Das Botschaftenmanagement der SP
Ich fragte mich: Hat die SP aus den alten Fehlern gelernt und sich auf eine Kernbotschaft fokussiert?
Im Herbst fixierte sich die SP vor allem auf Blocher als Feindbild und die sozialen Anliegen blieben im Hintergrund. Dann verzettelte sich die Partei - wie die FDP- auf zu viele Themen. Hinsichtlich Jugendgewalt war sich die Partei uneinig.
Blick online titelte heute:
SP ist Feuer und Flamme fürs Kiffen!
Ich zitiere:
Cédric Wermuth, Präsident der JuSo, zieht siene Linie durch. (Reuters)
Die Delegierten der SP sprachen sich heute an ihrer Versammlung in Freiburg
für eine starke Volksschule aus. Der freien Schulwahl erteilten sie eine deutliche Absage.
Chancengleichheit in der Volksschule für alle Kinder
schreibt die SP in ihr Thesenpapier. Gefordert werden mehr Tagesschulen, professionelle und demokratisch legitimierte Schulleitungen sowie mehr Krippenplätze.
Allerdings hat die Partei noch kein Rezept, wie Krippenplätze gefördert werden können. Das von der Geschäftsleitung vorgeschlagene Modell mit Betreuungsgutschriften für alle Kinder wurde auf Antrag der Genfer und Waadtländer Sektionen als «unsozial» zurückgewiesen.
Keine freie Schulwahl
Für Diskussionen sorgte ein Antrag der Zürcher Nationalrätin Chantal Galladé. Sie forderte die freie Schulwahl für alle, nicht nur für die Kinder reicher Eltern, die sich Privatschulen leisten könnten.
Das wäre das Ende der sozialen und kulturellen Durchmischung, sagte Maria Roth-Bernasconi von den SP-Frauen. Der Antrag war chancenlos und wurde nach heftiger Diskussion mit 163 zu 6 Stimmen abgelehnt.
Parteipräsident Christian Levrat zeigte sich in seiner ersten Rede vor den Delegierten erfreut über die jüngsten Erfolge der SP an der Urne.
«Wir müssen die Einbürgerungsverfahren vereinfachen und Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation das Bürgerrecht auf Anfrage und ohne weitere Formalitäten gewähren», sagte Levrat.
Die SVP habe am 1. Juni die Quittung für ihre gehässige Politik erhalten. Sie erachte es zudem nicht als notwendig, die wirtschaftliche Lage zu diskutieren und sei mit ihrem Nabel beschäftigt. Die SP hingegen melde sich wieder zurück.
Ja zur Hanf-Initiative
Auf unkonventionelle Art warb Juso-Präsident Cédric Wermuth anschliessend für die Zustimmung zur Hanf-Initiative. Er zündete sich am Rendnerpult einen Joint an. Die Delegierten beschlossen darauf mit wenigen Gegenstimmen die Ja-Parole für die Abstimmung vom 30. November.
Auch hinter die Revision des Betäubungmittelgesetzes – sie kommt zur Abstimmung, falls das Referendum dagegen zustande kommt – stellten sich die SP-Delegierten einstimmig. Die FDP-Initiative zur Beschränkung des Verbandsbeschwerderechts lehnten sie dagegen einstimmig ab.
Die SP-Delegierten beschlossen zudem, die Volksinitiative der GSoA gegen neue Kampfflugzeuge zu unterstützen.
Auch die VCS-Volksinitiative für den öffentlichen Verkehr erhält von den Sozialdemokraten Rückhalt.
In einer Resolution sprachen sich die SP-Delegierten zudem für Parallelimporte aus. Solche führten zu tieferen Preisen, wurde argumentiert.
Kommentar:
Parteien, die eindeutig politisieren und nicht lavieren haben mehr Zulauf. So gesehen, bekennt die heutige SP immerhin eindeutiger Farbe.
Doch ist das Kernthema nicht ersichtlich. Es hat eine zu grosse Wunschliste. Ich zweifle daran, dass die Partei mit ihrem Engagement für das Kiffen und dem Vorstoss für vereinfachte Einbürgerungen beim Stimmbürger ankommt. Zusätzliche Forderungen verbunden mit dem Kampf gegen Steuererhöhungen geben kaum Aufwind.
Nachtrag
Erstaunlich: Neue Töne von der SP
Di ePartei scheint gemerkt zu haben, dass sie der SVP das Thema "Innere Sicherheit" nicht allein überlassen darf und hat nun die Botschaften angepasst:
Ich zitiere:
Lange genug habe die SVP die Ängste der Bevölkerung politisch ausgebeutet, ohne konkret etwas für mehr Sicherheit zu tun, sagte SP-Präsident Christian Levrat. Laut der Berner Nationalrätin Evi Allemann will sich SP für eine Sicherheit einsetzen, "von der nicht nur jene profitieren können, die es sich leisten können".
Das von einer Fachkommission unter Allemann erarbeitete und von der Parteileitung gutgeheissene Grundsatzpapier wird am Parteitag vom 25./26. Oktober in Aarau den Delegierten vorgelegt. Weil es mit seinen 53 Massnahmen in 13 Handlungsfeldern an einige linke Tabus rührt, rechnet Levrat auch mit Widerspruch.
Unter anderem fordert die SP mehr sichtbare Polizeipräsenz und die Aufstockung der kantonalen Polizeikorps um 1500 Stellen sowie mehr Bahnpolizei und Zugbegleiter. An neuralgischen Punkten sei auch eine Videoüberwachung möglich. Im Kampf gegen die Jugendkriminalität soll eine spezielle Jugendpolizei geschaffen werden.
Allgemein verlangt die SP ein härteres Vorgehen gegen gewaltbereite Personen und die rasche und konsequente Anwendung des geltenden Rechts. Dies gilt auch für kriminelle Ausländer und insbesondere für Kriminaltouristen.
Organisiertes Betteln will die SP verbieten, ebenso übrige Bettelei von "stark störenden Ausmass". Zu ihrem Sicherheitspaket gehören unter anderem auch der Schutz vor häuslicher Gewalt, ein scharfes Waffenregime, das Verbot von Killerspielen, Massnahmen zur Kriminalitätsprävention, mehr Sauberkeit und die "Vision Zero" im Strassenverkehr.
"Mehr Sicherheit heisst mehr Lebensqualität"
, sagte Allemann. Eine Gesellschaft ohne Gewalt sei ein ureigenes Anliegen ihrer Partei. Zum umfassenden Sicherheitsverständnis der SP gehörten aber auch Chancengleichheit und soziale Sicherheit sowie die Verminderung von Unrecht und Armut im eigenen Land und in der übrigen Welt.
Dies sind ungewöhnliche Töne der SP. Doch zeigt dies, dass eine Partei die Wünsche der Bevölkerung ernst nehmen kann, wenn sie will. Tatsächlich ist SICHERHEIT ein Grundbedürfnis der Menschen. Und dieses Anliegen hatte die Partei jahrelang der SVP überlassen.
Nachtrag 3. Juli 08
Die Einigkeit im Botschaftenmangement scheint schon dahin.
Ich zitiere blick-online:
02.07.2008
Die linke Jugend muckt auf. Mit ihrem Sicherheitspapier überhole die SP rechts noch die SVP, schimpfen die Juso.
Frage: Ob die Partei nun wieder zurückkrebst?
Ein konkrete Fall gibt Jositsch recht:
Ich zitiere 20 Min - online:
SP-Nationalrat fordert Knast für Jugendliche
Ein 16-Jähriger ersticht einen Mann, ein 17-Jähriger erwürgt eine Prostituierte. Auf diese brutalen Taten hat das geltende Jugendstrafgesetz keine passende Antwort. Es ist nicht hart genug, meint auch SP-Nationalrat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch.
Der jüngste Fall des 17-jährigen Prostituiertenmörders Tobi B. hat deutlich gemacht: Das geltende Jugendstrafgesetz weist gravierende Lücken auf – vor allem, wenn es um die wirklich harten Jungs geht. Obwohl klar war, dass Tobi B. ein gefährlicher Straftäter ist, wurde er gestützt auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen in ein Jugendheim verbracht, das bei weitem nicht die gleichen Sicherheitsstandards aufweist wie ein Gefängnis. Am vergangenen Freitag konnte er fliehen. Zwar wurde er kurze Zeit später von der Polizei wieder gefasst – im Gepäck trug Tobi M. aber bereits eine durchgeladene Pistole mit sich. Wer weiss, was er damit vorhatte?
Selbst Pascal Payllier, Chef der Abteilung Strafrecht im Kanton Aargau, muss im Gespräch mit 20 Minuten Online eingestehen: «Im Schweizer Jugendstrafrecht steht die Persönlichkeit und die Therapierbarkeit des Täters im Vordergrund. Das Gesetz misst dem Schutz der Öffentlichkeit eine sehr, sehr geringe Bedeutung bei. Nur so ist erklärbar, dass T.B. ins Jugendheim kam.»
Nur 10 Tage Arbeitseinsatz als Höchststrafe - auch für Mörder
Auch für SP-Nationalrat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch ist die Gesetzgebung ungenügend. «Die Strafen für Jugendliche stehen auf schwachen Füssen: Bei unter 15-Jährigen liegt die Maximalstrafe bei 10 Tagen Arbeitseinsatz – das würde auch für einen unter 15-jährigen Mörder gelten. 15- bis 16-Jährige müssen mit maximal einem Jahr, 16- bis 18-Jährige mit vier Jahren Freiheitsstrafe rechnen», erklärt Jositsch.
In der Dezembersession des Nationalrats will Jositsch deshalb eine parlamentarische Initiative einreichen. Er fordert darin die Einführung von Sicherungsmassnahmen für gewaltbereite und nicht kooperative Jugendliche bis zum 25. Altersjahr. «Gegenwärtig ist es so, dass jede richterlich erteilte Massnahme spätestens mit dem Erreichen des 22. Altersjahres des Delinquenten endet. Das ist zeitlich viel zu eng bemessen», so Jositsch.
Spurt der Jugendliche nicht, kommt er frei
Ein weiteres Problem sieht der Strafrechtsprofessor in der Umsetzung der vom Richter ausgesprochenen Massnahmen: «Die Defizite der Jugendlichen sollen in der Haft therapeutisch und erzieherisch behoben werden. Wenn aber ein Jugendlicher nicht spurt, dann werden die Massnahmen hinfällig und der Delinquent muss wieder freigelassen werden. Das ist paradox: Wer nicht kooperiert, wird entlassen – wer kooperiert, muss bleiben.»
Oft werden die renitenten Jugendlichen laut Jositsch auch von einer Anstalt in die nächste geschickt, damit sie nicht gleich auf freien Fuss gelangen. «Das ist nicht nur sehr teuer, sondern auch rechtstaatlich bedenklich, weil sie damit in einer Anstalt gehalten werden, wo sie eigentlich nicht hingehören. Zudem versperren sie so Plätze, die für andere Jugendliche benötigt würden.»
Die Schweiz hat keine Gefängnisse für Jugendliche
Idealerweise müssten die Strafen in einem für Jugendliche geeigneten, sicheren Gefängnis verbüsst werden. Doch in der Schweiz gibt es eine solche Einrichtung bisher nicht. Im Massnahmenzentrum Uitikon ist zwar der Bau 16 solcher Plätze projektiert. Noch sind aber nicht alle politischen Hürden genommen. Im Herbst wird der Zürcher Regierungsrat über den entsprechenden Vorstoss entscheiden, danach geht das Geschäft in den Kantonsrat.
Jositsch will mit seinem Vorstoss im Nationalrat die Umsetzung von griffigen Lösungen vorantreiben – insbesondere bei Jugendlichen, die ein schweres Verbrechen verübt haben. «Hier muss die öffentliche Sicherheit im Vordergrund stehen. Ziel muss sein, dass der Jugendliche nicht so leicht aus dem Vollzug raus kann. Nur in einer geschlossenen Jugendanstalt wäre das möglich.»
Kommentar: Einmal mehr sehen wir, dass die gegensätzlichen Interessen
- Schutz der Oeffentlichkeit vs. Chance geben, sich zu bewähren (offene Therapie) -
nicht so einfach unter einen Hut gebracht werden können.
Ob Jositsch die eigene Partei (auch die Juso) überzeugen kann?