Dienstag, 17. Juli 2012

Deutsche Bundesländer schrecken vor Hehlerei nicht zurück

Unter Hehlerei versteht man den Handel mit Sachen, die gestohlen oder unterschlagen wurden und sich nicht im Eigentum der Handelnden befinden.
Wenn deutsche Behörden Millionen Beträge bezahlen für illegal erworbenen CDs von Banken, dürfen wir sie der Hehlerei bezichtigen.




Ich zitiere TAGI online


Der jüngste Kauf einer CD mit Daten von Schweizer Steuersündern wurde zwar nicht offiziell bestätigt. Doch gemäss einem Bericht soll Nordrhein-Westfalen bereits neue Datensätze im Visier haben.

Die Spekulationen schiessen ins Kraut: Will das Bundesland Nordrhein-Westfalen noch zwei weitere Daten-CDs aus der Schweiz kaufen? (Archivbild)
Die Spekulationen schiessen ins Kraut: Will das Bundesland
 Nordrhein-Westfalen noch zwei weitere Daten-CDs aus der Schweiz kaufen? (Archivbild)
Bild: Keystone

Kommentar: Selbst wenn jemand das Schweizerische Bankengeheimnis ablehnt, so heiligt nicht jedes illegale Mittel den Zweck. 


Nachtrag: 


Schäuble kritisiert Steuerdaten-Kauf

Nordrhein-Westfalen hat erneut eine CD mit gestohlenen Bankdaten aus der Schweiz gekauft. Politiker und Wirtschaftsvertreter reagieren empört. Auch der deutsche Bundesfinanzminister verurteilt den Kauf. Mehr...


NACHTRAG:

Das Schweizer Parlament unterstützte das Steuerabkommen mit Deutschland verbunden mit dem Versprechen, dass ab Unterzeichnung keine CDs mehr beschafft werden. Deutschland interpretiert jedoch den Passus "es werden keine Daten aktiv beschafft" so, dass es immer noch möglich sei, illegal beschaffte Daten zu kaufen. Deutschland dürfe nur nicht die Banken aktiv auffordern, Daten zu beschaffen (klauen?).

Wenn den Bankbeamten Millionen bezahlt werden für illegal beschafft Daten, so wird die juristische Wortklauberei zur Farce.

Mit solchen "Spielchen" ist nun das verhandelte Steuerabkommen mehr als gefährdet.


Aus 20 Min:


Ein Medienbericht, wonach das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) erneut eine Steuer-CD aus der Schweiz gekauft haben soll, lässt die Schweiz nicht kalt. Wirtschaft und Politik sind verärgert.

storybilden
Das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland gerät mehr und mehr in Gefahr. Berichte, das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) habe erneut eine CD mit gestohlenen Daten deutscher Bankkunden gekauft, stiessen am Wochenende in der Schweiz auf Kritik.
Die Regierung von NRW in Düsseldorf soll für die Informationen 3,5 Mio. Euro (rund 4,2 Mio. Franken) bezahlt haben. Finanzminister Norbert Walter-Borjans sagte lediglich, Daten auf CDs seien notwendig, um Steuerhinterziehern auf die Spur zu kommen.


Kommentar: Es fragt sich nachträglich, ob unsere Finanzministerin nicht  eine Mitschuld an diesem DC Wirbel trägt. Hat Sie den Verhandlungstext (bewusst?) zu wenig präzis abgefasst oder hatte sie dem Parlament die Vereinbarung beschönigt?Jedenfalls geht das politische Seilziehen weiter.


Der Finanzministerin kann heute vorgeworfen werden:

Sie hat bei diesem wichtigen Dissens mit dem Nachbarland zu spät kommuniziert. Bei wichtigen Problemen ist Abtauchen immer schlecht.
Offensichtlich hat Bundesrätin Widmer- Schlumpf  die Frage der CD Beschaffung falsch verstanden und falsch vermittelt.
Ihre erste Aussage am Radio und stimmt mit  dem heutigen Tatbestand nicht überein. Diese Panne darf und kann nicht beschönigt werden.  


Nachtrag aus dem aufschlussreichen Interview mit PDF Chef Müller:


FDP-Präsident Philipp Müller zum CD-Kauf und Steuerabkommen «Jetzt muss Widmer-Schlumpf hinstehen»

«Vielleicht waren die Deutschen einfach schlauer». Philipp Müller verlangt Klarheit zum Chaos um gestohlene Bankdaten.


play Eveline Widmer-Schlumpf
(Keystone)
play «Zwei, drei Sätzchen am Fernsehen reichen nicht.» Philipp Müller
(Manuel Zingg/Blick)

Quelle BLICK-online:

BLICK: Herr Müller, was ärgert Sie mehr: Dass Deutsche weiter geklaute CDs kaufen wollen, oder dass Banken ihre Daten nicht schützen können?
Philipp Müller: Beides ist sehr ärgerlich. Es ist unglaublich, dass unsere Banken nicht in der Lage sind, diese sensiblen Daten besser aufzubewahren. Dass die Deutschen immer noch geklaute CDs kaufen, zeigt aber auch, dass es im Abkommen Interpretationsspielraum gibt.
Sie vermuten ja schon lange, dass das Steuerabkommen Datenkauf gar nicht unterbindet.Richtig. Ich habe dazu bereits im April mit dem Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) lange und intensive Mail-Korrespondenz gehabt.
Und was hat das SIF Ihnen gesagt?Man hat mir versichert, die Formulierung im Vertrag stelle sicher, dass ab Unterzeichnung des Vertrags der Kauf von geklauten Daten nicht mehr zulässig sei.
Hat man Sie angeschwindelt?Ich gehe eher davon aus, dass das SIF tatsächlich glaubte, was es mir schrieb. Dass sie glaubten, sie hätten das so ausgehandelt. Vielleicht waren die Deutschen einfach schlauer. So oder so frage ich mich aber: Warum schrieb man dann nicht deutsch und deutlich ins Abkommen, dass der Datenkauf nicht mehr möglich ist? Ich gehe ja davon aus, dass beide Verhandlungsdelegationen der deutschen Sprache mächtig sind.
Was erwarten Sie jetzt von der Finanzministerin?Eveline Widmer-Schlumpf ist jetzt gefordert! Sie muss dringend, wirklich dringend, hinstehen und erklären, was genau sie mit Bundesfinanz­minister Wolfgang Schäuble ausgehandelt hat. Hier herrscht Klärungsbedarf. Nur die Bundespräsidentin kann das jetzt klären.
Widmer-Schlumpf hat gestern im TV gesagt, die Deutschen hätten zugesagt, keine Daten mehr zu kaufen. Berlin halte sich daran, könne das aber bis zum Inkrafttreten des Abkommens gegenüber den Bundesländern nicht durchsetzen.Im Parlament und im Mailwechsel mit dem SIF tönte es aber ganz anders! Und diese neue Version ist ein Witz. Wenn Berlin die Länder nicht unter Kontrolle hat, nützen alle Abmachungen nichts. Es ist ja nicht Berlin, das die Daten kauft, das sind die Länder! Aber das war immer klar. Nein, hier besteht Klärungsbedarf, Widmer-Schlumpf muss hinstehen. Da reichen drei Sätzchen am Fernsehen nicht.
Wie kann Widmer-Schlumpf die Situation noch retten?Wenn sie das Verbot von Datenkauf wirklich ausgehandelt hat, ist das mit einem diplomatischen Notenaustausch zum Abkommen klarzustellen.
Und wenn die Deutschen das nicht wollen?Dann zeigt das, dass sie offenbar von Anfang an kein Verbot von CD-Käufen wollten. Dann wäre das Parlament von Widmer-Schlumpf nicht korrekt informiert worden.
Muss das Abkommen dann neu verhandelt werden?Nein, das Abkommen steht. Auch die Schweiz hat viele Konzessionen gemacht. Das Ende der Fahnenstange ist erreicht.
Ist das Steuerabkommen überflüssig geworden? Nein! Nun braucht es das Abkommen erst recht, weil damit flächen­deckend alle von Deutschen in der Schweiz deponierten, nicht versteuerten Gelder erfasst und besteuert werden können. Die Verwertung gestohlener Daten ermöglicht hingegen nur eine selektive Erfassung.
Ist es denn überhaupt ein Problem, dass Deutsche weiterhin geklaute Daten kaufen wollen?Ich spreche den deutschen Steuerbehörden das Recht keineswegs ab, ihren Steuergesetzen Nachhaltung zu verschaffen. Im Gegenteil. Aber darum geht es hier nicht. Hier geht es um einen Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz. Und darum, wie die darin ausgehandelten Vereinbarungen aussehen. Und ob man sich daran hält oder nicht.
Ist das Referendum in der Schweiz überhaupt noch zu gewinnen? Davon gehe ich aus. Wie man es auch dreht und wendet, der Ankauf gestohlener Daten ist eines Rechtsstaats unwürdig. Es wäre auch für Deutschland besser, wenn man die Steuerdelinquenten flächendeckend zur Begleichung ihrer Steuerschuld zwingt. Und das ist mit dem Abgeltungsabkommen möglich.
Wenn aber das Abkommen scheitert?Dann heisst es zurück auf Feld eins. Ein anderes Abkommen wird es wie gesagt nicht geben. Scheitert das jetzige, dann müssen die Deutschen halt für jeden einzelnen ihrer Bürger, bei dem sie Anzeichen auf Steuerhinterziehung haben, ein Amtshilfegesuch an die Schweiz stellen.



NACHTRAG:


Was bedeutet «aktiv erwerben»? Um diese Worte ist ein erbitterter Interpretationsstreit in der Schweiz und Deutschland entbrannt. Das bilaterale Steuerabkommen untersagt den «aktiven Erwerb» von gestohlenen Bankdaten (vgl. Box). Trotzdem hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen angeblich jüngst zwei neue CD mit gestohlenen Bankdaten gekauft. Ist das nun ein Bruch der Abmachung oder nicht?
Ausser einer kurzen Stellungnahme im Schweizer Radio und Fernsehen hat sich Eveline Widmer-Schlumpf bis jetzt zurückgehalten. Nun aber nimmt die Bundespräsidentin detailliert Stellung. «Nach Abschluss der Verhandlungen bestand auf beiden Seiten Übereinstimmung, dass der aktive Erwerb von gestohlenen Bankdaten nicht mehr zulässig ist», stellt sie in einer schriftlichen Stellungnahme klar. «Wenn für gestohlene Daten Geld bezahlt wird, und zwar in Millionenhöhe, so ist das auch nach gesundem Menschenverstand eine Aktivität, also aktives Bemühen.»
Weshalb aber hat man Geldzahlungen im Text nicht explizit verboten? «Sinn der Formulierung war es, eine passive Entgegennahme zu ermöglichen», antwortet Widmer-Schlumpf. Deutschland sollte «die Möglichkeit erhalten, seinen Steuerbehörden zugespielte Daten zu prüfen». Mit anderen Worten: Deutschland sollte weiterhin Daten-CD auswerten können, die im Briefkasten einer Steuerbehörde landen – Geldzahlungen sollten jedoch ausgeschlossen sein.
Es gab eine Zeit, da stützte auch der deutsche Finanzminister diese Sichtweise. Bei der Unterzeichnung des Steuerabkommens im September 2011 sagte Wolfgang Schäuble, das Verbot des «aktiven Erwerbs» bedeute, dass deutsche Behörden prinzipiell keine Bankdaten mehr kaufen würden.
In dieser Woche vollzog Schäuble eine Akzentverschiebung. Am Montagmorgen erklärte sein Sprecher noch, man wolle die Worte «aktiver Erwerb» nicht auslegen. Bereits am Montagabend ging Schäubles Ministerium einen Schritt weiter. Dem Schweizer Radio und Fernsehen teilte sein Sprecher schriftlich mit: «Sollte den deutschen Behörden eine CD zum Erwerb angeboten werden (. . .), enthält das Abkommen kein Verbot, die Daten entgegenzunehmen. Auch die Zahlung von Geld für diese Daten ist nach dem Abkommen nicht verboten.»
Die wohlwollende Erklärung für Schäubles Schwenkung lautet, dass er versucht, das Abkommen innenpolitisch zu retten: Wenn er die rot-grüne Regierung von Nordrhein-Westfalen zu hart attackiert, dürfte das Abkommen in der deutschen Länderkammer definitiv scheitern. Aus dem gleichen Grund muss sich auch Widmer-Schlumpf mit zu harter Kritik an Schäuble zurückhalten.
Ihr Problem ist jedoch, dass mit den neuen Tönen aus Berlin im Inland die Kritik an ihr wächst. FDP-Präsident Philipp Müller ärgerte sich am Dienstag im «Blick», dass Widmer-Schlumpfs Staatssekretariat ihm noch im April versichert habe, «dass ab Unterzeichnung des Vertrags der Kauf von geklauten Daten nicht mehr zulässig sei».
Diese Aussagen ihres Departements erklärt Widmer-Schlumpf heute so: «Ich könnte mir vorstellen, dass die konkreten Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den Bundesländern damals etwas überschätzt wurden.» Im Nachhinein stelle sich nun heraus, dass die deutsche Regierung das Abkommen gegenüber ihren Bundesländern erst dann durchsetzen könne, wenn es formell in Kraft sei. Dass dies noch nicht der Fall ist, liegt nicht nur an Deutschland: In der Schweiz droht das Referendum.
In einem Punkt demonstrieren Widmer-Schlumpf und Schäuble weiterhin Einigkeit: Beide argumentieren, dass der Kauf von Bankdaten gar nicht mehr nötig sei, wenn die Abgeltungssteuer erst einmal funktioniere. Welche deutsche Steuerbehörde soll noch für Bankdaten zahlen, wenn es gar kein deutsches Schwarzgeld mehr in der Schweiz gibt?, lautet das Argument. In der «Rheinischen Post» sagte Schäuble es so: «Der Geist, Zweck und Inhalt des Abkommens ist so, dass es die Steuerfragen umfassend regelt, ausgiebige Kontrollen ermöglicht und damit die Grundlage zum Kauf von CDs entfällt.»
Widmer-Schlumpf ihrerseits spricht Klartext an die Adresse der deutschen Opposition, die sich ein besseres Steuerabkommen erhofft: «Es wird keine Neu- oder Nachverhandlungen geben.»

Der umstrittene Passus im Wortlaut

Im Zentrum des Interpretationsstreits zwischen Deutschland und der Schweiz steht eine einseitige Erklärung Deutschlands. Die deutsche Bundesregierung hat diese Erklärung am 21. September 2011 schriftlich abgegeben. Sie bildet eine Art Anhang zum Steuerabkommen. Die Erklärung lautet wie folgt:
«Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, dass sich die deutschen Finanzbehörden nicht aktiv um den Erwerb von bei Banken in der Schweiz entwendeten Kundendaten bemühen werden.»