Freitag, 30. Januar 2009

Eklat am WEF

Blick online:

Am WEF in Davos sind bei einer Podiumsveranstaltung über den Gazastreifen heute die Emotionen übergekocht.

Erdogan (links) tobt - Peres hört zu. (AP)

Für den Otto Normalverbraucher sind die Diskussionsforen am WEF meist öde Kost. Aber gestern war alles anders. Zum brisanten Thema «Gibt es eine Lösung für den Nahen Osten?» zofften sich der türkische Ministerpräsident Recep Erdogan und der israelische Präsident Shimon Peres. Als Schiedsrichter versuchte WEF-Gründer Klaus Schwab die Wogen zu glätten.

Als Erdogan auf die Rede von Peres antworten wollte, unterbrach ihn der Moderator – und verwies auf knurrende Mägen und das Abendessen. Erdogan konnte nicht mehr sagen, was er sagen wollte. Er verliess die Versammlung wutentbrannt.

Kommentar:

Moderieren heisst: Alle angemessen zu Worte kommen lassen. Wenn Erdogan tatsächlich nicht mehr das Recht hatte, die Gedanken Peres zu erwidern und ihm das Wort abgeschnitten wurde, ist es verständlich und sogar richtig, dass sich der türkische Ministerpräsident gewehrt hat. Dem Moderator gehört im Grunde genommen die rote Karte.

Hitzige Diskussion: Recep Tayyip Erdogan kritisiert Israel.

Hitzige Diskussion: Recep Tayyip Erdogan kritisiert Israel. (Bild: Keystone)

Abrupter Abgang: Der türkische Ministerpräsident will nicht mehr diskutieren.

Abrupter Abgang: Der türkische Ministerpräsident will nicht mehr diskutieren. (Bild: Keystone)

Versuch, die Wogen zu glätten: WEF-Gründer Klaus Schwab und Recep Tayyip Erdogan.

Versuch, die Wogen zu glätten: WEF-Gründer Klaus Schwab und Recep Tayyip Erdogan. (Bild: Keystone)

Tagesanzeiger News wollte von mir eine Stellungnahme über das Image des UBS

Die Prügelknaben der Nation – wie die UBS zur Bad Bank wurde

Die grösste Bank im Land kann melden, was sie will: Sie erntet Protest, sie weckt Wut. Denn in der Krise rächt es sich, dass die UBS in der Schweiz ein Fremdkörper geblieben ist.

1/7 Das Gesicht des Bonus-Empfängers: UBS-Präsident Marcel Ospel diente ab Frühjahr 2002 auch als Symbolfigur aller Abzockerdebatten in der Schweiz. Bild: KEYSTONE/AP

So nicht! Seit bekannt wurde, dass die UBS ihren Angestellten gegen 2 Milliarden Franken an Boni auszahlen will, hagelt es Proteste. In den Leserbriefspalten und Online-Foren wird die UBS bis heute mit Vorwürfen zugedeckt, und zwar in einem Ausmass, das sich kaum noch sachlich erklären lässt. Arroganz, Abzockerei, kein Anstand: Die klare Mehrheit der Menschen äussert eine klare Meinung – so nicht, UBS!

Ein Kommunikationsunfall? Eine Imagedelle? Das Problem liegt offenbar tiefer: Die UBS ist zum Symbol verkommen für alles, was die aktuelle Krise ausmacht. Einer der grössten und wichtigsten Arbeitgeber im Land hat hier fast keinen Rückhalt mehr.

Nachdem der Bund die UBS im Notverfahren retten musste, zeigten diverse Umfragen, dass kaum eine Mehrheit der Bevölkerung dies unterstützen würde. Andere Erhebungen besagten, dass Herr und Frau Schweizer die Grossbank als «eher wenig» oder «überhaupt nicht vertrauenswürdig» erachten. Und die Markenstudie des Werbekonzerns Advico Young & Rubicam stellte fest, dass das Vertrauen in den Brand UBS innert eines Jahres um 66 Prozent abgesackt war.

Weitere Beispiele liessen sich anfügen, sie alle besagen eines: Die UBS ist – freundlich formuliert – unbeliebt. «Die Vertrauenswürdigkeit der Bank ist stark beschädigt», sagt der Kommunikationsexperte Marcus Knill, «und verlorenes Vertrauen kann leider selten neu erworben werden.»

http://www.rhetorik.ch/Schlagfertig/marcus_knill_vortragend.jpg

Natürlich könnte man dies vor allem mit Kommunikationsfehlern erklären. In der ersten Phase der Finanzkrise – bis Herbst 2008 – gestand die Bank ihre Probleme allenfalls im Salamiverfahren ein, Fehler wurden bagatellisiert. In einer zweiten Phase – nach dem Rettungspaket aus Bern – setzten UBS-Präsident Peter Kurer und Konzernchef Marcel Rohner auf eine neue Bescheidenheit. Wobei sie es grundsätzlich vorzogen, sich möglichst rar zu machen. So blieb die Grossbank auch jetzt in der Bonus-Debatte auf Tauchstation, kein Versuch zur Versachlichung. Peter Kurer kritisierte zwar schon am Montag die Lohnexzesse seiner Branche, nur: Er tat dies an einer Konferenz in Riad (Saudiarabien). Die Schweizer Öffentlichkeit erfuhr nichts davon.

Die UBS hat ein Imageproblem (Robert Studer, 1997)

«Das Klima zwischen der UBS und den Schweizer Medien ist auf einem Tiefpunkt», bemerkt Knill. Und in diesem Punkt spiegelt sich ein grösseres Dilemma: Die Bank will sich jetzt wieder stärker auf den Heimmarkt stützen, doch hier war sie noch nie besonders tief verankert.

«Die UBS hat ein Imageproblem»: Dieser Satz ist älter als die UBS selber – beispielsweise äusserte ihn Robert Studer mehrfach im Jahr 1997. Die Bankgesellschaft hatte sich da gerade in Union Bank of Switzerland umgetauft, der Streit um Nazigeld und Judengold brachte sie unter internationalen Druck, und Verwaltungsratspräsident Studer wurde im Fall Meili vorgeworfen, arrogant geworden zu sein.

Nachdem die Fusion von SBG und SBV durchgepaukt worden war, setzten die erwähnten Imageprobleme erst richtig ein: Schon im ersten Jahr 1998 verlor die Fusionsbank eine Milliarde Franken im amerikanischen Spekulationsfonds LTCM; ihr Präsident, der kernige Bündner Mathis Cabiavalletta, musste gleich wieder sein Pult räumen.

Stationen einer Entfremdung

1999 folgte die Schliessung von 150 Filialen im ganzen Land, und auch danach erreichte die Entfremdung zwischen der Bank und der Heimat fast jährlich neue Stufen; einige Anlässe:

Im Jahr 2000 übernahm die UBS die Wallstreet-Grossbank PaineWebber mit 8000 Angestellten, womit sie nebenbei unterstrich, wie unwichtig ihr das Kleinkunden- und KMU-Geschäft zwischen Mettmenstetten und Minusio geworden war. Der Deal brachte einen massiven Schub an amerikanischer Bonus-Kultur in die Schweizer Bank, und vor allem kippte jetzt ein wichtiges Verhältnis: Bloss noch 40 Prozent des UBS-Personals arbeitete danach in der Schweiz.

Den ausgeschriebene Namen «United Bank of Switzerland» hatte die UBS da ohnehin schon ganz unterdrückt: Im globalen Selbstverständnis war Switzerland vernachlässigbar geworden.

Im Herbst 2001 erschien die UBS dann zum ersten Mal als Hassobjekt auf Demonstrationen: Das war nach dem Grounding der Swissair – ein Desaster, für das die Öffentlichkeit stark die UBS verantwortlich machte. UBS wurde zur Bank, welche der Nationalfluggesellschaft den Stecker rausgezogen hatte.

Im Frühjahr 2002 legte UBS-Präsident Marcel Ospel als erster Grosskonzern-Chef sein Gehalt offen. Es kam zum Aufschrei: 12.5 Millionen Franken! – die Summe lag damals noch jenseits aller Erwartungen. Ab diesem Zeitpunkt galt Marcel Ospel landauf, landab als Prototyp eines globalisierten Managers, dem es an Bezug zum Normalverdiener zu fehlen schien. Abzocker gleich Ospel: Diese Formel verfolgte den UBS-Chef bis zu seinem Rücktritt. Und mit ihm die UBS.

In den Jahren danach konnte sich die Bank zwar auch wieder allerhand Goodwill verschaffen. Dabei halfen die Sponsorengelder für Alinghi, und vor allem: Zwischen 2003 und 2007 präsentierte die Bank faszinierende Milliardengewinne. Das trug ihr vielleicht nicht gerade Liebe ein, aber wenigstens Respekt. Noch 2007 bekam die UBS in der erwähnten Advico-Markenstudie leicht bessere Vertrauenswerte als Paradeplatz-Rivale Credit Suisse.

Doch mit der Finanzkrise und den 40-Milliarden-Abschreibern schmolz diese Anerkennung im Nu. Denn nun musste die Bank umso mehr als amerikanisierter Grosskonzern wahrgenommen werden: Nicht sehr schweizerisch, aber ein Klumpenrisiko für die ganze Schweiz. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)

NACHTRAG Tagi-online:

Merz verteidigt UBS-Boni

Bundespräsident Hans-Rudolf Merz schildert die Lage der UBS vorsichtig zuversichtlich.

Kommentar: Diese Zuversicht die Hans-Rudolf Merz verkündet und seineVerteidigung der variablen Lohnanteile wundern mich nicht. Hat doch Bundespräsident Merz ein schlechtes Gewissen, weil er sich von der UBS über den Tisch ziehen liess und es der Bundesrat verpasst hatte, Bedingungen an die Finanzspritze zu knüpfen. Es trifft nicht zu, dass die ganze Summe der Boni vertraglich gebunden sind. Diese Falschsinformation des Bundesrates konnte bereits entlarvt werden. Bundespräsident Merz sollte nicht den ehemaligen Verteidigungsminister copieren, der Fehler ständig schönredete und nie Fehler zugeben konnte. Schade! Hat doch Bundesrat Merz seinen Job sonst recht gut gemacht. Weshalb spricht übrigens niemand von MALUS. Ein sogenannt "variabler Lohn" müsste auch die Variation nach unten kennen. Die UBS kennt aber nur eine Variable - den Bonus (nach oben), der laut Bundesrat dank einer Wortkosmetik nicht mehr Bonus heissen darf , sondern nebenbei zur variablen Lohnkomponente umgetauft wurde.

Auch der Präsident der Finanzkommission spricht Klartext und geisselt die UBS

Nachtrag Blick:

«Vollkommen ungenügend» sei die Kommunikation nach dem Bekanntwerden der Milliardenboni der UBS, kritisierte die Kommission. Die Finanzmarktaufsicht (Finma), welche die Bezüge genehmigte, hätte viel schneller und offener reagieren müssen.

Im Ganzen geht es um eine Summe von 2 Milliarden Franken. Nur 1,3 Milliarden aber sind per Arbeitsvertrag abgedeckt. Doch mit den «hohen vertraglich nicht zugesicherten Boni» in der Höhe von geschätzten 700 Millionen Franken kann die Kommission nichts anfangen. Diese seien angesichts der UBS-Verluste nicht gerechtfertigt.

Auch die Kommunikation der Grossbank UBS selbst sei «absolut ungenügend» gewesen.

Der Bundesrat schliesslich habe mit seinen Äusserungen vom 28. Januar «nichts zur Klärung der Fakten beigetragen, sondern die Verwirrung eher noch vergrössert». Bei aller Kritik, Konsequenzen wollte die Kommission dann doch nicht ziehen: Sie lehnte einen Antrag ab, der den Bundesrat beauftragen wollte, der UBS einen Bonusverzicht nahezulegen. (

Spricht Klartext in der Boni-Frage: Fabio-Abate (FDP), Präsident der Finanzkommission des Nationalrats. (Keystone)

Ich frage mich: Weshalb will man keine Konsequenzen ziehen?

Nachtrag Tagi 31-1-09:

Arroganz der UBS ohne Ende

Doris Leuthards Forderung lässt Peter Kurer kalt

Die UBS-Spitze reagiert verhalten auf die Forderung von Bundesrätin Doris Leuthard, das Ausmass der Boni 2008 noch vor der Bilanzkonferenz am 10. Februar offenzulegen.

Es wird noch dreister: Erhalten die USA Banker tatsächlich Geld aus der Finanzspritze?

Nach Tagi 3.2.09:

UBS-Boni fliessen in die Taschen ausländischer Banker

Die Vermögensverwalter in Übersee dürfen sich freuen: Die Boni sind für sie reserviert. Die Kritiker pochen darauf, die Verträge umgehend zu ändern

Kommentar: Dicke Post ohne Ende!

Donnerstag, 29. Januar 2009

Bückling vor China

Und dies in einem Land, das sonst Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Demostrationsfreiheit gross schreibt

Aus TAGI online:

Tibet-Fahne: «Ich darf doch zeigen, was ich will»

Die Bündner Polizei ging gestern gegen die «Kundgebung» im Schaufenster von Margrit Merz vor und verbot das Zeigen einer Tibet-Fahne. Selbst beim Bündner Wef-Ausschuss wundert man sich über das Vorgehen.

Auch mich wundert dieses Vorgehen!

Nachtrag aus 20 Min vom 30. Jan:

China-Politik

Tibet-Frage: «Bundesrat hat Schere im Kopf»

Die Tibeter-Seele kocht: Sie sind entsetzt über die Mutlosigkeit der Landesregierung. Selbst Parlamentarier sprechen von «chinesischen Zuständen», welche in der Schweiz herrschten. Nun fordern Tibeter, dass der Bundesrat den Dalai Lama empfängt.

Tibet war kein Thema: Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao (links) mit Bundespräsident Hans-Rudolf Merz während seines Arbeitsbesuchs am Dienstag in Bern.

(Bild: Keystone/Peter Schneider)

Schöne Worte benutzte Bundespräsident Hans-Rudolf Merz am Mittwoch in Davos: «Die Schweiz ist eines der offensten Länder der Welt», sagte er zur Eröffnung des WEF.

Wenig offen zeigte sich die Schweiz jedoch in diesen Tagen gegenüber den Tibetern. Die Polizei verhaftete Demonstranten und hängte eine Flagge ab, um den chinesischen Ministerpräsidenten Wen nicht zu verärgern. Und auch der Bundesrat legte wenig Wert auf den vielbeschworenen Menschenrechtsdialog. Beim Treffen mit Wen sprach er das Thema Tibet nicht an.

«Bundesrat kuscht vor Chinesen»

Dafür gibts jetzt Kritik: «Der Bundesrat kuscht vor den Chinesen und hat kein Rückgrat gezeigt», sagt Yangchen Büchli, Präsidentin der Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft GSTF. «Wir Tibeter sind entsetzt über die Ereignisse der letzten Tage. Es hat uns die Sprache verschlagen.» Sie hätten das Gefühl gehabt, sie seien während der Demonstration dem verlängerten Arm der chinesischen Regierung ausgeliefert gewesen, sagt Büchli.

Bundespolitiker sind ebenfalls empört: «Wenn es um China geht, sind unsere Bundesräte Duckmäuser», sagt SVP-Nationalrat Oskar Freysinger (VS), Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Tibet. Dessen Präsident, der Zürcher SP-Nationalrat Mario Fehr, hat Merz im Vorfeld des Besuchs noch einen Brief geschrieben. Darin bat er den Bundesrat, das Thema Tibet anzusprechen. Nun ist er umso mehr enttäuscht: «Der Bundesrat hat eine Schere im Kopf. Aus vorauseilendem Gehorsam spricht er das Thema gar nicht an.»

Ein Sprecher von Merz wollte zum Treffen mit Wen keinen Kommentar abgeben.

Der Virus "Mediengeilheit" auch noch im Alter blind :

Nella Martinetti kann es nicht lassen, selbst wenn sie sich lächerlich macht

blick-online:

«Was ich beruflich mache, interessiert eigentlich niemanden», sagt die 63-jährige Nella Martinetti traurig.

Bisher war es denn auch ihr Privatleben, das die Klatschspalten füllte. Mehrfach gab sie bereitwillig intime Details preis. Unvergessen die Affäre mit einem ihrer jungen Lover, Claudio De Bartolo (damals 22 Jahre alt).

Inzwischen haben gesundheitliche Probleme (Fybromalgie) Nellas Auftritte in der Öffentlichkeit seltener werden lassen. 3+ will das nun anscheinend ändern und die Frührentnerin zurück in die Schweizer Wohnzimmer bringen.

Die Medien habe sie längst durchschaut: «Die wollen Geschichten über Sex, Liebe, Skandale.», sagte die Schweizer Entertainerin einst. Bleibt die Frage, ob die TV-Zuschauer da nicht doch eher wegzappen würden.

Nella Martinetti mit Früchten und Gemüsen. (RDB)

Nella Martinetti als Höhlenbewohnerin 1998 (RDB)

Nella Martinetti zieht Adolf Ogi Ogi-Krawatte an. (RDB)

Kommentar überflüssig! Nella Martinetti hat nichts gelernt und wird nichts mehr lernen. Wer vom Virus "Mediengeilheit" befallen ist, merkt nicht mehr, dass er sich lächerlich macht.

Der künstliche Tiefschlaf von Daniel Albrecht wird in den Medien weiter thematisiert

Tagi online:

Im Notfall hindern Ärzte das Gehirn am Arbeiten

28.01.2009

Ein künstliches Koma, wie beim Skirennfahrer Daniel Albrecht, soll den Teufelskreis unterbrechen, der zu schweren Hirnschäden führen kann.

Nach seinem Horrorsturz wurde Albrecht ins künstliche Koma versetzt - um mögliche Hirnschäden zu verhindern.

Nach seinem Horrorsturz wurde Albrecht ins künstliche Koma versetzt - um mögliche Hirnschäden zu verhindern. (Bild: Keystone)

«Die meisten beatmeten und im Tiefschlaf gehaltenen Patienten haben nach spätestens einer Woche eine Lungenentzündung», sagt der Intensivmediziner Hans Pargger vom Basler Universitätsspital.

Durch das Liegen werden nicht alle Lungenabschnitte gut belüftet, die Schlafmedikamente verhindern das Husten und Sekret sammelt sich an – ein guter Nährboden für Keime. Blutungen in die Lunge, wie Daniel Albrecht sie erlitten hat, erhöhen das Risiko für Lungenentzündungen noch. Die Frage sei immer, welche Keime auf der jeweiligen Intensivstation vorherrschen, und wie resistent sie gegenüber den Antibiotika seien, führt Pargger aus.

Im Fall des Skirennfahrers sei der Keim identifiziert. Er würde gut auf die Behandlung ansprechen, gab Swiss-Ski gestern bekannt. Heute will der Skiverband neue Informationen zum Gesundheitszustand des 25-Jährigen liefern.

Bei Albrecht ist jetzt die Lunge das Hauptproblem. Deshalb setzen die Ärzte in Innsbruck die Beatmung und das künstliche Koma fort, das sie unter anderem begonnen hatten, um sein Hirn zu schützen.

Zu viel Nachfrage, zu wenig Angebot

«Nach einem Schädel-Hirn-Trauma herrscht im Hirn ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffnachfrage und -angebot», erläutert Bruno Regli, stellvertretender Chefarzt für Intensivmedizin am Berner Inselspital. Das Ziel der Intensivmediziner ist deshalb, «den Sauerstoffverbrauch des Hirns tief zu halten». Gefährlich seien nicht nur Hirnprellungen und -blutungen, die direkt vom Unfall herrührten. Gefürchtet bei den Intensivärzten sind auch die so genannten sekundären Schäden.

«Bei über der Hälfte der Patienten sieht man 24 Stunden nach dem Unfall im Computertomogramm mehr Schäden am Hirn als zu Beginn», sagt Reto Stocker, Abteilungsleiter der Chirurgischen Intensivmedizin am Zürcher Universitätsspital.

Bei einer Hirnverletzung kommt ein Teufelskreis in Gang: Zuerst gehen Zellen kaputt und zerfallen. Dabei werden verschiedene Substanzen freigesetzt. Diese erhöhte Konzentration an Stoffen im geschädigten Areal zieht rasch Wasser aus der Umgebung an. Zudem werden die feinen Kapillargefässe undicht. Der Bereich schwillt an.

Da das Hirn unter den Schädelknochen «gefangen» ist, kann es nicht ausweichen, der Hirndruck steigt und Blutgefässe werden abgedrückt. Deshalb sinkt die Durchblutung und mit ihr die lebenswichtige Sauerstoffversorgung der Zellen. Das wiederum führt zu weiteren Zelluntergängen.

Weil ein arbeitendes Gehirn mehr Sauerstoff braucht, sollen Medikamente und Kühlmatten die Hirnfunktionen drosseln. «Notfalls machen wir das bis zur totalen Stilllegung der Hirnkurven im EEG. Dafür braucht man aber hohe Medikamentendosen», legt Hans Pargger dar.

Zum Einsatz kommen dabei Mittel, wie sie auch bei Allgemeinanästhesien für Operationen verwendet werden: dem Valium verwandte Beruhigungsmedikamente und andere starke Schlafmittel, darunter auch Morphin-ähnliche Wirkstoffe sowie Thiopental. «Damit lässt sich der Sauerstoffverbrauch im Hirn um die Hälfte reduzieren», sagt Reto Stocker.

Auf 32 Grad kühlen

Genügt dies nicht, wird der Patient auf eine Temperatur von 32 bis 34 Grad Celsius gekühlt. Pro Grad Kühlung sinkt die Stoffwechselrate um etwa sieben Prozent. Auch nach einem Herzstillstand mit Wiederbelebung verbessert sich die Prognose, wenn die Betroffenen ein bis zwei Tage gekühlt werden.

Muskelerschlaffende Medikamente unterbinden dabei das Muskelzittern, das sonst bei solch tiefen Temperaturen auftreten würde. Der Nachteil dieses Verfahrens: Die Kühlung erhöht das Risiko für eine Lungenentzündung.

Die Patienten bekämen nicht mit, was mit ihnen passiere, sagt Pargger, «aber wir wissen nicht sicher, was sich im Unterbewusstsein abspielt.» Im Prinzip könnten ansonsten gesunde Menschen wochenlang im Tiefschlaf gehalten werden. Überwacht werden ihre Hirnfunktionen nicht nur mit der Ableitung der Hirnströme. Je nach Fall werden bis zu vier dünne Sonden ins Hirn eingelegt. Sie messen den Hirndruck oder die Hirntemperatur (um zu wissen, wie stark gekühlt werden muss). Stoffwechsel-Sonden verfolgen unter anderem die Konzentration des Energiespenders Glucose sowie der Milchsäure, die bei Sauerstoffmangel ansteigt.

Solange der Patient derart anästhesiert ist, sorgen Pflegende, Ärzte und Maschinen dafür, dass er beatmet wird, dass er Flüssigkeit und Nahrung erhält und dass er nicht wund liegt. Ein Risiko beim künstlichen Koma sind gefährliche Embolien durch Blutgerinnsel. Überdies bauen die Patienten rasch Muskeln ab. Nach langer Anästhesie muss der Kranke darum erst wieder die Atemmuskeln trainieren, bevor er vom Beatmungsgerät getrennt wird.

Da insbesondere Thiopental im Fettgewebe gespeichert und von dort wieder abgegeben wird, «kann es nach dem Absetzen noch Tage dauern, bis der Patient wieder wach wird», sagt Bruno Regli.

Kommentar: Ich kann mir gut vorstellen, dass Pseudomediziner und Journalisten den Aerzen in Innsbruck vorwerfen, Albrecht werde zu lange im künstlichen Tiefschlaf gehalten. Es liegt nun an den behandelnden Aerzten die Vor- und Nachteile ihrer Massnahmen verständlich zu erklären. Journalisten werden in den nächsten Tagen gewiss neue Fragen stellen.Beispielsweise: Mit welchen Sekundärschäden muss bei Daniel Albrecht gerechnet werden?

Der Titel im Tagesanzeiger ist für mich unglücklich gewählt. Tönt so, als würden die Aerzte die Heilung behindern. Im Text wird dann aber erklärt, dass sie duch das Koma verhindern, dass.......

Albrecht liegt noch immer im Unispital Innsbruck. (Keystone)

Infoblock:

Lungenfibrose

Die Lungenfibrose ist eine Schrumpfung der Lunge. Eine Behandlung erfolgt meist mit kortisonhaltigen Präparaten und der Verabreichung von Sauerstoff. In einem frühen Stadium werden entzündungshemmende Medikamente eingesetzt. In schwerwiegenden Fällen muss gar eine Lungentransplantation in Erwägung gezogen werden.

Enormes Medieninteresse:

NACHTRAG 30.1.09 (Blick):

Albrecht: Keine Blutungen mehr in Lunge
11:14 | 30.01.2009
Albrecht: Keine Blutungen mehr in Lunge

Gute Nachrichten aus der Uniklinik Innsbruck:

Die Lungenblutungen bei Daniel Albrecht sind zum Stillstand gekommen.

Montag, 26. Januar 2009

In Albrechts Lunge fliesst noch Blut

titelt heute blick-online:

Daniel Albrecht liegt weiterhin in der Innsbrucker Universitätsklinik. Er bleibt immer noch im künstlichen Koma.

Daniel Albrecht hat nach seinem Sturz vom Donnerstag beim Abfahrtstraining in Kitzbühel – Hirnblutung und Lungenquetschung – auch die dritte Nacht in der Innsbrucker Universitätsklinik stabil verbracht. Professor Koller erklärte allerdings, dass es im Bereich der Lunge verschiedene Blutungen gebe.

«Diese sind zwar klein, wir können sie chirurgisch nicht behandeln. Wir müssen darauf achten, dass die Lunge ihre korrekte Ausdehnung behält.» Die Lungenfunktion sei auch für den Zustand des Hirns extrem wichtig. Wegen der Lungen-Blutungen bleibt Albrecht deshalb weiter im künstlichen Tiefschlaf.

Kommentar: Wenn wir den Blicktitel mit den Aussagen des leitenden Arztes vergleichen, stellen wir fest, dass der Titel suggeriert, in der Lunge fliesse "viel" Blut. Dabei wurde nur von kleinen Blutungen gesprochen, die (ohne Eingriff) gestillt sein müssen. Die korrekte Information des Arztes wurde von der Redaktion im Titel eindeutig dramatisiert. Boulevardzeitungen wollen bekanntlich Verkaufszahlen. Die Blattmacher wissen, dass man vor allem mit Tränen, Blut und Sperma die Verkaufszahlen verbessern kann. Es wundert mich eigentlich, dass es im Titel nicht heisst: In Albrechts Lunge strömt Blut!