Donnerstag, 3. März 2016

Wie parteiisch darf Journalismus sein?

Im Vorfeld und Nachgang der DSI Abstimmung war vielfach zu lesen:

Vielen Medien und Chefredaktoren positionierten sich einseitig für ein NEIN.

Die SRG ist eindeutig zur sachlichen ausgewogenen Information verpflichtet.
Wie Watson, vertreten leider erstaunlich viele Redaktoren die Meinung, sie wollten keinen "Eunuchen Journalismus".
Bei wichtigen Fragen gelte es, als Journalist auch im redaktionellen Teil eindeutig Farbe zu bekennen.
Ich zitiere Watson:

Zur Anti-DSI-Kampagne:

 Wie «neutral» soll politischer Journalismus sein?

Die Medien haben die Durchsetzungsinitiative mit wenigen Ausnahmen bekämpft. Wir waren dabei keine Ausnahme, im Gegenteil. Wie parteiisch aber dürfen Medien sein?
Politischer Journalismus ist eine Gratwanderung mit hoher Absturzgefahr. Soll man das Risiko eingehen, sich zu exponieren und für oder gegen ein bestimmtes Thema oder eine Partei Stellung beziehen? Oder soll man sich zurückhalten und möglichst keine Angriffsfläche bieten? Auflösen lässt sich dieses Dilemma nicht, und auch die Erwartungen des Publikums gehen auseinander.
So erreichte uns wenige Tage vor der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative (DSI) diese Zuschrift eines Users:
"wieso berichtet ihr nur über leute, die gegen die dsi sind? ihr seid eine medienunternehmen und habt gefälligst neutral zu sein. dies ist aber scheinbar nicht der fall. ständig werden leute von euch als nazis hingestellt, nur weil sie sich (zu recht) sorgen machen. klar ist die initiative schwachsinn, dennoch würde ich mir eine objektive berichterstattung von watson wünschen. linke käseblätter haben wir schon genug…"
Es lässt sich nicht bestreiten: Watson hat in seiner Berichterstattung eindeutig Stellung gegen die Initiative bezogen. Unsere Beiträge waren fast ausnahmslos kritisch bis ablehnend. Waren wir also nicht objektiv? Ich habe mir diese Frage das eine oder andere Mal gestellt. Die Schlagseite bereitete mir ein gewisses Unbehagen, obwohl ich schlicht kein Argument erkennen konnte, mit dem sich die masslose und ausländerfeindliche SVP-Initiative rechtfertigen liess.

KOMMENTAR: Wenn Leser fordern, die Medien hätten gefälligst "neutral" und "ausgewogen" zu sein, so ist dies nachvollziehbar. Medien sind  wichtige Meinungsmacher. Sie sollten tatsächlich alle Meinungen zu Wort kommen lassen und dürfen keine Zensur ausüben.
Selbstverständlich darf die Redaktion zu einer eigenen Meinung kommen. Journalisten haben d die Möglichkeit in KOMMENTAREN ihre pointierte persönliche Meinung unterzubringen.
Ausser bei einseitigen Parteiblättern sollten aber auch die Leserbriefe nie einseitig  ausgewählt werden.
Medien müssten sich bei willkürlicher Manipulation nicht wundern, wenn Begriffe, wie "Lügenpresse" Konjunktur haben.


Lügenpresse – wurde Unwort des Jahres 2014.

Für mich ist auch der  Begriff "Eunuchen-Journalismus" bereits eine bösartige Umschreibung für "sachgerechten Journalismus". Solche Manipulationen gilt es zu entlarven.
Die SRG, die als öffentlich-rechtliches Medium zu Neutralität verpflichtet ist, wird im Radio- und Fernsehgesetz eindeutig dazu aufgefordert, Tatsachen und Ereignisse «sachgerecht» darzustellen, so dass sich das Publikum «eine eigene Meinung» bilden kann. «Ansichten und Kommentare müssen immer als solche erkennbar sein».
Watson vertritt jedoch die Meinung, Journalismus dürfe auch im redaktionellen Teil ihre eigene Meinung vertreten, wenn sie sich an Fakten halte.
Eine Weltwoche ist aber nach meinem Dafürhalten nicht unabhängig, wenn sie nur einen Alibiartikel der Gegenmeinung vertritt. Im Gesamten aber als einseitiger Meinungsmacher agiert.
Watson vertritt die Meinung: 
Es gibt mir die Freiheit, meine Meinung in redaktionellen Beiträgen zum Ausdruck zu bringen. So wie ich das auch in der Berichterstattung über die Durchsetzungsinitiative gemacht habe. Es bleibt aber eine permanente Gratwanderung, bei der man als Journalist nicht nur von Leserseite unter Druck ist, sondern auch von akademischen «Qualitätswächtern», die uns das Leben nicht erleichtern.
Hat es die Watson-Redaktion trotz der klaren Schlagseite geschafft, ihre Glaubwürdigkeit zu wahren? (fragt Watson)
Wenn die Watson- Redaktion glaubt, die Gratwanderung trotz klarer Einseitigkeit, trotz Schlagseite geschafft zu haben, nur deshalb, weil sie von den NEIN Sager nachträglich Blumen erhalten hat, bestätigt mir das, dass die Redaktion noch nicht erkannt hat, was sachgerechter Journalismus ist und das wichtige Grundprinzip nicht umgesetzt hat:
Trennung von redaktionellem Teil und KOMMENTAR.
Im redaktionellen Teil hat sich ein Journalist immer zurück zu nehmen.
Er darf weder Medienpriester, Besserwisser noch Parteisoldat sein, analog einem Moderator, der sich moderat verhalten muss und die Pflicht hat, sich bewusst zurück zu nehmen, um Andere zum REDEN  zu bringen.
 

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