Donnerstag, 12. Juni 2008

Schweizer Armee: Erneut ein grosser Unfall:

Nagelprobe für die Armee in einer Krise

Vor einem Jahr - nach dem Jungfraudrama - versagte die Armeeführung in der Krisenkommunikation. Heute kam es erneut zu eine, grossen Unfall. Bestehen nun die Verantwortlichen die Nagelprobe beim Kommunikationsverhalten?

Zitat Tagi-online:

12. Juni 2008,

Weitere Todesopfer nach Militärunfall geborgen

Ein Bootsunglück der Armee im Berner Oberland hat möglicherweise fünf Todesopfer gefordert. Drei Tote und fünf zum Teil schwer Verletzte wurden geborgen. Zwei Soldaten werden noch vermisst. Viele Fragen sind offen.

Erneut verunglücken Armeeangehörige im Berner Oberland.

Keystone Erneut verunglücken Armeeangehörige im Berner Oberland.

Der Bootsunfall ereignete sich am späten Vormittag auf der Kander bei Wimmis, wie die Armee an einer Medienkonferenz in Spiez bekannt gab. Insgesamt zehn Personen waren mit zwei Booten unterwegs. Bei den Betroffenen handelt es sich um Angehörige der Lufttransportabteilung 3 (LT Abt 3). Laut Otto von Allmen von der Kantonspolizei Bern alarmierte ein Armeeangehöriger die regionale Einsatzzentrale um 11.10 Uhr, dass zwei Gummiboote in der Region Hondrich/Spiez gekentert seien.

Bislang sind viele Fragen offen, etwa bezüglich Ausrüstung der Gruppe und deren Auftrag. Offenbar handelte es sich um eine Übung im Rahmen einer internen Weiterbildung. Die Lufttransport-Sicherungskompanie 3 hat ihren Standort in Wimmis. Ihr Auftrag ist es, den Militärflugplatz Alpnach und Tagesstandorte der LT Abt 3 zu sichern. Korpskommandant Walter Knutti sagte, Bootsfahrten seien nicht «das tägliche Brot» dieser Einheit.

Nicht aussergewöhnlich viel Wasser

Auch zum genauen Unfallhergang und zur Ursache machte die Armee keine Angaben. Im betroffenen Teilstück der Kander gibt es Schwellen.

Ob der Fluss auf diesem Abschnitt gefährlich zu befahren sei, sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, ebenso die Wetter- und Wasserverhältnisse zum Unfallzeitpunkt, sagte Knutti.

Schmids Anteilnahme

«Es ist ein weiterer trauriger Tag für die Armee», sagte Armeesprecher Felix Endrich am späten Nachmittag vor den Medien in Spiez.

Verteidigungsminister Samuel Schmid, der wegen dem Unglück seine Teilnahme am KFOR-Treffen in Brüssel absagte, sprach den Angehörigen des Verstorbenen, der Verletzten und der Vermissten im Namen des Bundesrates seine Anteilnahme aus. Er sei traurig und erschüttert, sagte Schmid vor den Medien und zitierte aus dem Kirchenlied «Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen».

Nach dem Lawinenunglück im Jungfrau-Gebiet vor einem Jahr sei die Armee erneut von einem schweren Unfall betroffen. Er bedaure dies zutiefst, sagte Schmid. Die Militärjustiz werde die Umstände so rasch wie möglich erhellen. Das Unglück im Jungfraugebiet hatte sechs Armeeangehörige in den Tod gerissen.

Ermittlungen aufgenommen

Der genaue Unfallhergang ist Gegenstand der Ermittlungen. Diese werden vom militärischen Untersuchungsrichter Michael Leutwyler geleitet, wie Silvia Schenker, Sprecherin der Militärjustiz, sagte. Nähere Angaben, insbesondere auch zur Einstiegsstelle der beiden Boote, wurden zunächst nicht gemacht. Die Boote konnten aber bis am Abend nicht aus den Wasserwalzen vor den Flussschwellen der Kander geborgen werden.

Der Tagesanzeiger publiziert auch noch eine Liste vergangener schlimmer Militärunfälle:

Die schlimmsten Armee-Unglücke seit 1970

12. Juli 2007: Bei einem Lawinenunglück in der Jungfrau-Region werden sechs Armeeangehörige in den Tod gerissen.

12. Oktober 2001: Eine Alouette III der Schweizer Luftwaffe touchiert bei Montana (VS) ein Kabel und geht beim Aufprall in Flammen auf. Die vier Insassen kommen ums Leben.

25. Mai 2001: In Delsberg touchiert eine Alouette III ein Kabel und stürzt ab. Der Pilot und drei Grenzwächter sterben.

12. November 1997: Ein Pilatus Turbo-Porter PC-6B stürzt während einer Militärübung im Simmental (BE) ab. Der Pilot und die vier Passagiere kommen ums Leben.

22. Juni 1994: Ein ziviler Helikopter stösst am Unteren Mönchsjoch (BE) mit einem Super-Puma-Helikopter der Schweizer Armee zusammen und stürzt ab. Ein britisches Ehepaar und der Pilot sterben.

27. April 1993: Ein PC-6 Porter der Armee gerät wegen eines Pilotenfehlers in Föhn-Turbulenzen und prallt in eine Felswand am Finsteraarhorn (BE). Drei Menschen sterben.

2. November 1992: Sechs Personen sterben bei der Explosion einer Kaverne des Munitionssprengplatzes Steingletscher am Susten (BE).

1990 bis 1993: Bei mehreren Handgranaten-Unfällen kommen insgesamt vier Wehrmänner ums Leben, mehrere weitere werden verletzt.

26. Mai 1987: Bei der Kollision eines italienischen Autos mit einem Armee-Camion der Armee sterben in einem Tunnel der A2 bei Amsteg (UR) drei Personen.

23. Oktober 1985: Ein Militärhelikopter Alouette III touchiert bei Rothenthurm (SZ) Bäume und stürzt ab. Drei von vier Insassen werden getötet.

August 1983: Vier Wanderer werden von einem explodierenden Blindgänger unterhalb Unterbäch (VS) tödlich verletzt. Bei Flums (SG) erleiden drei Spaziergänger dasselbe Schicksal.

21. Oktober 1982: Der Absturz eines Militärhelikopters Alouette III in der Region Säntis in der Innerschweiz fordert sechs Todesopfer.

24. Februar 1970: In Reckingen (VS) sterben beim schwersten Lawinenunglück der Schweiz des 20. Jahrhunderts 30 Personen, darunter 19 Armeeangehörige.

Kommentar: Heute Abend hörte ich im Auto die Aussage von Korpskommandant Walter Knutti im Radio. Das Statement überzeugte mich, denn er sprach keine Vermutungen aus, so wie es Armeechef Keckeis nach dem Jungfraudrama vor einem Jahr gemacht hatte. Knutti sagte ehrlich, dass er vorläufig nicht mehr wisse über die näheren Umstände und informierte nur über das was man wusste. Er zeigte seine Betroffenheit und versprach den Sachverhalt zu untersuchen. Ich gehe davon aus, dass er dies auch tun wird.

Nur Presssprecher Endrich liess sich auf Vermutungen ein und vermutete, vielleicht hätte die Truppe auch eine Uebung gemacht, die nicht zum eigentlichen Auftrag gehört. Zum Beispiel ein Uebung zur Teamförderung.

Endrich scheint somit von Jungsfraudrama nicht viel gelernt zu haben. Sein Nachsatz: Es ist wichtig, dass.....(es folgte die Kondulation und der Gedanke, dass man mit den Angehörigen mitfühle) trug er mit einer dunklen Sonnenbrille vor (Augen versteckt) mit einem Mäppchen sein sichtbares Bäuchlein verdeckend. Die Wirkung dieser Aussage im Schweizer Fernsehen (Schweiz AKTUELL) war nicht glücklich. Das Votum überzeugte nicht. Es wirkte so, als sei der Nachsatz nur wichtig, dass man es noch sagt, weil es sich so ziemt.

Kommunikation ist Chefsache. Bundesrat Schmid lebte dies vor. Als Verteidigungsminister kehrte er nach Bern zurück und trat sofort an die Oeffentlichkeit und informierte so, wie es gemacht werden muss. Keine Vermutungen. Keine Schuldzuweisungen. Wir werden das Informationsmanagement der Schweizer Armee weiter verfolgen.

blick-online:

Korpskommandant Walter Knutti, Chef der Schweizer Luftwaffe, spricht über das Kander-Drama.
Da es Sache der Militärjustiz sei, den Unfall und seine Gründe zu untersuchen, wolle die Armee vor allem über den Stand der Suche nach den zwei Vermissten und über die verletzten Armee-Angehörigen informieren, sagte Sprecher Felix Endrich heute an der Pressekonferenz. Die Ausführungen dazu machen keine grosse Hoffnung:

«Wir haben keine neuen Erkenntnisse über den Verbleib der Vermissten», sagte Otto von Allmen, Chef der Regionalpolizei und Koordinator der Suchaktion in der Pressekonferenz vor den Medien.

Heute werde die Suche intensiviert, von der Unfallstelle bis zum Kanderdelta, so von Allmen weiter. Morgen werde auch eine Unterwasserkamera zum Einsatz kommen. Die Unglücksboote befinden sich nach wie vor in den Wasserwalzen an den Kander-Schwellen. «Es handelt sich im Moment ganz klar um eine Totensuche», so von Allmen.

Nach wie vor sind zwei Soldaten vermisst, vier der Verletzten Schlauchbootfahrer konnten das Spital verlassen. Sie konnten zu ihrer Truppe zurückkehren, sagte Walter Knutti, Korpskommandant und Chef Luftwaffe heute an der Pressekonferenz. Vom Unglück betroffen sind Offiziere und Unteroffiziere aus der Deutschschweiz. Sie gehörten einer Lufttransport-Sicherungskompanie an. Alle Angehörigen sind informiert.

Die auf zwei Schlauchboote verteilten zehn Armeeangehörigen stammen aus den Kantonen Zürich, Baselland, Graubünden, Schwyz, Aargau, Thurgau und Luzern.

Doch zu den brennendsten Fragen gibt die Armee keine Antworten:

Waren die Unglücksboote überhaupt für eine solche Fahrt geeignet?

Verfügte jemand über Riverrafting-Erfahrung?

Wieso gingen die Armee-Angehörigen mit den Schlauchbooten in den Fluss, obwohl professionelle Rafting-Anbieter die Strecke meiden?

Hat das Militär auf der Kander bereits ähnliche Fahrten unternommen?

Fragen über Fragen - wann kommen die Antworten?

Parallelen zum Jungfraudrama: So wie nach der Katastrophe an der Jungfrau wurden nun auch nach dem Schlauchbootunfall Fragen gestellt:

(Quelle blick-online)

Wer hat den Todesbefehl gegeben? Was hatten die WK-Soldaten, allesamt Angehörige der Lufttransport Sicherungskompanie 3, auf dem Wasser zu suchen?

«Ich kenne die Übungsanlage nicht», sagt Knutti. Und: Bootsfahrten seien nicht «das tägliche Brot» dieser Einheit.

War es schlicht eine Vergnügungsfahrt? Denn die Armee gab am Abend bekannt: Es habe sich um «einen Kaderanlass zur Teambildung» gehandelt. Die Militär-justiz untersucht. Vorläufig steht auch sie vor lauter Rätseln.

«Wir können nicht sagen, warum die Soldaten mit dem Schlauchboot auf die Kander gegangen sind. Wir wissen nicht einmal, an welcher Stelle sie eingewassert haben», sagt Sprecherin Silvia Schenker.

Der Kompanie-Kommandant sei hospitalisiert. «Wir konnten mit ihm noch nicht sprechen. Er steht unter Schock.» Seine Truppe hat einen ernsthaften Auftrag: Während der Euro soll sie Flugplätze sichern.

Seit zwei Wochen sind die 180 Mann in Wimmis im Alten Schulhaus stationiert. Von dort brachen die zehn Unglücks-Soldaten gestern zu ihrer Flusstour auf. Offensichtlich sind sie schlecht vorbereitet. Die Schlauchboote des Typs M6 sind für Wildwasserfahrten ungeeignet.

Und die Soldaten lassen sie ausgerechnet dort zu Wasser, wo die Kander am gefährlichsten ist. Auf dieser Strecke befinden sich künstliche Wehre. «Es sind tödliche Fallen«, sagt Benedikt Grossmann, Präsident des Berner Kanu-Klubs. «Der Rücklauf kann einen in die Tiefe ziehen.»

nzz-online:

Bestand wirklich eine dienstliche Notwendigkeit für eine Bootsfahrt von Angehörigen der Lufttransport-Sicherungskompanie 3? Denn solche Einheiten werden zugunsten der Lufttransport-Geschwader für den infanteristischen Schutz von Landeplätzen und deren Infrastruktur eingesetzt. Einer der Hauptpunkte der laufenden Abklärungen wird zweifellos auch die Frage sein, ob die reglementarischen Sicherheitsvorschriften für Tätigkeiten auf dem Wasser wirklich eingehalten worden sind. Aufhorchen lässt schliesslich die Bemerkung des Kommandanten der Luftwaffe, wonach Einsätze zu Wasser nicht zu den alltäglichen Aufgaben einer solchen Kompanie gehören. Sollte es sich nun erweisen, dass es sich bei dieser Unglücksfahrt tatsächlich um eine als Abwechslung zum Dienstalltag im Rahmen des Euro-08-Einsatzes verstandene «Einlage» gehandelt hat, wäre dies fatal.

20 Min-online:

Im Bereich der Unglücksstelle werden nie professionelle Touren angeboten. Was hatte eine Gruppe der Lufttransportabteilung 3 also dort zu suchen? Offensichtlich war es aber keine spontane Bootsfahrt. «Die drei bisher geborgenen Toten trugen alle Schwimmwesten und Helme», wie Korpskommandant Walter Knutti sagte.

Happige Vorwürfe lassen nicht auf sich warten!

20 min-online:

«Das ist reiner Selbstmord»

Die Schlauchboote, mit denen die Armeeangehörigen auf der Kander verunglückt sind, waren für diesen Einsatz nicht geeignet. Dies sagt ein User von 20 Minuten Online, der bereits einmal mit einem solchen Boot einen Fluss queren wollte.

Die Unglücksboote werden an Land gezogen. (Bild: Keystone/Lukas Lehmann)

Das Militärunglück von Wimmis ruft in R. H.* böse Erinnerungen an den eigenen Militärdienst vor 16 Jahren wach: «Wir waren zehn Füsiliere und versuchten in einem solchen Schlauchboot die Aare zu überqueren. Wir haben es nicht geschafft. Die Boote sind schwer, absolut starr, enorm träge und deshalb sehr schwierig zu manövrieren - selbst bei leichter Strömung wie damals auf der Aare.» «Ich kann die Verantwortlichen absolut nicht verstehen» Umso mehr erschüttert ihn der Anblick der Unfallstelle in Wimmis. «Sich mit diesem Armee-Boot dort in den Fluss zu wagen, ist wohl reiner Selbstmord», meint R. H. Man müsse sich nur die Strömung der Kander anschauen, die Äste, die noch darin herumschwimmen, und die Schwellen mit diesen gewaltigen Wasserwalzen: «Vor diesen Wasserfällen wird man bereits in jedem Anfänger-Kajak-Kurs gewarnt» Ein solches Schlauchboot der Armee lasse sich bei diesen Wasserverhältnissen schlichtweg nicht mehr steuern - auch nicht von Profis, ist R. H. überzeugt. «Ich kann die Verantwortlichen absolut nicht verstehen. Die Opfer und deren Angehörige tun mir sehr leid.» «Ich würde eher durch eine Schleuse schwimmen» Ähnlich sieht es Bergbachfischer A. P.*: «Ich komme aus Thun und kenne die Schwellen in Wimmis sehr gut. Daher kann ich nur sagen: Wer glaubt, dort durchfahren zu können, ist grössenwahnsinnig.» Er selbst sei oft in Schlauchbooten unterwegs, sagt er zu 20 Minuten Online. «Sie liegen flach auf dem Wasser, haben keinen Kiel und sind dementsprechend schwer zu steuern. Wenn die Schlauchboote des Militärs tatsächlich für zehn Personen zugelassen sind, dann können fünf Insassen diese Boote garantiert nicht steuern. Erst recht nicht in einem Wildbach.» Er jedenfalls würde es nicht wagen, «eher würde ich in Thun durch eine Schleuse schwimmen, als an dieser Stelle auf einem solchen Militär-Boot durch die Kander zu rudern». * Name der Redaktion bekannt

Kommentar:

Es ist durchaus verständlich, dass sich die Armeespitze derzeit bedeckt hält und die offenen Fragen nicht beantworten kann.

1. Die Armee darf nicht wieder den Fehler machen und vorschnelle Beurteilungen verlautbaren.

2. Es gibt zwar viele offene Fragen: Handelte es sich bei der offiziell als «Anlass zur Teambildung» bezeichneten Aktion um eine jener Übungen, die fast jedem aktiven oder früheren Militärangehörigen vertraut sind? Es wäre denkbar, dass ein Event manchmal von Spontanität und Gruppendynamik entwickelt wird und die notwendige Voraussicht klein geschrieben wird.

Hat der für den Befehl verantwortliche Kommandant vor der verhängnisvollen Entscheidung mit Fachleuten gesprochen?

Hat er sich mit dem Gelände und den aktuellen Verhältnissen vertraut gemacht? Bekanntlich gilt Riverrafting als ein gefährliches Freizeitvergnügen.

Wurden für eine solche Fahrt die richtigen Boote verwendet?

Sind alle einschlägigen Reglemente befolgt worden?

3. Immer mehr zeichnet sich jedoch ab, dass dieses Unglück bei einer sorgfältigen Abklärung vermeidbar gewesen wäre. Kenner der örtlichen Verhältnisse verstehen es nicht, dass das Militär in diesem Flussabschnitt überhaupt mit zwei Schlauchbooten auf die gefährliche Kander ging.

4. Nachdem es sich bei der Schlauchbootfahrt nicht um eine grössere Truppenübung gehandelt hat, kann die Armee nicht als ganzes in die Pflicht genommen werden.

5. Für den Befehl und dessen Umsetzung ist unter den gegebenen Umständen der zuständige Kommandant verantwortlich. Auch im privaten Bereich werden heute leider die objektiven Gefahren zu oft vernachlässigt.

6. Die Armee muss nach dem erneuten schweren Unfall die notwenigen Lehren ziehen. Nichts darf beschönigt noch vertuscht werden.

7. Der Vergleich mit den zivilen Outdoorseminaren zur Teamförderung gibt uns zu denken. Wenn gesagt wird, "dies mache man eben heute auch bei Firmen mit Führungskräften so", stellen wir die Gegenfrage : Muss man eben alles einfach so machen, weil man es eben so macht? Die Feststellung "das mache man eben heute so" greift zu kurz. Das Rendement solcher Teamförderungsevents wird übrigens heute von Experten recht kritisch hinterfragt. Nachkontrollen haben nämlich gezeigt, dass Manager, die (in kostspieligen Seminaren) als Teammitglied ein Floss bauen mussten, später im Beruf keine besseren Teamplayer geworden sind. Sie blieben - wie je und je - Einzelkämpfer . Falls die Armee gewisse Modeströmungen unbesehen "einfach so" übernimmt - ohne kompetente professionelle Begleitung - so wäre dies mehr als fahrlässig.

NACHTRAG:

VBS Mediensprecher Endrich überzeugte an der Medienkonferenz vom 13. Juni nicht, als zu der angeblichen "Förderung der Teamfähigkeit mit Schlauchbooten" befragt wurde. Seine hilflose Antwort im 10 vor 10 beschränkte sich auf die vage Aussage, bei teambildenden Operationen gebe es GEWISSE Teambildungsanlässe. (WELCHE?)

Das Wort "GEWISSE" wurde im zweiten Teil der nichtssagenden Antwort unterstrichen.

Endrich sagte, es gebe keine konkreten Vorschriften. Die Kommandaten seien frei in der Wahl der Uebungen.

Experten erklärten, das bei sogenannt teambildenden Uebungen bei professionellen Kursen kein Druck ausgeübt werden dürfte. In der Armee können jedoch solche Events befohlen werden und ein Offizier kommt unter Druck. Hätte er nämlich bei dieser risikoreichen Gummibootfahrt Bedenken geäussert, hätte sich der Zurückhaltende belastet:

Er wäre als nicht teamfähig, als Angsthase, abgestempelt worden!

In meinen Buch "Team und Kommunikation" schrieb ich im Jahre 2000 (im Kapitel über die Nachteile der Teamarbeit):

"Bei der Teamarbeit sind Einzelpersonen und Teamleiter oft risikofreudiger, weil das Risiko nicht allein übernommen werden muss. Für risikoscheue Personen ist zwar das arbeiten im Team ein Vorteil; doch kann sich eine zu grosse Risikobereitschaft negativ auswirken. Es kommt zu riskanten, möglicherweise gefährlichen Entscheidungen."

Armeechef Nef reagiert

Blick online:

Übungen sollen Bezug zum Aufrag haben

Der Chef der Armee, Roland Nef, will Übungen ohne direkten Bezug zum Kernauftrag eines Lehrverbandes verbieten. Das sagte heute im Rahmen der Medienkonferenz in Spiez. In der Ausbildung sei das Risiko auf ein absolutes Minimum zu beschränken. Ausbildungsprogramme seien speziell auf Sicherheit zu überprüfen. Übungen, auch ausserdienstlicher Natur, müssten vom vorgesetzten Kommandanten insbesondere auf das Risiko hin beurteilt werden.

Kommentar: Wir gratulieren dem Armeechef. Auf so etwas hat die Bevölkerung gewartet. Während einer Krise oder nach einem Unfall müssen Chefs so rasch als möglich zeigen, dass sie aus Fehlern lernen und die entsprechenden Massnahmen durchsetzen.