Mittwoch, 3. Dezember 2008

Die Macht der Medien in der heutigen Medienlandschaft

Dass sich die Medienlandschaft verändert hat, ist hinlänglich bekannt. Es wird immer mehr personifiziert, emotionalisiert, boulevardisiert, homogenisiert, simplifiziert, skandalisiert, moralisiert , kommerzialisiert. Es herrscht ein unerbittlichen Kampf um die attraktivsten Bilder. Es geht in erster Linie um Einschaltquoten. Der Schutz der Persönlichkeit gerät zunehmend unter die Räder, die Forderungen nach mehr „Schutz der Persönlichkeit“ ist somit nachvollziehbar. Ich möchte in diesem Beitrag für die Leser der Frage nachgehen, was betroffene Führungspersönlichkeiten für Möglichkeiten haben, unter den veränderten Gegebenheiten dennoch vernünftig mit Journalisten umzugehen.

In der zweiten Medienkonferenz anlässlich des Rücktrittes von Samuel Schmid als Bundesrat bekam er vor laufender Kamera plötzlich Nasenbluten. Der Verteidigungsminister den Journalisten zu: „Bitte nicht fotografieren“. Doch die Kameras wurden nicht abgestellt, die Bilder waren im Schweizer Fernsehen wie auch im Blick zu sehen. Schmid wendete sich nach dem Zwischenfall sofort ab, verliess das Podium und schob sinnvollerweise eine Pause ein. Dieses Verhalten war richtig. Bei einer Live-Uebertragung waren die Aufnahme dieser Sequenz unvermeidlich. In der Tagesschau hätte man dann jedoch andere Bilder zeigen können.

Als Bundesrat Merz nach seinem Herzstillstand auf der Bahre vom Helikopter ins Spital in Bern überführt wurde, kam es bei einigen Medien zu Bildern vom Spitalgelände, welche eindeutig ethische Grundsätze missachteten. Der Magistrat war den Bilderjägern hilflos ausgeliefert.

Da der Konkurrenzkampf immer mehr dazu führt, dass alle Medien bei aktuellen Geschichten einander nachfolgen, sprach Merz treffend von einem Goldfischsyndrom, man könnte das Nachahmungsverhalten auch als Homogenisierung bezeichnen. Als Folge dieser gemeinsamen Jagd nach exklusiven Geschichten hat der Erfolgsdruck enorm zugenommen. Wir müssen uns deshalb immer mehr mit ethischen Fragen und den Grenzbereichen der Persönlichkeitsverletzung befassen. Politiker und Führungspersönlichkeiten sind gefordert, sich mit der neuen Situation auseinandersetzen und der Frage nachgehen: Gibt es gegenüber dem Meutejournalismus taugliche Verhaltensmassregeln, die es erlauben, trotz unerfreulicher Nebenerscheinungen im Umgang mit Medien zu bestehen?

Medienschelte allein greift zu kurz

Nach dem Rücktritt von Bundesrat Schmid gerieten die Medien in die Kritik. Doris Leuthard verlangte, Verleger, Chefredaktoren und Presserat müssten sich zusammensetzen und die Lage in einem Krisengipfel analysieren. Harte Kritik war auch vom Pressesprecher des Bundesrates, Oswald Sigg, zu hören. Für ihn müssten die Medien zwei Worte aus der Abschiedsrede Samuel Schmids ernster nehmen: „Demut und Bescheidenheit!“ Urs Altermatt, Professor für Zeitgeschichte findet: „Samuel Schmid ist in einem gewissen Sinne Opfer einer Medienkampagne – einer unkoordinierten fast chaotischen Kampagne - geworden, die noch keine Verschwörungszüge trägt.“ Soziologe Kurt Imhof wirft den Journalisten Rudelverhalten, sogar Dummheit vor. Er empfiehlt ein Observatorium der öffentlichen Kommunikation zu gründen, das die Medienberichterstattungen kritisch begleiten müsste.

Ich teile die Meinung, dass sich das Klima in der Medienlandschaft verschärft hat und Führungskräfte unverhofft einer Medienmeute ausgeliefert sein können.

Chefredaktoren und Verleger wehrten sich in der Wochenendzeitung „SONNTAG vom 16. November“ gegen jegliche pauschale Kritik. Die These Imhofs lautet, alle Medien würden heute die gleiche Meinung vertreten, von den Gratis-, Boulevardblättern, Qualitätszeitungen bis hin zu Radio und Fernsehen, gekoppelt mit Behauptungen wie - es fehle heute an publizistischer Vielfalt. Alle würden von einander abschreiben und wie Lemminge hinter einander her laufen (Der Rudeljournalismus könne in vielen konkreten Fällen nachgewiesen werden). Diese verallgemeinernde These befremdete die meisten Verleger und Chefredaktoren. Für sie gibt es nicht - DIE MEDIEN AN SICH. Auch heute gebe es immer noch verschiedene Medien mit intelligenten Journalisten. Von Lynchjustiz könne keine Rede sein.

Ich finde, Pauschalurteile bringen wenig. Es geht mir jedoch darum, die ethischen Grenzen unter den neuen Gegebenheit in der veränderten Medienlandschaft bewusster zu machen.

Der Pakt Medien/ Politiker besteht nicht mehr so wie früher

Jahrzehntelang paktierten die Spitzenpolitiker mit den Medien und nutzten diese Symbiose. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Politiker frohlockten beispielsweise schadenfreudig, wenn ihr politischer Gegner von den Medien verteufelt wurde. Richtete sich die Kritik aber gegen das eigene Lager, sprachen sie von Verketzerungen und Verteufelungen. Ich entsinne mich noch gut, wie in den 68 Jahren die Medien als einseitig und links bezeichnet wurden und armeekritische Beiträge oder Reportagen von 1. Mai - Kravallen zu zahlreichen Beschwerden geführt hatten. Damals wurden Aufnahmen beanstandet, die verletzte Demonstranten zeigten und Mitleid weckten, hingegen wurden die Bilder von verletzten Polizisten nur verbal erwähnt. Später wurde dann das Fernsehen kritisiert, weil es angeblich zu bürgerlich, zu gouvernemental, zu wenig kritisch sei und gewisse Parteien und Gruppierungen schone. Die Auseinandersetzungen um Objektivität machte bewusst, dass es sehr schwer ist, Vorkommnisse sachgerecht und ausgewogen darzustellen. Eine absolute Objektivität gibt es wohl nie. Wir müssen davon ausgehen, dass jeder Medienmacher seine persönliche Meinung hat und es allen Menschen schwer fällt, eigene persönliche Präferenz zurückstellen. Anderseits dürfen Medien meiner Meinung nach Institutionen, Parteien, auch den Bundesrat, kritisieren (Medien haben in Demokratien eine wichtige Kontrollfunktion). Aufschlussreich ist die Beurteilung der Situation durch Peter Studer (ehemaliger Präsident des Schweizerischen Presserates) in SONNTAG NR. 47. Er verweist auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der die Medien als „Wachthund der Demokratie“ bezeichnet. Heute werde immer mehr auf Personen gespielt, findet Studer und Journalisten seien leider oft keine Wachhunde mehr, sondern vielmehr Wadenbeisser. Anderseits sind die Medien auch auf Informationen durch Personen der Oeffentlichkeit (Politiker, Manager usw.) angewiesen. Denn Medien verkaufen immer Geschichten, Personen und Nachrichten. Ich habe noch nie die Zusammenarbeit mit den Medien als herzliche Freundschaftsbeziehung bezeichnet, sie ist aus meiner Sicht ein Geben und Nehmen, wie es zwischen Verhandlungspartnern üblich ist. Beide Seiten können gewinnen oder verlieren. Ohne Medien werden Politiker zu Unpersonen und ihre Botschaften werden nicht mehr verbreitet. Die Medien benötigen Prominente um sie den Lesern verkaufen zu können. Jede Seite ist auf die Gegenseite angewiesen, obschon es kein Politiker gern hat, wenn er kritisiert wird. Es gibt nur dann Probleme, wenn gewisse Regeln der Ethik missachtet werden. Betroffene sollten nie schweigen, wenn Journalisten ethische Grundregeln missachten. Die Kontrolleure (Medien als vierte Gewalt?) müssen sich in Demokratien gefallen lassen, dass man auch sie einer Kontrolle unterzieht.

Im NZZcampus an der Universität Zürich diskutierten am 2. September Martin Senti und Kurt Imhof in der

Weiterbildungsreihe über Medien, Macht und Qualität über die Macht der Medien, die Macht der Politik und den Trend zur Personalisierung in der politischen Berichterstattung.

Der Hörsaal war zum Bersten voll. Der riesige Aufmarsch machte mir bewusst, dass sich breite Kreise für den Themenkreis "Medien, Macht und Qualität" interessierten. Auch bei diesem Medientalk an der Uni Zürich war von Rudeljournalismus, Lemmingejournalismus und Bewegungsmelderjournalismus die Rede. Ob es sich bei Bundesrat Schmid auch um eine Medienkampagne handelte, waren sich die Diskutanten nicht einig.

Welche Ansätze könnten uns aus der heutigen Mediensituation retten, bei der vor allem die Einschaltquoten zählen und sich die Medien gegenseitig schonen.

Mich interessierte es zu erfahren, welche Wege aus dem Dilemma herausführen könnten und ich stellte an dieser Veranstaltung Kurt Imhof die Frage, welche gangbaren Wege er als Lösungsansatz sehe.

Schlimm sind für Imhof vor allem die Wahrnehmungsverzerrungen. Weil die Kommunikation der wichtigste Rohstoff unserer Zeit sei, gelte es:

- Die Medienreflexion zu fördern

- Wir bräuchten Ombudsleute

- Vermehrte Mitsprache des Publikums wäre erwünscht

- Eine Berichtspflicht könnte eingeführt werden

- Die Feedbackkultur müsste ebenfalls gefördert werden

- Vor allem die Medienkritik gelte es zu verbessern

Wenn Qualitätsmedien abgebaut werden, kriegen wir sie nicht mehr hoch. Dem Raubbau ein den Redaktionsstuben müsse Einhalt geboten werden- Die Online Redaktionen würden immer teurer und das führe zum Raubbau in den Redaktionen. Heute leben auch die Gratiszeitungen von "Brot und Spielen". Die andern Blätter ahmen leider diesen Trend nach.

Es fehlt immer mehr an offener Auseinandersetzungen bei politischen Inhalten.

Hier muss Gegensteuer gehalten werden auch hinsichtlich der Abflachung der Meinungsvielfalt.

Auch Obama kippt sein Versprechen

Wie die meisten Politiker kann Obama seine Versprechen nicht mehr einhalten, nachdem er gewählt ist.

Blick online:

Ein enger Berater sagte, Obama habe die Gewinnsteuer ins Gespräch gebracht, als der Ölpreis weit über 80 Dollar pro Fass gelegen habe. Seitdem sei der Ölpreis aber deutlich gefallen und er werde auf absehbare Zeit auch nicht wieder über die Marke von 80 Dollar pro Fass steigen.

< Obama will nun die grossen Ölkonzerne offenbar nicht mehr mit einer Sondersteuer belasten. Seine Pläne zur Stützung der amerikanischen Mittelschicht seien aber auch ohne die Sondersteuer für Ölkonzerne zu finanzieren, fügte der Berater hinzu.

Während seines Wahlkampfs hatte Obama wiederholt eine Sondersteuer auf die Milliarden-Gewinne der Ölmultis gefordert, um im Gegenzug die Steuerlast für Familien mit geringem und mittlerem Einkommen zu reduzieren. Der Ölpreis ist seit seinem Rekordhoch im Juli bei 147 Dollar pro Fass auf zuletzt unter 50 Dollar gefallen. (SDA)

Wahlkampfversprechen hin oder her: Barack Obama will offenbar keine Sonderbesteuerung grosser Ölkonzerne mehr. (Reuters)

Kommentar: Damit hat ein Freund von mir recht, der schon vor der Wahl behauptet hatte, Obama werde - wie alle andern Politiker - seine Versprechen nicht mehr einhalten, sobald er gewählt sei.