Samstag, 6. Juni 2015

Grüne und SP sind sich meist einig - aber für einmal nicht



Grüne gegen SP




Bildergebnis für Grün und rot





Meist herrscht Frieden und Einigkeit unter den linken Parlamentariern. Weit öfters als die Vertreter der Rechten stimmen SP und Grüne identisch ab. Ein Artikel in der «Wochenzeitung» (WOZ) offenbart nun aber, dass sich in der Frage der Beschaffung von Transportflugzeugen für die Schweizer Armee ein tiefer Graben einerseits zwischen Grünen und Sozialdemokraten öffnet, andererseits wohl auch zwischen moderaten und linken Kräften innerhalb der SP. Eine solche Bresche in die SP-Fraktion zu schlagen, scheint mindestens das Kalkül der Grünen zu sein.
Der WOZ-Artikel liest sich wie eine Krimi: Seit Jahren schon schaffe das Staatssekretariat für Migration (SEM) abgewiesene Asylsuchende und straffällige Ausländer mit einem Transportflugzeug der Armee aus. Gesetzeswidrig sei dabei nicht immer ein Vertreter der Antifolterkommission NKVF anwesend, die üblicherweise solche Flüge begleitet. Ein Skandal sei es, dass diese «fragwürdige Praxis nun scheibchenweise bekannt» werde.

Von Enthüllung kann keine Rede sein


Sofort nach der Veröffentlichung des Artikels beginnt das Trommelfeuer der Grünen: Der Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli pusht die Geschichte auf Twitter. Kurz darauf verschickt der Zuger Alt-Nationalrat Jo Lang eine Medienmitteilung. Beide äussern sich mit Bezug auf die «Enthüllung» der WOZ gegen den Kauf der Transportflieger. Aufmerksamkeit erregen wollen sie damit wohl vor allem bei den Sozialdemokraten, die den Kauf der Flieger zum Teil offensiv fordern. Gesetzeswidrige Ausschaffungen mit Beteiligung von Soldaten – das passt schlecht ins Weltbild der SP.

Nur, die Darstellung der WOZ ist teilweise falsch. Und dort, wo die Fakten stimmen, sind sie arg aus dem Zusammenhang gerissen. Von einer «Enthüllung» kann gar nicht erst die Rede sein.
Erstens werden die Ausschaffungen per Armeeflieger nicht erst scheibchenweise bekannt, sondern wurden im Parlament 2010 bereits detailliert geschildert. Seit 2006 besteht eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem SEM und dem Verteidigungsdepartement VBS. Zweitens handelt es sich beim verwendeten Flieger des Typs Beech 1900D nicht um ein Transportflugzeug. Es ähnelt mit seinen 18 Sitzen eher einem Privatjet, ist allerdings mit Propellern betrieben.
Drittens wehrt sich NKVF-Sekretärin Sandra Imhof gegen die Darstellung. «Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die vorschreibt, dass die NKVF jeden einzelnen Flug begleiten muss. Dennoch tut die Kommission dies im Regelfall.» Treffe man auf Missstände, würden diese dem SEM gemeldet und im Jahresbericht transparent gemacht. 2014 waren vier Flüge geplant, zweimal war die NKVF dabei, einmal fiel der Begleiter kurzfristig aus, ein Flug wurde abgesagt. Nicht entscheidend ist für Imhof, ob es sich beim Flugzeug um ein solches der Armee oder eines privaten Anbieters handle. «Der Wegweisungsvollzug entspricht in beiden Fällen der üblichen Handhabung.»

Nichts mehr als eine Nebelpetarde

Der WOZ-Artikel wäre keinen Nachzug wert, wenn sich darin nicht offenbaren würde, mit welch harten Bandagen die Linke zuweilen Streitigkeiten austrägt. Schon länger sind sich die Parteien ob des Einsatzes der Armee im Ausland uneinig. Soll sich die Linke, welche die Abschaffung der Armee fordert, für humanitäre Einsätze der Armee im Ausland aussprechen? Oder würde sie damit nicht die Legitimität der Streitkräfte bekräftigen und damit die eigene Abschaffungsthese ad absurdum führen?
Erstmals stellte sich diese Frage derart zugespitzt in der Abstimmung über bewaffnete Auslandeinsätze der Armee im Jahr 2001. Bei den Grünen setzte sich damals unter der Führung von Jo Lang der Flügel der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) durch, der den Abschaffungsgrundsatz stärker gewichtete. In der SP hingegen obsiegten die Pragmatiker. Wenn sich die Schweiz schon – oder noch – eine Armee leistet, soll sie wenigstens sinnvolle humanitäre Einsatz durchführen können.
Für die Zürcher SP-Nationalrätin Chantal Galladé ist klar, dass die Grünen mittels der WOZ-Geschichte Druck auf die Sozialdemokraten ausüben wollen. «Indem die Transportflugzeuge generell mit Ausschaffungen in Verbindung gebracht werden, erhalten sie unverdienterweise einen schlechten Ruf.» Galladé spricht von einer Nebelpetarde. Wie ihre Parteikollegin und Ständerätin Géraldine Savary ist sie der Ansicht, «dass die Luftwaffe Transportflugzeuge benötigt, um den Beitrag zur Erhaltung des Friedens leisten zu können, den die Verfassung der Armee vorschreibt». So begründete Savary 2014 eine Motion, die just den Kauf von solchen Flugzeugen fordert. Die WOZ betont denn auch, dass das Begehren nach neuen Fliegern auf die SP zurückgehe.

SP für Mehrheit entscheidend

Galladé ist wichtig zu betonen, dass «es keine Rolle spielt, ob eine Ausschaffung mit einem Transportflieger oder einer Beech 1900D durchgeführt wird». Das Prozedere sei dasselbe. «Wer grundsätzlich dagegen ist, dass die Schweiz Ausländer gegen ihren Willen ausschafft, muss dies bei anderer Gelegenheit als bei der sinnvollen Beschaffung von Transportflugzeugen bekämpfen.» Gut möglich ist, dass die Armee im Fall eines Kaufs tatsächlich mit den neuen Fliegern Ausschaffungen durchführt. Das SEM jedenfalls bestätigt, dass es im Hinblick auf das Geschäft konsultiert wurde. «Das Justizdepartement EJPD wurde vom VBS eingeladen, allfällige Bedürfnisse zu formulieren», bestätigt Sprecher Martin Reichlin.
Ob die Schweiz tatsächlich Transportflugzeuge kaufen wird, dürfte stark von der Positionierung der Mehrheit der SP abhängen. SVP und Grüne lehnen das Geschäft klar ab. Gewinnen sie einen grossen Teil der SP für ein Nein, scheitert der Kauf an einer unheiligen Allianz.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnet)

Kommentar: Wer die politische Landschaft  betrachtet, stellt immer wieder fest, dass auf der linken Seite viel mehr
Zusammenhalt besteht. Koalitionen sind dort die Norm.
Gemeinsame Bündnisse machen bekanntlich stark, gemäss der Teamformel: 1+1=3
Die bürgerlichen Parteien haben hingegen grosse Mühe, zusammen ein Ziel zu verfolgen.
Das werden wir bei den nächsten Parlamentswahlen einmal mehr mit erleben können.
Die aktuelle Auseinandersetzung GRUEN-ROT ist eine Ausnahme, welche nur die erwähnte Regel bestätigt.

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