Zu der Meinungsfreiheit und den Menschenrechten in Peking
Als die olympischen Spiele vergeben wurden, versprach China hinsichtlich Oeffnung, Einhaltung der Menschenrechte und Medienfreiheit etwas zu tun.
Es ist denkbar, dass sich tatsächlich auch etwas bewegt hatte.
Wenige Tage vor der Eröffnung der Spiele zeigt sich jedoch, dass es doch noch viel geschehen ist. Kritiker wurden eingesperrt. Der Internetzugang für die Journalisten ist immer noch zensuriert usw.
Tagi-online 30. Juli:
Frechheit: Zensur wird doch nicht aufgehoben!!
Im Brennpunkt
IOC verkauft Medienfreiheit
Die chinesische Diktatur hat im Internationalen Olympischen Komitee einen willigen Komplizen gefunden.
China und das Internationale Olympische Komitee (IOC) haben die Weltöffentlichkeit monatelang gemeinsam getäuscht. Sie hatten stets freie Berichterstattung während der Pekinger Spiele versprochen.
Nun erklärt Kevan Gosper, der Vorsitzende der Pressekommission des IOC, er und das IOC seien da «ohnmächtig» gegenüber den Chinesen. China sei ein kommunistisches Land und lasse sich nicht vorschreiben, ob es das Internet zensiere oder nicht.
Dieser plötzliche Schwenk so kurz vor Beginn der Spiele ist eine Frechheit.
Denn derselbe Kevan Gosper und auch IOC-Präsident Jacques Rogge hatten noch in diesem Monat nicht nur öffentlich behauptet, die Berichterstattung während der Pekinger Sommerspiele werde frei sein.
Als Beispiel für diese Freiheit hatten sie ausgerechnet immer wieder jenen «unzensierten» Zugang zum Internet herangezogen, den sie nun aufgeben wollen. China blockt nicht nur die Webseiten von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, sondern auch kritische Medien in aller Welt und eine Vielzahl sensibler Webseiten zu Themen wie Tibet, Taiwan oder dem Tiananmen-Massaker.
Nach süddeutsche.de:
Vorwurf von Amnesty
China säubert sich die Spiele schön
Versprochen, gebrochen: Amnesty kritisiert, dass sich in China die Menschenrechtslage vor Olympia verschlechtert hat - trotz aller Beteuerungen der Machthaber.
Chinesische Sicherheitskräfte vor dem Olympiastadion in Peking
Foto: Reuters | |
| Wenige Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele hat Amnesty International eine düstere Bilanz der Menschenrechtslage im Gastgeberland China gezogen. "Die chinesische Regierung hat ihr Versprechen, die Spiele für die Verbesserung der Menschenrechte zu nutzen, gebrochen", erklärt Dirk Pleiter, China-Experte der Organisation Amnesty International. Die Menschenrechtssituation in China habe sich vor den Olympia nicht verbessert, heißt es in dem Bericht. Stattdessen sei in den meisten untersuchten Bereichen eine Verschlechterung festzustellen. Mit Verhaftungen, Hausarrest und "Säuberungen" hätten die chinesischen Behörden viele Menschenrechtsaktivisten mundtot gemacht - und sie von der Bildfläche verschwinden lassen. Bekannte Menschenrechtsverteidiger wie Hu Jia oder Ye Guozhu säßen weiterhin im Gefängnis, weil sie Kritik an den Olympischen Spielen geäußert hatten. Zudem würden aus China weiterhin Jahr für Jahr mehr Todesurteile bekannt als aus allen anderen Ländern der Erde zusammen. Zudem sei die Strategie der "stillen Diplomatie" des Internationalen Olympischen Komitees nicht erfolgreich gewesen. Amnesty bilanziert die Lage mit Blick auf die Unterdrückung von Menschenrechtsverteidigern, Todesstrafe, Medienzensur und der sogenannten Verwaltungshaft. Klagen über Internet-Zensur"Wenn IOC-Präsident Jacques Rogge Medienberichten zufolge erklärt, es gebe keinerlei Zensur im Internet mehr, hat er leider den Bezug zur Realität verloren", kritisierte Pleiter. "Auch seine Einschätzung, dass es in China während der Olympischen Spiele eine freie Berichterstattung gäbe, ist falsch. Die Arbeit in- und ausländischer Journalisten und der Zugang zu Informationen im Internet werden weiterhin eingeschränkt und zum Teil offensiv behindert." Zumindest in diesem Punkt ist das IOC inzwischen tätig geworden. Es intervenierte wegen der chinesischen Zensur und der niedrigen Geschwindigkeit des Internets im Hauptpressezentrum. Der Vorsitzende der IOC-Pressekommission Kevin Gosper sagte, es habe ein Treffen zwischen IOC-Olympiadirektor Gilbert Felli und den Pekinger Organisatoren gegeben. "Er hat die Themen heute bei den Gastgebern angesprochen."
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Der Australier Gosper nahm damit Stellung zu Klagen von Journalisten, dass entgegen früherer chinesischer Zusagen im Pressezentrum doch kein freier Zugang zum Internet herrscht. Wie anderswo in China werden dort auch für die ausländischen Berichterstatter die Seiten von internationalen Menschenrechtsorganisationen, Chinakritikern oder auch des chinesischen Programms der Deutsche Welle und des amerikanischen Senders Radio Free Asia (RFA) gesperrt.
Noch im April war dem IOC-Mann Gosper in Peking zugesagt worden, dass das Internet für die mehr als 20.000 ausländischen Journalisten nicht zensiert werde. Fraglich war damals nur, ob der freie Zugang auch im Hotel oder in anderen Unterkünften der Journalisten gewährt wird. Klagen gab es diese Woche auch über die geringe Geschwindigkeit der Internetverbindungen im Pressezentrum.
Inzwischen wurde bekannt, dass eine chinesische Aktivistin, die sich gegen Zwangsräumungen in Peking eingesetzt hat, noch vor den Olympischen Spielen vor Gericht gestellt soll. Der früheren Anwältin Ni Yulan werde "Behinderung von Amtshandlungen" vorgeworfen, berichtete die Organisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) am Dienstag. Der Prozess sei für nächsten Montag angesetzt.
Wegen des gleichen Vorwurfs hatte die 47-Jährige bis 2003 schon einmal ein Jahr in Haft gesessen. Berichten zufolge wurde die Ex-Anwältin damals von der Polizei so schwer misshandelt, dass sie heute nur noch auf Krücken laufen kann. Nach ihrer Haftentlassung habe Ni Yulan weiterhin Opfer der Zwangsräumungen in Peking geholfen.
Im April dieses Jahres sei ein Teil ihres eigenen Hauses eingerissen worden. Die 47-Jährige habe versucht, den Abriss zu stoppen. Die Polizei habe ihr vorgeworfen, dabei ein Mitglied des Räumungstrupps geschlagen zu haben. Es wurde Haftbefehl wegen Behinderung amtlicher Angelegenheiten erlassen.
Nach unbestätigten Berichten sei Ni Yulan in Untersuchungshaft misshandelt worden, berichtete die Menschenrechtsorganisation. Ihr seien die Gehhilfen weggenommen worden.
Ich zitiere die Beanstandung von AI in 20 Min-online:
Amnesty International ärgert sich über Swiss Olympic: Man habe die Schweizer Olympia-Delegation nicht über die Menschenrechtslage in China informieren können. Der Sport-Dachverband weist die Kritik zurück.
Zehn Tage vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking zieht Amnesty International (AI) eine düstere Bilanz: Die Menschenrechtslage in China habe sich nicht verbessert, im Gegenteil. Kritik übt die Schweizer AI-Sektion an Swiss Olympic, dem Dachverband der Schweizer Sportverbände: Man hätte gerne die Schweizer Delegation über das Thema informiert. «Leider war dies in der Schweiz – im Gegensatz zu anderen Ländern – nicht möglich», wird Mediensprecher Daniel Graf in einer AI-Mitteilung zitiert.
Bei Swiss Olympic zeigt man sich überrascht und auch befremdet: «Wir führen seit zwei Jahren einen konstruktiven Dialog mit Amnesty International und können diese Kritik nicht nachvollziehen», erklärte Informationschefin Claudia Imhasly auf Anfrage von 20 Minuten Online. Man habe zum Thema Menschenrechte sehr viel gemacht. Unter anderem liess sich die Ethik-Abteilung von Swiss Olympic von einem Beirat für Ethik-Fragen beraten, ausserdem seien auch China-Experten beigezogen worden. In den Medienschulungen der Delegation sei ebenfalls eingehend auf das Thema hingewiesen worden.
«Wir haben Athleten und Offizielle über das Gastgeberland informiert und sie auch für die speziellen Vorkommnisse wie Menschenrechte, Kinderarbeit und Todesstrafe sensibilisiert», betonte Imhasly, die sich bereits in Peking aufhält. Die Mitglieder der Schweizer Delegation dürften ihre Meinung frei äussern. Man habe sie aber darauf hingewiesen, sie sollten bei Fragen zum Thema gut überlegen, was sie antworten. «Und sie haben das Recht zu schweigen.»
Kritik von Schild an Tibet-Politik
Ebenfalls wenig Verständnis hat man für die Kritik von Amnesty, Swiss Olympic habe «öffentlich keine klare Position zur Menschenrechtslage in China bezogen». Claudia Imhasly verweist darauf, dass Swiss-Olympic-Präsident Jörg Schild im März nach der Niederschlagung der Unruhen in Tibet als einer von wenigen hohen Sportfunktionären Kritik an China geübt und damit ein «internationales Echo» ausgelöst habe.
Beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) stiess Schild damit auf wenig Gegenliebe, wie er letzte Woche in einem Interview mit der «Basler Zeitung» erklärte: Drei Monate später habe er einen Brief von IOC-Präsident Jacques Rogge erhalten, in dem dieser wiederholte, was er schon mehrfach gesagt habe: Er setze auf stille Diplomatie – jene Strategie, die gemäss Amnesty International nicht erfolgreich war.
Gastgeber auf Charta verpflichten
Er könne dies so akzeptieren, sagte Schild: «Für die Zeit während der Olympischen Spiele muss der Sport im Vordergrund stehen.» Danach müsse die Diskussion aber geführt werden, betonte der frühere Basler FDP-Regierungsrat am Montag in der ARD-Sendung «Report Mainz»: Man müsse künftige Gastgeberländer «klipp und klar auf die Olympische Charta verpflichten, wie man dies auch mit den Athletinnen und Athleten tut».
Vorerst scheint man beim IOC weiter auf Abwiegelung zu setzen. Das ARD-Magazin zitierte aus einem vertraulichen Papier, das Funktionären unter anderem empfiehlt, bei kritischen Fragen zum Thema Menschenrechte möglichst rasch das Thema zu wechseln. «Wenn die Spitze nicht mehr fähig ist, sachlich geübte Kritik wahrzunehmen, dann stimmt etwas nicht mehr», sagte Jörg Schild.
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UNGLAUBLICH: ZENSUR WIRD AKZEPTIERT. WO SIND DIE PROTESTE?
Das IOC akzeptiert die von den chinesischen Behörden praktizierte Internet-Zensur im internationalen Pressezentrum der Olympischen Spiele in Peking. Nachdem hochrangige IOC-Vertreter noch im April versprochen hatten, China werde während der Spiele vorübergehend freien Internet-Zugang gewähren, heißt es nun, die Zensurfreiheit gelte nur für sportrelevante Seiten.
"Diese Art von Zensur wäre in Athen unmöglich gewesen"
Akkreditierte Journalisten hatten zuvor festgestellt, dass China unter anderem den Zugang zur Seite von Amnesty International und Seiten über Tibet gesperrt hatte. "Diese Art von Zensur wäre in Athen unmöglich gewesen", so ein Journalist. Bei der Vergabe der Olympischen Spiele im Jahre 2001 hatte die Volksrepublik China noch eine "völlig freie Berichterstattung" zugesagt.
Recherchen zu den politischen Vorgängen oder zur Menschenrechtslage in China dürften für die erwarteten 5.000 Journalisten nun praktisch unmöglich werden. Zahlreiche Journalisten beklagten zudem, dass die Internetverbindungen im Medienzentrum extrem langsam seien. Darüber hinaus wurden bürokratische Hürden angeprangert.
Eingeschränkt
Das Organisationskomitee der Spiele hat bereits die Berichterstattung vom symbolträchtigen Tiananmen-Platz im Herzen Pekings stark eingeschränkt. Maximal sechs Stunden täglich dürfen ausländische Fernsehanstalten vom Platz des Himmlischen Friedens senden, auf dem 1989 die studentische Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen wurde, Interviews sind grundsätzlich nicht erlaubt.
Indes wurde bekannt, dass der für Montag geplante Prozessbeginn gegen die chinesische Aktivistin Ni Yulan, die sich für die Opfer von Zwangsräumungen in Peking eingesetzt hatte, überraschend verschoben wurde. Ein neuer Termin sei nicht mitgeteilt worden, so die Angaben. (APA)
Aus Hamburger Abendblatt:
Doch Internet-Zensur - Peking bricht sein Wort
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sein Versprechen gebrochen, dass die 25 000 Journalisten, die von den Sommerspielen in Peking berichten werden, einen "unzensierten Zugang zum Internet" haben werden - zumindest in den Pressezentren. Im Gegensatz dazu sind Webseiten verschiedener Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International, Seiten exiltibetischen Ursprungs wie auch chinesische Inhalte der Deutschen Welle, gesperrt und sollen es auch bleiben.
Fast ohnmächtig akzeptierte das Komitee die chinesische Zensur des Internets. "Ich kann den Chinesen nicht sagen, was sie tun sollen", ist der Wortlaut des Chefs der IOC-Pressekommission, Kevan Gosper, der ebenfalls einräumt, dass IOC-Vertreter die Sperrung "einiger heikler Webseiten" mit der chinesischen Seite ausgehandelt haben.
Der Australier Gosper entschuldigte sich zwar, die Weltmedien mit seinen früheren Versprechen in die Irre geführt zu haben, doch für Medienvertreter steht nun die Glaubwürdigkeit des IOC auf dem Spiel. Gosper selbst stellt die Sachlage nun so dar, als ob es nur um die freie Berichterstattung über die Spiele, nicht aber um China allgemein gegangen sei: "Wir haben es hier mit einem kommunistischen Land zu tun, in dem zensiert wird. Wir bekommen, was sie einem zugestehen. Ich vermute, sie haben ihre Entscheidung getroffen."
Das IOC will nicht einmal mehr protestieren - geschweige denn an der Zensur rütteln.
"Die Berichte über die Spiele sind nicht beeinträchtigt", der Internetzugang sei "ausreichend" und "umfassend" lautet der chinesische Wortlaut, während Amnesty die Zensur als "Verrat der olympischen Werte" geißelt.