Zur Medienrhetorik der Parteipräsidenten
Wirkung ist ausschlaggebend
Fünf Monate vor den Wahlen machte der Sonntagblick einen Check mit einer Rangliste von unseren sieben Parteipräsidenten.
Politexperten und Redaktoren beurteilten die Politiker nach ihrer Arbeit und nach ihrer aktuellen Akzeptanz,
auch die Kommunikationsfähigkeit wurde angesprochen.
Die Urteile sind nachvollziehbar und ich teile die Meinung der Experten weitgehend.
Das Ranking hat mich animiert, die Parteipräsidenten nur hinsichtlich Wirkung ihrer Medienauftritte zu analysieren. Ich verzichte bei meinen Beobachtungen jedoch auf eine Rangliste:
MARTIN BAEUMLE (GLP), der "Maschinengewehrsprecher"
Mit dem Politologen Georg Lutz gehe ich einig: "Er ist stets umtriebig und wirblig".
Ich habe ihn im Fernsehstudio beobachten können und gesehen, wie schnell Bäumle im Studio mit seinem Laptop Interview auf Interview meisterte und Antworten rasch auf den Punkt bringen konnte. Trotz des Schnellsprechens wird er inhaltlich recht gut verstanden. Er benimmt sich mediengerecht und versteht den Umgang mit Journalisten.
In Diskussionen und im Sonntalk (TeleZüri) wirkt er aufgedreht. Er agiert unermüdlich. Mark Balsiger beschreibt die Wirkung dieses Politikers treffend: "In Debatten knattert er wie ein Rasenmäher".
REGULA RYTZ (GRUENE), die "Wirkungslose"
In der Medienrhetorik ist die Wirkung auf das Publikum ausschlaggebend.
Diese fehlende Nachhaltigkeit kann nicht nur dem zunehmendem Desinteresse an grünen Anliegen zugeschrieben werden. Es gelingt Regula Rytz nicht, so zu kommunizieren, dass ihre Argumentation zündet.
Vielleicht mangelt es bei ihr am inneren Feuer, am Feu sacré.
TONI BRUNNER (SVP), der "Schlaumeier"
Heute tritt er weniger ins Rampenlicht, doch ist Toni Brunner medienerfahren und wusste sich in Debatten immer recht gut zu schlagen - selbst bei Giacobbo/Müller.
Er versteht es, sich den Adressaten anzupassen und wird gut verstanden.
Der ehemalige "Sünneli-Typ" wirkt nicht mehr ganz so frisch, doch ist ihm der Humor noch immer nicht abhanden gekommen.
Er holt sich nach wie vor viele Sympathiepunkte, selbst wenn er spitz kontert.
Ich meine nicht, dass Brunner politmüde ist. Er ist aber möglicherweise so schlau, dass er die Partei
personell erneuern will und sich deshalb vor Mikrofon und Kamera bewusst zurück hält.
MARTIN LANDOLT (BDP), der "Sympathische"
Zwar steht er einer schwächelnden Partei vor, doch können sich seine Medienauftritte sehen lassen. Er holt sich Sympathiepunkte beim Publikum.
Bei Giacobbo/Müller hatte er sich sogar aussergewöhnlich gut geschlagen.
Er wirkt natürlich und gewitzt und spricht stets ruhig und überlegt, er ist kein Showman.
Trotz dieser positiven Punkte verpufft seine Wirkung, wie die bei Regula Rytz, die auch grundsolide kommuniziert. Ich vermute, dass ihn "seine" BDP Bundesrätin stark belastet und bremst.
PHILIPP MUELLER (FDP), der "schneller spricht, als denkt"
Als FDP Präsident und engagierter Kämpfer ist er auffallend medienpräsent.
Er brachte es fertig, den Abstieg der FDP zu stoppen. In meiner Analyse im PERSOENLICH
schrieb ich damals:
"Er beherrscht das Spiel der Medien und erkennt gut, wann eine "gepfefferte Aussage" etwas bringt (Provokation)."
Kritiker, die Müller als Gipsermeister und Schaumschläger demontieren wollten, wurden eines Besseren belehrt. Unter Philipp Müller positionierte sich die FDP eindeutiger, als unter der Führung des "Eiertänzers" Pelli. Doch muss der neue FDP Präsident aufpassen, dass er nicht schneller denkt, als spricht. Das war bei einer Parteiversammlung in Thayngen der Fall, als er eine peinliche Aussage nachträglich abstreiten wollte.
Aber auch im Fall Markwalder wählte er - nach seiner eindeutigen Aussage im Radio - den Krebsgang.
In solchen heiklen Situation zeigt sich, dass er ein cleverer Kommunikator ist.
Nach dem Markwalder Rückzieher ging er mit einem ungewöhlichen Vorstoss in die Offensive, lanciert er die Idee mit einer neuen Zuwanderungsinitiative und verstand es, das Interesse der Medien von seinem vorschnellen Urteil über Christa Markwalder abzulenken.
CHRISTIAN LEVRAT (SP), der "Jagdhund"
Er ist eine engagierte Kämpfernatur und kommuniziert strategisch geschickt.
An ihm perlt Kritik ab. Wie ein Jagdhund, der sich während des Jagens nicht stören lässt, konzentriert er sich immer wieder auf sein Ziel. Seinen Auftritten mangelt es nie an Emotionalität.
Auch bei ihm bin ich mit Mark Balsiger einverstanden, der treffend formuliert hatte:
"Sein Alarmismus hat sich abgenutzt."
So wie der FDP Präsident seine Partei neu ausrichten konnte, verstand es Levrat, jeden Auftritt für seine Ideologie zu nutzen. Die neue, deutlicher links ausgerichtete Partei erhielt unter Levrat ein markanteres Profil.
Bei seinem Parteiprogramm muss er mit weiterer Kritik rechnen. Aber auch diese Kritik wird an Levras Teflonschicht wohl abperlen.
CHRISTOPH DARBELLEY (CVP), die Schachfigur "Springer"
Je stärker der Widerstand, desto hartnäckiger argumentiert der CVP Präsident.
Auf seiner Fahne könnte die Galionsfigur Doris Leuthard leuchten, die Partei liesse sich mit ihr gut vermarkten.
Dies macht er leider zu wenig.
Darbelleys Auftritte werden wohl den Abwärtstrend der Partei kaum noch stoppen können.
Als "Springer" Politiker fehlt beim Parteipräsident die Gradlinigkeit.
Er ist fähig, einmal links, einmal mehr rechts zu springen,
und er springt und springt.
Bei der Abwahl Blochers hatte er als Strippenzieher Erfolg,
doch belasten ihn zu viele Flops der Partei. Wenn Darbelley spricht, ist davon nichts zu spüren. Es sieht sich unbeirrt als "Fels der MITTE" im Hickhack zwischen links und rechts.
Seine Selbstwahrnehmung stimmt aber mit den Fakten der Partei nicht überein.
Er bleibt ein "Springer".
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