Mittwoch, 30. Juli 2008

Was kostete die Freilassung der Geiseln in Libyen?

Dass Diplomaten die Verhandlungen geheim führen müssen, wenn es um die Befreiung von Geisseln geht, leuchtet ein. Bundesrätin Calmy-Rey gab denn auch nie Auskunft über die Bedingungen und allfällige Lösegelder. In diesem Fall hat sie richtig kommuniziert d.h. sie hat die Kommunikation geführt. Bei den Saharageiseln hatte man erst später erfahren, dass eine erhebliche Summe gezahlt worden ist.

Nun sind die zwei Schweizer Geiseln überraschenderweise frei gegeben worden (Sie dürfen nur noch nicht das Land verlassen).

Verständlich, dass sich die Presse nun fragt, wie die Schweiz Libyen entgegengekommen ist. Wahrscheinlich wird der Deal auch weiterhin geheim bleiben. Ob wohl irgend eine Stelle undicht wird, und man - wie im Fall Nef - plötzlich Dokumente veröffentlicht, die zeigen, was man Ghadhafi zahlen oder schenken musste?

Ich zitiere nzz-online:

Besänftigung der Eitelkeit

Nun stellt sich die Frage, wie die Schweizer Diplomaten in kurzer Zeit so viel erreichen konnten. Nur mit Gesten zur Besänftigung der verletzten Eitelkeit des Revolutionsführers dürfte es nicht getan sein. Ghadhafi hat es schon in der Vergangenheit mehrfach verstanden, sich sein Einlenken grosszügig vergelten zu lassen. Erinnert sei etwa an den Lockerbie-Anschlag, wo Libyen für ein vages Schuldeingeständnis die Aufhebung der Uno-Sanktionen gegen sein Land und die Streichung von der Liste der Terrorstaaten erreichte.

Ein jüngeres Beispiel – und dem Schweizer Fall viel naheliegender – ist die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes aus jahrelanger libyscher Kerkerhaft im Juli letzten Jahres. Hierbei hatte Frankreich die Führung der intensiven diplomatischen Bemühungen der EU übernommen. Einen Tag nach der Rückkehr der Gefangenen reiste Frankreichs Präsident Sarkozy nach Tripolis – offenbar mit «schwerem Gepäck».

Atomreaktor und Waffen

Erst nach und nach erfuhr später die französische Öffentlichkeit, was sich Sarkozy seinen aussenpolitischen Erfolg hatte kosten lassen. Frankreich sollte in Libyen das Spital von Benghasi sanieren, eine Autobahn bauen und dem einstigen Terrorstaat einen Atomreaktor verkaufen, angeblich zur Entsalzung von Meerwasser. Auch soll Frankreich das Blutgeld von über 400 Millionen Dollar für die Angehörigen der mit Aids infizierten Kinder aufgebracht haben. Auch von Waffenlieferungen war die Rede. Später bestätigte der teilfranzösische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS zwei Verträge mit der libyschen Regierung über Waffen im Wert von fast 300 Millionen Euro.

Im Nachhinein wohl als der peinlichste Teil des Deals stellte sich für Sarkozy jedoch der Besuch Ghadhafis in Paris im Dezember 2007 heraus. Allgemein wird vermutet, dass die Einladung ebenfalls eine Gegenleistung für die Freilassung der Gefangenen war. Ghadhafi blieb ganze fünf Tage in der französischen Hauptstadt und bot eine Reihe höchst bizarrer Auftritte. Man mag sich nun fragen, ob Bern Ähnliches blühen könnte.

Kommentar: Nachdem Ghadhafi gefordert hatte, dass sich die Schweiz entschuldigt und die Strafakte schliessen müsse - die Schweiz in dieser Hinsicht nicht klein beigegeben hat, liegt es in der Luft, dass Ghadhafi anderweitig nachgegeben wurde. Ohne Entgegenkommen, würde das Oel gewiss nicht wieder so rasch fliessen.

.