ZUR KOMMUNIKATIONSKULTUR (STREITKULTUR?) IM BUNDESRAT __________________________________________________________________ Leuthard kritisiert Bundesrat _____________________________________________________________________ Doris Leuthard hat (gemäss Tagesanzeiger-online vom 26.8.06) in ihrem ersten Interview seit Amtsanstritt als Bundesrat einen früheren Beschluss der Landesregierung kritisiert. Das geplante Wachstum der Ausgaben für Bildung, Forschung und Innovation genüge nicht, liess sie verlauten. Wir fragen uns: Ist es geschickt, wenn eine neue Bundesrätin nach wenigen Tagen die Kollegen öffentlich kritisiert? Auch Calmy-Rey im Schussfeld der Kritik _________________________________________________________________________ Nachdem Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in ihrer Bundesratsrede gegen den Gesamtbundesrat Stellung genommen hatte, geriet sie erneut ins Schussfeld der Kritik. Am 3. August 2006 war in Swiss Info zu lesen: Neutralitäts-Debatte erhitzt die Gemüter. _______________________________________________________________________ Im Juli hatte Aussenministerin Calmy-Rey die israelische Intervention in Libanon als übertrieben bezeichnet. Calmy Rey fordert eine einflussreichere Aussenpolitik * Die Schweiz müsse ihren Einfluss auf die Welt steigern Micheline Calmy-Rey übte zudem harsche Kritik an Israel Die Idee einer Schweizer Kandidatur für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat und der Vorschlag, Schweizer Soldaten nach Libanon zu entsenden, führte zu einer harten Debatte über die Neutralität der Schweiz. Kommentatoren bezichtigten die sozialdemokratische Aussenministerin Micheline Calmy-Rey des "Aktivismus". "Mischt Euch nicht in fremde Händel!" Dies ist der Rat, den der heilige Niklaus von Flüe (1417-1487) den Eidgenossen 1481 gegeben habe, war von rechter Seite zu hören. Die aktuelle Vision der Neutralität von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey will jedoch von dieser Version nichts wissen.. Die Anhängerin einer "aktiven Aussenpolitik" hat in wenigen Wochen die israelische Intervention in Libanon kritisiert, die Möglichkeit einer Entsendung von Schweizer Soldaten ins Krisengebiet erwähnt und die Idee einer Kandidatur der Schweiz für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat lanciert. Diese Beispiele sind nur einige in einer langen Serie von Vorschlägen, die nicht gut ankamen. Seit ihrer Wahl in den Bundesrat 2002 hat die Genfer Sozialdemokratin, die dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) vorsteht, ihre diplomatischen Initiativen vervielfacht: Die Genfer Initiative für den israelisch-palästinensischen Konflikt, der Menschenrechts-Rat, der rote Kristall oder die Unabhängigkeit des Kosovo. Die Schweizer Aussenpolitik, zeichnete sich während Jahrzehnten durch eine extreme Reserviertheit aus. Wie wurde unter Calmy-Rey den letzten Jahren ambitionierter. Die Aussenministerin hat ihre Intentionen nie versteckt. "Die öffentliche Diplomatie bedeutet, die übliche Diskretion, die um die Diskussion oder die Verhandlung von Abkommen oder internationalen Verträgen zwischen Regierungen herrscht, durch eine offene Kommunikation unserer Position zu ersetzen, als Mittel des Drucks in den Verhandlungen", hatte sie bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach 100 Tagen im Amt erklärt. Die Stiländerung der Aussenministerin entspricht gewiss nicht dem Führungsstil des Gesamtbundesrates. Die Aussenministerin scheint Alleingänge zu lieben. Zur Streitkultur des Bundesrates ________________________________________________________________________ Es könnten noch weiter Beispiele aufgeführt werden, die belegen, dass der heutige Bundesrat keine einheitliche Kommmunikationskultur hat. Meinungsverschiedenheiten wurden zu oft in der Oeffentlichkeit ausgetragen (Blocher - Couchepin oder Leuenberger - Blocher). Die Landesregierung scheint die Regeln des internen Streitens nicht zu kennen. Wir finden es übrigens auch nicht klug, wenn eine Ex- Bundesrätin gegen die heutige Exekutive öffentlich auftritt, so wie es Ruth Dreifuss derzeit im Abstimmungskampf demonstriert. Selbstverständlich dürfte sie dies als normale Bürgerin tun. Aber als EX- Bundesrat gegen den neuen Bundesrat die Klingen zu kreuzen ist gewiss ungeschickt. Fazit: Es fehlt an Spielregeln, die eine interne Streitkultur zulässt, aber keine Auseinandersetzung in der Oeffentlichkeit zulässt. Es fehlt bei der Landesregierung gleichsam eine Teamkommunikationskultur, die auch nach dem Rücktritt eines Bundesrates spielen sollte. Falls sich künftig ein Mitglied des Bundesrates wiederum nicht an die internen Spielregeln halten sollte, könnte den "Sündern" die gelbe und im Wiederholungsfall sogar die rote Karte gezückt werden.
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