Samstag, 15. Dezember 2007

Hans-Jürg Fehrs Argumentation gibt zu denken

Nach der hinterhältigen Dolchstossaktion der CVP, SP und der Grünen versucht nun Hans-Jürg Fehr - bei jedem Auftritt - die fragwürdige Aktion als demokratischen Akt hinzustellen, den die Mehrheit des Parlamentes getragen hat. Für Fehr war der Coup vergleichbar mit der Aktion von SVP, die vor vier Jahren Ruth Metzler verdrängt hatte . Zudem hätte man der SP auch schon einen anderen Bundesrat vor die Nase gesetzt bekommen, gegen den eigenen Kandidaten (beispielsweise mit Otto Stich). Die SVP habe somit keinen Grund, beleidigt zu sein.

Der Unterschied

In der Arena kam Hans Jürg Fehr jedoch in einen Argumentationsnotstand, als ein Votant ihn darauf aufmerksam machte, dass es ja auch die SP war, die es nicht zugelassen hatte, dass Ihnen das Parlament einen anderen Kandidaten vor die Nase gesetzt hatte. Francis Matthey war damals entgegen der Kandidatin der eigenen Partei vom Parlament gewählt worden (So wie Eveline Widmer-Schlumpf jetzt bei der SVP) . Dass aber damals die SP den Sprengkandidaten auch unter Druck gesetzt hatten und der vom Parlament gewählte Matthey zu Gunsten der Partei auf die Wahl verzichten musste, scheint die SP verdrängt zu haben. Ruth Dreifuss wurde damals dem offizell Gewählten vorgezogen. Fehr konnte diesen Sachverhalt nicht bestreiten. Er rechtfertige sich lediglich mit der dürftigen Begründung , das Argument "Frau" sei eben damals für die SP ausschlaggebend gewesen.

Zur Logik des Dialektikers Fehr

1. Wenn es die SP nicht zulässt, dass ein Kandidat aus ihren Reihen auf die Wahl verzichten muss, so müsste die Partei dieses Recht auch der SVP zugestehen und nicht bei der SVP nicht von autoritären Druckversuchen reden.

2. Fehrs Mathematik mit den 70 % - die Blocher nicht gewollt hätten - übersieht, dass es bei der Abwahl Blochers nicht nur um die 30% SVP Stimmen geht. Er geht in erster Linie um die Kernfrage: Dürfen alle andern, der grössten Partei vorschreiben, welchen Vertreter sie im Parlament haben wollen? Darf ein bisheriger Bundesrat nur deshalb abgewählt werden, weil er in der Sachpolitik nicht so pflegeleicht war, wie eine Person, die im Bundesrat weniger Ecken und Kanten hat? Es ging bei der Auseinandersetzung vor allem um das Aufzwingen einer unbekannten SVP Kandidatin gegen den Willen der betreffenden Partei!

3. Hans-Jürg Fehr wäre der erste, der bei einer analogen Nacht und Nebelaktion bei der SP (ebenfalls mit einem "fremden" Sprengkandidaten - ohne dass die Person vorher vorgestellt und auch heimlich aus dem Hut gezaubert worden wäre), sich mehr als deutlich gewehrt hätte. Ich bin überzeugt: Fehr würde in diesem Fall das hinterhältiges Spiel gegen die SP Partei als unfair bezeichnen und er würde unmissverstädlich beanstanden , die Aktion sei alles andere als transparent und offen.

4. Der Vergleich mit der Abwahl der Bundesrätin Metzler hinkt. Damals ging es um den Anspruch, die Sitze gemäss der Wählerstärke zu besetzen (Es ging vor allem um die Konkordanz). Bei der überraschenden Wahl der neuen Bundesrätin ging es hingegen um die Wegwahl einer Person, die in Sachfragen unangenehm war (Steuern , Ausländerpolitik, Kriminalität, Europa). Nach der NZZ am Sonntag Nr 50 spricht sich die neue Bundesrätin für die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit aus. Sie ist gegen die Initiative "EInbürgerungen vors Volk". Auch die Prämiensenkungs- Initiative der SVP lehnt sie ab. Da die SVP ihre unangenehme Parteimeinung im Bundesrat nun nicht mehr angemessen einbringen kann, beeinflusst die aufgezwungene Wahl die Konkord im Bundesrat eindeutig zu ungunsten der SVP.

5. Fehr wiederholt zwar bei jedem Auftritt, die Konkordanz sei mit der Wahl der Sprengkandidatin nach wie vor gewährt. Die SVP habe ja trotz des Coups immer noch zwei Sitze. Er sehe nicht ein, was da zu beanstanden wäre. Der Bundesrat sei somit - nach wie vor - mehrheitlich bürgerlich. Bei diesem Argument wird der Begriff Konkordanz stark strapaziert. Die SVP könnte nämlich mit gleichem Recht sagen: Konkordanz heisst, dass die Parteistimmen so vertreten werden, wie es die Partei wünscht. Dieses Konkordanzverständnis wurde von den Linken, Grünen und vor allem von der CVP mit ihrem Spiel ausgehebelt. Man hat der SVP bewusst eine pflegeleichtere Person vor die Nase gesetzt. Eine Bundesrätin, die im Bundesrat weniger deutlich die SVP Doktrin einbringt (Familienpolitik, Ausländerfragen usw.) Das ist bekannt. Die neue Bundesrätin wird gewiss engagiert politisieren, so wie sie es schon bewiesen hatte, als sie gegen die offizielle SVP Meinung schon öffentlich angetreten war.

Persönlich vertrete ich die Meinung, dass eine Partei das Recht hat, Ihre Vertretung selbst zu bestimmen. Hans- Jürg Fehr weiss ganz genau, dass das unredliche Spiel mit dem generalstabsmässig organisiertem Ueberraschungscoup (Geheimplan Blocher ?) - der zwar Erfolg hatte - weder korrekt noch fair war. Jedenfalls habe ich bereits in der jüngsten Arena nach der Wahl gespürt, dass die betroffenen Regisseure aus der CVP, der SP und den Grünen, ihr fragwürdiges Politspiel (als "Schuldige"), mit einem schlechten Gewissen ständig mit sonderbaren Selbstschutzbehauptungen nachträglich zu beschönigen, zu übertünchen oder mit der sonderbaren Logik (à la Fehr) zu rechtfertigen versuchen. Ich bin überzeugt, dass die Folgen dieser fragwürdigen , hinterhältigen Aktion von den Drahtziehern der Blochergegner nicht zu Ende gedacht worden war und gewiss noch unangenehme Folgen haben werden. Für die SVP wird diese minutiös vorbereitete Dolchstossveranstaltung ebenfalls gravierende Folgen haben. Der harte Kern der Partei wird die ausgeschlossenen SVP Bundesräte nicht völlig isolieren können und es werden nicht alle Parlamentarier aus den eigenen Reihen bei der Oppositionsrolle mitmachen. Die SVP wird sehr wahrscheinlich eine unangenehme Zerreissprobe meistern müssen.

Obschon es die SVP nicht so wahr haben will: Ich glaube, die SVP wurde von dem Geheimplan - der seit Oktober minutiös vorbereitet worden war - am linken Fuss erwischt. Die Partei war auf diesen raffinierten Coup nicht vorbereitet. Sie nahm die Aussage der Nationalrätin Widmer Schlumpf - sie könne sich eine Arbeit ohne Fraktion nicht vorstellen - als sicherer Zusage, dass sie die Wahl ablehnen würde. Tatsächlich wollte die neue Bundesrätin die Wahl zuerst ablehnen. Erst nach einem Gespräch mit Samuel Schmid konnte sie umgestimmt werden. Ihr Entscheid wurde angeblich durch das Argument beeinflusst, dass bei ihrer Ablehnung die SVP einen Sitz verlieren werde.

DIESE BUNDESRATSWAHL WIRD NICHT NUR HISTORISCH VON BEDEUTUNG BLEIBEN. DIE WEICHEN WURDEN IN DER EXEKUTIVE NEU GESTELLT. MIT FOLGEN, DIE WIR ERST IN DER PRAXIS SEHEN WERDEN.

Sicher stimmt Fehrs beschwichtigende Aussage hinsichtlich Sitzverteilung. Da scheint tatsächlich alles beim Alten.

Bei politischen Entscheiden hingegen, wird jedoch eindeutig ein neuer Wind wehen.