Samstag, 17. Februar 2007

Andreas Gross wird nur gerügt - kein Verweis - keine Folgen

Die jüngsten Indiskretionen aus parlamentarischen Kommissionssitzungen bleiben ohne Folgen. Künftig sollen Verstösse jedoch konsequent geahndet werden. Es gebe zu viele Indiskretionen, sagt Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi.

Unter die bisherige lasche Praxis werde ein Strich gezogen. Da Indiskretionen oft vorgekommen seien, wäre es ungerecht, jetzt einige alte Fälle besonders zu behandeln.

Das Büro hörte unter anderen Andreas Gross, Präsident der Staatspolitischen Kommission (SPK), an. Nach Gross soll er die Indiskretion über Äusserungen von Bundesrat Christoph Blocher zur Entwicklungshilfe für Afrika in der SPK nicht selber begangen haben. Er habe sie gegenüber verschiedenen Medien auf Anfrage lediglich qualifiziert.

Blocher hatte nach offiziellen Angaben in der SPK zur «weit verbreiteten Ratlosigkeit im entwicklungspolitischen Umgang mit Afrika» gesprochen. Das Protokoll der Sitzung wurde einer Zeitung zugespielt. Nach Gross hatte er sie lediglich um eine Stellungnahme gebeten. Denn: Die Aussagen Blochers wären an der Grenze zum Rassismus gewesen.

Nach dieser eindeutigen Indiskretion verlangte Blocher vom Büro eine aufsichtsrechtliche Abklärung. Er warf Gross vor, seine Äusserungen auch noch falsch wiedergegeben zu haben. Der SPK-Präsident habe gesetzliche Regeln verletzt und sich nicht nur der Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen schuldig gemacht, sondern auch der Ehrverletzung.

Die SPK bedauerte die Interviews. Egerszegi sprach von einer Rüge, der erteilt worden sei. Das Büro werde nun einen Neuanfang machen und die Fraktionen und Parteien daran erinnern, dass Kommissionssitzungen gemäss Parlamentsgesetz vertraulich und Indiskretionen strafbar sind, sagte die Nationalratspräsidentin.

Kommentar:

Wir haben den Fall bereits in rhetorik.ch am 16. Oktober 06 (Naviagation über AKTUELL) ausführlich kommentiert. Wir fragten uns damals, ob diese Indiskretion aus der Kommissionssitzung nicht gezielt publiziert worden war. Blochers Geschichte von jenem Projekt, das in afrikanischen Händen missglückte, haben wir nicht persönlich gehört. Wir fanden aber damals: Kritische Bemerkungen über die finanzielle Unterstützungen bei der Entwicklungszusammenarbeit dürften noch nicht als rassistisch bezeichnet werden. Es hat sich dann später gezeigt, dass durch die Indiskretion von Gross in den Medien der Wortlaut verändert worden war. Ein ungutes Gefühl wurden wir im letzten Herbst nicht los: Was war die Absicht der Indiskretion? Ging es Gross vor allem um die Sicherung der Finanzen bei der Entwicklungszusammenarbeit oder darum, einen weiteren Beitrag zu publizieren, der Fehrs These stützt, Blocher sei untragbar geworden. (Man schlägt jetzt den Esel und nicht den Sack).