Steinbrück als redegewandter Taktiker
Frank A. Meyer erstmals als "leiser" Gesprächspartner
Peitschen Peer nutzte die Chance des gestrigen Fernsehauftrittes - als habe er sich von einem Profi beraten lassen - als habe er das Gefühl gehabt, dass sein Auftritt am Schweizer Fernsehen sei für ihn wichtig und entscheidend. Tatsächlich war es für ihn vor den Wahlen überlebenswichtig - im Nachbarland vor den Wahlen - die gereizte Stimmung in der Schweiz zu entgiften. Inhaltlich wich zwar der Finanzminster nicht von seiner harten Haltung ab. Die Schweiz muss sich rasch anpassen. Warten liegt nicht drin. Volksentscheide hin oder her. Doch überraschte in der Sendung Vis à Vis nicht nur die Person Steinbrück, der sich als kluger Schachspieler und normaler Mensch darstellen konnte. Vor allem überraschte mich der Interviewer Frank A. Meyer. Er war für mich ein völlig neuer Frank A. Meyer. Am Anfang kaum mehr zu erkennen. Erstaunlicherweise gab er sich für einmal nicht als Hochdrucktyp, laut und dominierend wie sonst. Er nahm sich erstmals in ungewohnter Weise erstaunlich stark zurück. Er fragte in angenehmem Kammerton - ohne hochrotem Kopf - ohne die üblichen Frageketten und ohne die sonstige penetrante Selbstdarstellung. So - als sei selbst der Profi Journalist als Moderator vorgängig über die Bücher gegangen oder habe jemanden gefunden, der ihm offen beigebracht hatte, als moderater Gesprächspartner nicht ständig beweisen zu müssen, wie viel er weiss . Frank A. Meyer - der ehrgeizige Parteikollege von Steinbrück - war sicherlich stolz, dass es ihm als erster gelang, dem Finanzminister eine wichtige Plattform anzubieten. Gestern hakte Meyer mit den Fragen viel härter nach als im schriftlichen Interview vom letzten Sonntagsblick. Erst im zweiten Teil fiel dann Frank A. Meyer gleichsam in eine Ehrfurchtstarre vor dem deutschen Finanzminister. Die zahlreichen Frage-findungsstörungen, Aussetzer, auch die sonderbare Satzbrüche fielen in der zweiten Hälfte auf. Sogar ein wichtiges Dokument konnte Meyer dann in den Unterlagen nicht mehr finden. War es Angst oder nur Respekt? Jedenfalls wirkte er unkonzentriert. Fogendes nonverbale Verhalten signalisierte mir, dass Frank A. Meyer unter Druck stand: Er wagte es im Mittelteil nur selten - während der Formulierungsprozesse der Fragen - dem prominenten Gegenüber in die Augen zu schauen. Der Blick suchte die Gedanken im unteren Teil des Raumes Dennoch fand ich das Gespräch bei Frank A. Meyer viel dialogischer als sonst.
Ich zitiere Tagi online:
Charmeoffensive im Schweizer Fernsehen: Steinbrück kann auch ganz anders
Im Gespräch mit Publizist Frank A. Meyer zeigt sich der deutsche Finanzminister ungewohnt selbstkritisch: Für seine teilweise rüde Wortwahl bitte er um Nachsicht. Die Wirkung der Worte habe er nicht vorhergesehen.
Letzten Herbst schwang er die Peitsche gegen die Schweiz, vor einigen Wochen vergaloppierte er sich, als er die Schweiz mit Indianern verglich. Mit seinen verbalen Attacken gegen das Land hat sich der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hierzulande den Zorn auf sich gezogen. In seinem grimmigen Gesicht, die Mundwinkel oft weit nach unten gezogen, sahen manche Schweizer die personifizierte Fratze des hässlichen Deutschen.
Doch der Hamburger SPD-Spitzenpolitiker kann auch ganz anders. In der SF-Sendung «Vis-à-Vis», die heute Abend um 22.50 Uhr auf SF ausgestrahlt wird, zeigt sich der Norddeutsche für einmal nicht als Grossmaul ohne Manieren, sondern als ein Politiker, der sein eigenes Tun reflektiert – und den die harschen Reaktionen in der Schweiz nicht kalt lassen. Im Gespräch mit Publizist Frank A. Meyer räumt er ein, dass er sich in der Steuerdebatte der vergangenen Monate womöglich durchaus das eine oder andere Mal im Ton vergriffen habe.
«Gering ausgebildete Sensibilität»
Dass seine Wortwahl in der Schweiz eine solche Wirkung entfalten würde, habe er sich nicht vorstellen können. «Das mag auch an meiner etwas zu gering ausgebildeten Sensibilität liegen», so Steinbrück selbstkritisch und bittet im Interview um Nachsicht. Dies gelte jedoch nur in der Form, nicht aber in der Sache: Was die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug betrifft, zeigt sich Steinbrück auch im Schweizer Fernsehen so kompromisslos wie immer. «Ich werde dieses Brett weiter bohren – auch wenn das einige in der Schweiz nicht freuen wird», so Steinbrück.
Von der Schweiz erwartet der deutsche Säckelmeister, dass sie das Doppelbesteuerungsabkommen zügig an die OECD-Standards anpasst. «Ich bin nicht bereit, drei oder vier Jahre zu warten», so Steinbrück. Er gehe auch davon aus, dass die Schweiz an der nächsten OECD-Tagung in Berlin teilnimmt. Dass die Eidgenossenschaft nicht eingeladen sei, wie dies kolportiert wurde, entspreche nicht den Fakten.
Nazi-Vergleich bringen Steinbrück ins Sinnieren
Die Empörungswelle in der Schweiz hat den SPD-Politiker in den letzten Wochen ins Grübeln gebracht.«Wie ist es möglich, dass mir, Jahrgang 1947, im Jahr 2009 Briefe und E-Mails gesendet werden […], in denen ich als SS-Scherge oder Nazi-Schwein bezeichnet werde?» Diese Auseinandersetzung gebe nicht nur Hinweise darauf, dass er über sich selber nachdenken müsse. Auch in der Schweiz hätten einige Veranlassung, über sich selber nachzudenken. Im Übrigen könne er sich selber sehr gut in die Befindlichkeiten eines kleinen Landes hineindenken: «Ich bin nicht nur Deutscher, ein Teil meiner Familie ist dänisch.»
Keine Vorurteile gegen die Schweiz
Steinbrück lässt im über einstündigen Interview kaum eine Gelegenheit aus, um ein positives Bild der Schweiz zu zeichnen: Sie sei ein «von der Geschichte sehr glücklich behandeltes, prosperierendes und tüchtiges Land […] mit einer äusserst positiven Entwicklung». Er selber habe kein einziges Vorurteil gegen die Schweiz, und er versuche auch kein solches zu entwickeln.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
Fazit: Wir sind mit Steinbrück einig, dass leider zu oft um den Brei herum geredet wird und Bilder und Anlogien mehr bewirken als allgemeines vages Formulieren. Wer jedoch offen und eindeutig formulieren will, muss Bilder wählen, die nicht missverständlich sind. Offenheit hat nichts zu tun mit Taktlosigkeit. Steinbrück hat sich zu wenig mit dem Harvard Prinzip auseinander gesetzt.
Lohnende Lektüre für Steinbrück:
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- Frank A. Meyer scheint diesen Beitrag gelesen zu haben:
9. Juni 2001 ... Aber mit den einzelnen Menschen freundlich bleiben ( Harvard Prinzip). Warten können, unter Umständen auch rasch intervenieren (flexibel ...
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Leserechos im BLICK (Frank A Meyer wurde recht hart kritisiert):
Kommentar: Die kritischen Echos des Publikums bestätigen mir, dass Frank A. Meyer andere Absichten hatte, als den umstrittenen Finanzminister hart zu befragen.
STEINBRUECK LEGT NACH
Spitze Zunge
Peer Steinbrück legt eine Schippe nach: Der deutsche Finanzminister hat im Streit über Steuerhinterziehung die Schweiz auf eine Stufe mit Ouagadougou gestellt, der Hauptstadt von Burkina Faso