Love-Parade-Desasters von Duisburg. Drei Tage ist es jetzt her, dass 20 Menschen in einer Massenpanik so schwer verletzt wurden, dass sie qualvoll gestorben sind, zerquetscht, zu Tode getrampelt. Die Republik will endlich wissen, wer dafür verantwortlich ist. Aber die Politik, Polizei, Verwaltung, Veranstalter hüllen sich in beredtes Schweigen.

Sie mauern, und wenn sie mal etwas sagen, ist es entweder nichts Erhellendes. Oder sie versuchen, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben.

SPIEGEL rekonstruiert den stellenweise grotesken Kampf um die Verantwortung für eines der schlimmsten Unglücke seit Jahren in Deutschland. Einen Kampf mit Widersprüchen, Ausflüchten, Lügen.

So geht es seit der ersten Pressekonferenz am Abend des Unglücks.

Schon damals, Stunden nach dem Desaster, verblüffte Oberbürgermeister Adolf Sauerland, als er mit überraschender Gewissheit verkündete, das Sicherheitskonzept sei nicht schuld. Der CDU-Politiker verstieg sich zu der These: "Wenn Sie jetzt hören, was wohl die Ursachen sind, dann lag es nicht am Sicherheitskonzept, was nicht gegriffen hat, sondern wahrscheinlich an individuellen Schwächen." Genauer: individuelle Schwächen auf Seiten der Raver. Die Opfer sind selbst Schuld, haben da viele herausgehört.

Was wie Hohn klang, lässt sich vielleicht damit erklären, dass Sauerland zu jenem Zeitpunkt noch unter Schock stand. Dass er möglicherweise noch nicht begriffen hatte, welche Tragödie sich im Tunnel in der Duisburger Innenstadt abgespielt hatte. Doch auch am Sonntag, einen Tag nach dem Geschehen, wirkten die Verantwortlichen überfordert.

Sie schoben sich auf einer verheerenden Pressekonferenz die Fragen zu, ohne Antworten zu geben. Keiner fand erhellende Worte, keiner bekannte sich zur eigenen Rolle, keiner sprach über Schuld. Beinahe konnte man den Eindruck gewinnen, als habe die Love Parade in einem Verantwortungsvakuum stattgefunden, in einem politisch luftleeren Raum - und das in einem Land, dessen Bürokratie angeblich ihresgleichen sucht.

Von den Verantwortlichen traf nur einer den richtigen Ton - Fritz Pleitgen, Geschäftsführer des europäischen Kulturhauptstadtjahrs Ruhr.2010. "Die Sache beschäftigt mich zutiefst", sagte der frühere WDR-Intendant, der sich dafür eingesetzt hatte, dass die Party im Rahmen von Ruhr.2010 stattfand. Obwohl beide Veranstaltungen nichts miteinander zu tun haben, "kann ich nicht so tun, als hätte ich damit nichts zu tun", sagte Pleitgen. "Ich fühle mich moralisch mitverantwortlich, auch wenn ich es aus veranstalterischer Sicht nicht bin."

"Moralische Verantwortung" - ein Wort, das keiner der anderen Beteiligten in den Mund genommen hat. Obwohl alle darauf warten.

Der Schuld-Poker zwischen Politik und Polizei, Veranstaltern und Verwaltung - dokumentiert, wie sich die Verantwortlichen bei fast jeder zentralen Frage zur Katastrophe von Duisburg widersprechen.

Keine Kommentare: