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Christian Brönnimann schreibt am Freitag 13. Januar 2012
Wie Hildebrand log, ohne zu lügen
«Ich habe in dieser Geschichte nie gelogen. Ich bin mit mir im
Reinen», sagte Philipp Hildebrand am Montag, als er der Öffentlichkeit
seinen Rücktritt erklärte. Wie kann der abgetretene
Nationalbankpräsident nach all dem, was über die Affäre rund um seine
privaten Devisengeschäfte bekannt ist, eine solche Aussage machen,
ohne rot zu werden
im Gesicht? Die Antwort ist ganz einfach: Aus seiner Perspektive hat er
sich tatsächlich an die Wahrheit gehalten – wenn auch objektiv
betrachtet nicht an die ganze.
Hildebrand beteuerte sowohl bei seinem Auftritt letzte Woche als auch
am Montag,
dass seine Frau «die Devisentransaktion am 15. August ohne
mein Wissen veranlasst hat». Für diesen Fakt gebe er sein «Ehrenwort».
So gut sie tönt, so leer ist die Aussage. Dass er am Tag X nicht über
das konkrete Geschäft im Bild war, mag
formal gesehen korrekt sein,
ist aber irrelevant.
Denn Hildebrand hat seiner Frau das Einverständnis
gegeben, über sein Konto Devisengeschäfte abzuwickeln. Das ist sein
grundsätzlicher Fehler. Da das Dokument, das dies beweist, erst nach
seinem Auftritt am Dienstag im Internet abrufbar war, entging Hildebrand
aber kritischen Fragen zu diesem für ihn unerfreulichen Teil der
Wahrheit.
Indirekt zu lügen ist bei den Mächtigen und Wichtigen ein
bekanntes Muster. Unvergessen ist etwa Bill Clintons Ausflucht nach
seiner Affäre mit Monica Lewinsky.
«Ich habe in dieser Geschichte nie gelogen. Ich bin mit mir im Reinen»: Philipp Hildebrand, 15. Dezember 2011. (Bild: Keystone)
Hildebrand hat also bloss indirekt gelogen, indem er nur die halbe
Wahrheit sagte und damit einen falschen Gesamteindruck vermitteln wollte
– eine elegante Möglichkeit,
einen inneren Gewissenskonflikt zu umgehen.
Dabei ist auffällig: Schon letzte Woche nahm er den weiteren Verlauf
der Geschichte vorweg, vielleicht um sein Gewissen weiter zu entlasten.
Im Rückblick fast etwas entlarvend sagte er bei seinem ersten Auftritt
am Donnerstag:
«Ob wir wirklich alles kennen, heute, ist schwierig zu
betrachten. Aber seit zwei Tagen haben wir das Puzzle doch zu grossen
Teilen komplettieren können.» Zu diesem Zeitpunkt wusste Hildebrand
genau, welches Puzzlestück noch fehlte, um ihn zu Fall zu bringen.
Indirekt zu lügen ist bei den Mächtigen und Wichtigen ein bekanntes
Muster. Unvergessen ist etwa Bill Clintons Ausflucht nach seiner
Affäre
mit Monica Lewinsky: Er habe keinen Sex mit ihr gehabt, behauptete er –
weil Oralsex in seiner Realität kein richtiger Sex ist.
Genauso
kann
Christoph Blocher darauf beharren, keine «Bankunterlagen» von Hildebrand
zu besitzen, wenn er in Tat und Wahrheit fotografierte
Bildschirmausschnitte erhalten hat.
Dahinter steckt ein durch und durch menschlicher Wesenszug.
Auch ein Kind verschweigt, im Dorfladen Schokolade geklaut zu haben,
wenn seine Eltern nur danach fragen, ob es Bonbons eingesteckt hat. Die
Affäre Hildebrand zeigt einmal mehr: Die Mächtigen sind immer dann am
nahbarsten, wenn sie in der Defensive sind.
LINKS:
Nicht jeder ist zur Lüge geboren. Wer grosse Angst hat, erwischt zu werden, sollte es bleiben lassen. Lügen klappt nur mit Leichtigkeit und Souveränität.
www.rhetorik.ch/Wahrheit/Luege.html
wird unablässig gelogen. Bei all den vielen Lügen hat kaum jemand ein schlechtes Gewissen. Viele Händler täuschen Interesse oder Desinteresse vor.
www.rhetorik.ch/Wahrheit/Wahrheit1.html
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erschien mit verschiedenen Babies auf Illustrierten, zum Teil vor der
Geburt des Kindes. Quelle: Teil der Wanderausstellung "X für U -
Bilder, die lügen" ...
www.rhetorik.ch/Bildmanipulation/Bildmanipulation.html
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27. Jan. 2011 ... Januar 2011 beschäftigte sich DRS 1 im Treffpunkt mit dem Schwerpunktthema " Lügen". Die Sendung wurde mit folgendem Text angekündigt: ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/11/01_27/index.html
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20. Febr. 2003 ...
Marcus Knill, wann haben Sie zum letzten Mal gelogen? MARKUS KNILL:
Heute Morgen. Wie gehts, hat mich ein Bekannter gefragt. Es geht ...
www.rhetorik.ch/Wahrheit/Fantasie.html
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