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Bewertungs-pranger-bringen-unternehmen-nichts
Feedbackkultur muss zu Verbesserungen führen.
Ein Kommentar von Marcus Knill,
nachdem auch die Postfinance beabsichtigt, ein umstrittenes
Mitarbeiter-Bewertungssystem einzuführen.
Postfinance lässt laut SRF Angestellte
durch Kollegen bewerten. Gewerkschaften warnen vor Mobbing. Bei diesem System
bestehe die Gefahr, dass unliebsame Kollegen abgestraft werden. Das Unternehmen
hingegen geht davon aus, dass mit Powercoins, Mitarbeiter durch
Instant-Feedbacks zusätzlich motiviert werden können.
Bei Beratungen habe ich immer wieder erkannt, dass kostenintensive Feedbackverfahren nicht viel bringen,sogar kontraproduktiv sind, wenn die Resultate der Beurteilungen an den Pranger
gestellt fühlen. Dieses angeblich transparente Verhalten blockiert oft die
gewünschten Verbesserungsprozesse. Bei Feedbacks gilt es, folgende wichtige,
bewährte Grundregeln zu beachten:
1. Feedbacks sind Nullnummern, wenn sie nicht
zu Verbesserungen führen. Der Aufwand muss sich lohnen.
2. Der Beurteilte wählt seinen „Hofnarren“, der ihm den Spiegel hinhält, selbst aus. Grund: Akzeptanz.
3. Die Rückmeldungen interner Feedbackgeber werden weder den Vorgesetzten
weitergeleitet, noch im Betrieb publiziert.
4. Externe Beurteilungen sollen vor allem dazu dienen, blinde Flecken bewusst zu machen, damit sie eliminiert werden können. Dazu benötigt es die Einsicht des Betroffenen.
5. Nur wer bereit ist,sich zu verbessern, verändert letztlich auch die Einstellung, Störfelder in der
Kommunikationslandschaft zu eliminieren.
6. Rückmeldungen sollen wahrgenommeneSituationen BESCHREIBEN und werten. Dies muss geübt werden.
7. Feedbackgespräche erfolgen unter vier Augen (Lob schriftlich, Kritik mündlich)
Roger Lötscher, Leiter Personal-Transformation bei Postfinance, vertritt die Meinung:
„Wir wollen, dass sich Leute exponieren, für ihre Meinung einstehen, vielleicht
Widerstände aushalten – auch gegen Hierarchiestufen. Wenn man Ideen durchsetzen
will, dann muss man sich exponieren.“
Postfinance betont zwar, die Bewertung sei freiwillig und kein Beurteilungsinstrument. Der Druck mitzumachen, ist jedoch für die Mitarbeitenden enorm gross. Denn, wenn jemand nicht teilnimmt, heisst
es, er sei dem digitalen Wandel nicht gewachsen.
Anastasia Sapegina,Arbeitspsychologin an der Universität St. Gallen, befasst sich seit Jahren mit
der Feedback-Kultur in Unternehmen. Sie schreibt:
„Personen, die introvertiert sind, die auch nicht gerne im Wettbewerb stehen, kann dieses System zu Stress führen und es kommt dazu, dass sie sich nicht als Teil des Teams, als Teil der
Organisation empfinden. Weil sie das Gefühl bekommen, dass sie von ihrer
Persönlichkeit her nicht dazu passen.“
Weshalb ist das neue System fragwürdig?
Wenn trotz der Freiwilligkeit und versprochener Vertraulichkeit der Name des
Beurteilers bekannt gemacht wird, besteht die Gefahr, dass man jenen
Mitarbeitern besonders viele wohlwollende Punkte gibt, die über das persönliche
Weiterkommen entscheiden. Ich habe an einer internen Weiterbildungsveranstaltung
(Thema Feedback optimieren) an einer Kantonsschule gesehen, dass die Mehrheit
der Lehrkräfte die Veröffentlichung der Beurteilungen strikte ablehnt. Diesen
Wunsch mussten wir an unserer Tagung berücksichtigen, weil niemand gerne an den
Pranger gestellt werden möchte. Dass die Bewertung in vielen Betrieben nicht
anonym erfolgt, ist offensichtlich. Denn: Wer fleissig Punkte sammelt, erhält
beispielsweise bei der Postfinance nicht nur Wertschätzung, sondern er kann
damit auch Gutscheine für E-Books oder Kaffee kaufen.
Fazit: Nach meiner langjährigen Erfahrung über die Verbesserung der Feedbackkultur, habe ich bei
allen Institutionen gesehen, dass Rückmeldungen nur dann etwas bringen, wenn die
Feedbackverfahren als Anteil eines Verbesserungsmangement gesehen und die
bewährten Erkenntnisse berücksichtigt werden.
AUS BLOG PERSOENLICH.COM
Bewertungs-Pranger bringen Unternehmen nichts 22.09.2020 Marcus Knill
22.09.2020 - Marcus Knill
Bewertungs-Pranger bringen Unternehmen nichts
Die PostFinance will ein neues Mitarbeiter-Bewertungssystem einführen. Das kann sogar kontraproduktiv sein.