KRIEG ODER BEWAFFNETER KONFLIKT? Wir stellen fest. Obschon seit Tagen im nahen Osten Krieg herrscht, sprechen Politiker von Auseinandersetzung oder von einem bewaffnenten Konflikt. Der Krieg ist aus der Sprache von Juristen scheint weitgehend verschwunden. Völkerrechtler reden inzwischen meist von «bewaffneten Konflikten». Vergangenheit sind auch jene Formalien, mit denen militärische Auseinandersetzungen dereinst begonnen wurden.
Nach den Worten des Dresdner Völkerrechtsprofessors Ulrich Fastenrath gab es seit dem Zweiten Weltkrieg keine einzige Kriegserklärung mehr, die nach früherem Verständnis am Anfang eines Krieges stehen musste.
«Von einem bewaffneten Konflikt spricht man dann, wenn sich zwei Staaten mit militärischen Mitteln bekämpfen», sagt Fastenrath.
Allerdings dürfen die Kriegsparteien bei ihren Angriffen auch zivile Opfer in Kauf nehmen - das Völkerrecht verbietet solche «Kollateralschäden» nicht generell. Zwar lautet der oberste Grundsatz, dass nur militärische Ziele angegriffen werden dürfen. «Wenn ein Staat jedoch seine Kasernen mitten in die Innenstadt baut, dann muss er auch mit Zivilopfern rechnen», meint Fastenrath.
Ein Krieg wird heute durch Einstellung der Kämpfe beendet, der Friedensvertrag ist nach Fastenraths Worten aus der Mode gekommen. Verstösse gegen das Kriegsvölkerrecht sind bisher meist ohne Folgen geblieben.
Fastenrath sprach auf eine entsprechende Frage hin im Zusammenhang mit dem aktuellen bewaffneten Konflikt zwischen Israel und Libanon von einem Krieg. «Das ist klar als Krieg zu bezeichnen im Libanon.» Nicht im Gaza-Streifen, da der kein eigener Staat sei. «Wenn Bomben abgeworfen werden, ist das klar eine militärische Auseinandersetzung, die unter den alten Begriff Kriegsrecht fällt.» Auch Terrorakte könnten ein Mittel der Kriegsführung sein, allerdings seien sie meist keine zwischenstaatliche Auseinandersetzung, sondern eine zwischen Gruppierungen. «Aber wenn Israel gegen das Territorium eines anderen Staates vorgeht, fällt das unter das Kriegsrecht nach alter Art und die entsprechenden Regelungen sind anwendbar.»
Pazifisten prägten vor Jahren den Slogan: Stell dir vor- es gibt Krieg- und keiner geht hin. Heute könnte man sagen: Stell dir vor - es herrscht Krieg - und keiner benennt ihn.
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