Vom Wunderkind zum Egoman
«Maudet
galt jahrelang als das Wunderkind der Schweizer Politik, sein Weg in
den Stände- oder sogar Bundesrat war vorgezeichnet» , sagt Politologe
Mark Balsiger. Er habe aber offenbar schon seit geraumer Zeit den Boden
unter den Füssen verloren und halte sich für unantastbar.
«Maudet
fehlt es offensichtlich an Reflexionsvermögen in eigener Sache. Dieser
Fall beschädigt generell das Ansehen der Politik», findet Balsiger.
Denkbar ist ferner: Maudet das Persönlichkeitsprofil eiens Narzissten Er ist "Ich bezogen", ein Egomane.
Ich, ich und nochmals ich.
Er argumentiert wie ein Kind wenn er druchblicken lässt: "Andere lügen auch". Dies zeugt von mangelnder Selbstkritikfähigkeit. Seine Uneinsichtigkeit macht ihn blind für Fakten. Doch sein zu grosses Ego hat ihm möglicherweise zu seinem steilen Aufstieg verholfen.
Maudet steckt Vorwürfe weg
Pierre Maudet lässt Vorwürfe nicht auf sich sitzen. Zum Vorwurf,
er sei arrogant, habe den Boden unter den Füssen verloren, kontert er:
«Ich
möchte kämpfen und meine Energie in den Dienst von Genf stellen. Ich
will der FDP und dem Kanton Genf dienen. Das ist Entschlossenheit und
keine Arroganz.»
Maudet sagt, er sei nach der parteiinternen
Vertrauensabstimmung über die Spaltung betrübt. Die Partei habe jedoch
ihre "Fähigkeit zur Debatte" unter Beweis gestellt. Die kritischen Stimmen
nehme er ernst. Auf die Frage, ob es nicht einfacher wäre, einfach zurückzutreten?
«Ich war nie jemand, der den einfachen Weg gehen wollte.»
Ein
Politiker müsse vorbildlich sein. Vorbildlich zu sein bedeute jedoch
nicht, unfehlbar zu sein. Er denke auch an die zwölf guten Jahre, in
denen er sich für seine Stadt und seinen Kanton eingesetzt habe. Dies habe auch die Mehrheit der Genfer Partei nicht vergessen. «Ich möchte
deshalb das Vertrauen in meine Person wiederherstellen.»
Er habe
die Reise nach Abu Dhabi nur unternommen, um für die Interessen des
Kantons Genf einzustehen. Maudet sagt: «Es ging dabei nie um
privilegierte Behandlung oder um Gegenleistungen.» (Quelle Blick)
Trotz Lügenvorwurfs und Strafverfahren wehrte sich der Genfer Regierungsrat
Pierre Maudet (FDP) in Interviews mit der «SonntagsZeitung» und «Le
Matin Dimanche» gegen einen Rücktritt:
«Ich muss als
Politiker zwar vorbildlich, aber nicht unfehlbar sein.»
«Wer Demokratie und Rechtsstaat
ernst nimmt, tritt auch aus Respekt vor seinen Wählern nicht einfach
zurück, bevor ein Urteil vorliegt», sagte Maudet im Blick Interview Die Politik habe Leute nötig, die bereit und
fähig seien, harte Auseinandersetzungen zu führen.
Nach dem Motto: "Angriff ist die beste Verteidigung"
Maudet greift in den Interviews Parteipräsidentin Petra Gössi an, die seit
längerem seinen Rücktritt fordert.
Durch ihre Rücktrittsforderung ist
«der Eindruck entstanden, die Partei lasse ihre Gewählten bei den
ersten Schwierigkeiten gleich fallen». Die Partei solle ihre Politiker
stützen, bis eine allfällige Schuld erwiesen sei. Gössi habe vorschnell geurteil, bevor die FDP Basis ihn eindeutig gestützt habe.
Maudet greift auch die Staatanwälte an. Sie müssten ausgewechselt werden, weil sie das Amtsgeheimnis verletzt hätten.
Auf die Fehler (Abzug der Spenden an den Steuern usw.) geht er nie konkret ein.
Nach dem Muster: "Andere machen ja auch Fehler".
Maudet:
"Ein Politiker muss nicht unfehlbar sein. Fehler gilt es zu korrigieren."
Maudet gibt sich stets als Sieger - obwohl sein "Sieg" in Genf ein Sieg ohne Gewinner ist.
Seine Partei ist derzeit tief gespalten.
Die FDP musste zu viele Kräfte für den uneinsichtigen Politiker binden und darunter leiden die Alltagsgeschäfte.
Nun muss das Urteil der Strafuntersuchung abgewartet werden. Es kann bis März dauern,
bis ein Urteil vorliegt.
Maudet will die Geschichte aussitzen und lässt die Bevölkerung wissen, er habe noch viel zu tun.
"Lasst mich doch arbeiten."
Uneinsichtig und Schuldzuweisungen
Seine
Partei solle das Problem nicht noch grösser machen, indem sie sich
dauernd mit ihm und seinem Fall beschäftige, sagte der dreifache
Familienvater. «Wie gross wäre der Schaden, wenn ich in sechs Monaten
freigesprochen werde, und die Partei hätte mich zum Rücktritt
gezwungen?»
Maudet
kritisiert, dass man ihn nach zwölf Jahren in der Regierung jetzt bloss
an einer falschen Einschätzung und einer Lüge messe. «Ich habe gelogen,
und die Reise in die Emirate hätte ich nie annehmen sollen. Und
natürlich hat meine Glaubwürdigkeit gelitten. Aber ich habe meiner
Meinung nach nichts Strafbares gemacht.»
Ich zitiere SRF:
Rolin Wavre war der Architekt von Maudets Bundesratswahlkampf. Er
beschreibt Maudet als «politisches Monster». Er sei jemand, «der nur an
Politik denkt». Maudet sei ein Ausnahmetalent – ausser wenn es um ihn
selbst gehe, sagt Wavre: «Ich glaube, dass er seine Projekte viel besser
verteidigt hat, als sich selbst.»
Deutlich kritischer sieht
Pierre Ruetschi den FDP-Staatsrat. Ruetschi war Chefredaktor der
«Tribune de Genève», die die Affäre Maudet aufgedeckt hat. Er meint, der
Politiker habe verlernt, anderen zuzuhören: «Man sieht heute, Pierre
Maudet ist isoliert.» Er sei sich derart gewohnt, Recht zu haben, dass
er noch jetzt glaube, im Recht zu sein.
«Verschmelzung von Ego und Funktion»
Der
Politiker scheint gänzlich unbeeindruckt von jeder Kritik. Er stecke
noch in der Anfangsphase der Krise, so die Psychologin Ruth Enzler. Für
die Rundschau hat sie die Auftritte von Maudet analysiert. Ihr Fazit:
«Er denkt: Ich bin Genf. Und Genf wählt man nicht ab, das geht nicht.»
Enzler: «Das ist eine Verschmelzung von Ego, dem Ich und der Funktion.»
Wer Modet analysiert ist ein "Küchenpsychologe"
Eine Person in Maudets Position könne dies fast nicht mehr trennen.
Er wolle zeigen, «dass er doch Recht hat. Dass er doch verdient hat, an
dem Ort zu sein und weiterregieren zu dürfen.» Er habe, so die
Psychologin Enzler, den Menschen vermittelt: «Ihr seid toll – so toll
wie ich es bin.» Sein Antrieb sei: «immer alles unter Kontrolle zu
haben, immer Recht zu haben und Applaus zu bekommen».
Pierre
Maudet hat sein Leben ganz der Politik gewidmet. Mit 25 Jahren war er
Parteipräsident, mit 30 Jahren Stadtrat, mit 35 Jahren Staatsrat. Er
sagt, er arbeite täglich 15 Stunden, sieben Tage die Woche.
In der
Folge der Affäre um seine Reise nach Abu Dhabi entzog ihm die Regierung
Anfang Jahr fast alle Dossiers. Er selbst beteuert, dass er unschuldig
sei und dass das Ende der Strafermittlungen abgewartet werden soll.
Pierre
Maudet lehnt ein Interview mit der Rundschau ab. Die Einschätzungen der
Experten zu seiner Person bezeichnet er in einer schriftlichen
Stellungnahme als «Küchenpsychologie». Und weiter: «Diese extravaganten
Aussagen, ohne Bezug zur Wirklichkeit meiner Funktion, werde ich
bestimmt nicht kommentieren.»
FAZIT und KOMMENTAR:
Hätte Maudet bei der geschenkten Reise sofort die Wahrheit offen gelegt, verbunden mit einem glaubwürdigen Mea Culpa, wären vermutlich die möglichen
Steuertricksereien nie an die Öffentlichkeit gelangt,
und der Shootingstar der FDP hätte sich sogar noch
gute Chancen auf die Nachfolge von Ignazio Cassis als Bundesrat
ausrechnen können.
Eine Flucht nach vorne ist zwar ungemütlich, aber kann sich lohnen. Ich verweise auf den Fall Christophe Darbellay im Jahre 2016, als der Ex-CVP-Präsident und
Familienpolitiker zugegeben hat, dass er ein unehliches Kind habe. Trotz der schlagzeilenträchtigen Beichte wurde Darbellay ein halbes Jahr später problemlos in den Walliser Staatsrat gewählt.
Kommen jedoch laufend neue Elemente ans Licht, die das Vertrauen eines Politikers
untergraben, sind die Folgen für alle Beteiligten
schädlich. Bei Maudet wird die FDP in Geiselhaft genommen. Die Partei kann sich der Geschichte nicht mehr so rasch entledigen. Ihr
Image sowie die innere Kohäsion ist langfristig beschädigt. Politische
Alltagsgeschäfte der Partei werden blockiert.
Ein erfahrener Ex- Politiker verriet mir folgende drei politische Regeln, die es zu befolgen gälte. Aus meiner Sicht fragwürdige Regeln. Doch haben sie ihm angeblich Erfolg gebracht:
Politische Regel Nr. 1:
Man darf alles tun und nehmen, man darf sich aber nicht erwischen lassen.
Politische Regel Nr. 2:
Wird man dummerweise doch erwischt, bereut man höchst aufrichtig und beteuert, möglichen Schaden wieder gut zu machen.
Politische Regel Nr. 3:
Man geht möglichst schnell zum Alltag über und hofft, dass bald eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird.