Sonntag, 24. August 2014

Eine Woche Geri-Gate

Medienopfer oder Opfer seiner Unbedachtheit?

Eine Analyse

Verschiedenen Medien versuchen eine Bilanz zu ziehen nach dem Geri Müller Medien-Hype.
Der Medienwirbel um den grünen Nationalrat und Badener Stadtammann Geri Müller kann in die Reihe von Medienskandalen eingereiht werden. Doch ist der Fall heute noch nicht abgeschlossen. Die Mediengeschichte hat die Offentlichkeit aussergewöhnlich stark interessiert. Das bestätigen die Nutzerzahlen  und die Quoten der elektronischen Medien. Es geht um Elemente von grossen Dramen: Menschliche Schwächen, Sexualiät, Prominente Personen, Emotionen,  drohendes Karriere­ende einer polarisierenden Politikerpersönlichkeit, gekoppelt mit einer politischen Dimension. Im Fall Geri Müller gibt es zudem eine Reihe von Haupt- und Nebendarstellern.
    

Geri Müller zeigte leider etwas zu spät  Reue mit einer Entschuldigung an der Medienkonferenz (an der keine Fragen gestellt werden konnten). Leider wurde die Reue abgeschwächt, weil er das fahrlässige Verhalten bagatellisierte, beschönigte (Vor allem im CLUB).  Ob Geri Müller eine Rehabilitation gelingt, ist völlig offen. – Viele Bürger hat  hat der grüne Politiker mit seiner «dunklen Seite» den Ruf verspielt.
Gegen seinen Verbleib im Nationalrat scheint hingegen nichts zu sprechen, falls sich der Verdacht auf Amtsmissbrauch oder Nötigung nicht bestätigen sollte.  Es liegt jedoch am Stimmbürger dem angeschlagenen Badener Stapi später zu verzeihen. 

Die Woche Gerigate hat dem angeschlagenen Politiker nicht nur das Image geschädigt. Er wurde in der Oeffentlichkeit  Spott und Häme ausgesetzt. Ich kann mir keine Person vorstellen, die es kalt lässt, wenn sie so der Lächerlichkeit preis gegeben wird. Geri Müller meldete sich denn auch Ende Woche krank. Wenn die grüne Partei glaubt, die Geschichte versande und es  Geri werde - wie Clinton - die peinliche Affaire unbeschadet überstehen,  so zweifle ich daran. Es wurde zu viel Geschirr zerschlagen. Auch an diesem Sonntag bleibt Gerigate in der Presse als Frontgeschichte.
 
Die Medien haben sich nach meinen Erkenntnissen weitgehend professionell verhalten. Die «Schweiz am Sonntag» vermochte ihre Gründe, den Fall öffentlich gemacht zu haben, vom Chefredaktor überzeugend darlegen. Inzwischen legitimiert die politische Dimension des Falls das mediale Interesse. (Zitat Tagi). Heute versucht zwar die "SonntagsZeitung" den Fall mit Borer zu vergleichen und ist überzeugt, dass sich die Publikation noch rächen wird. Diese Meinung teile ich nicht.
Geri Müller ist für mich kein klassisches Medienopfer. 
 Geri Müllers Fehler war, nicht sofort der Veröffent­lichung des Falls seine Sicht der Dinge dar zu legen. Sein Rechtsanwalt versuchte  leider am Anfang die Geschichte mit dem Hinweis zu stoppen, das Ganze sei eine private Angelegenheit und gehöre nicht an die Oeffentlichkeit. Damit eskalierte alles. Nach Beurteilung des Medienrechtlers Studer durfte die "Schweiz am Sonntag" den Fall publizieren.  Hinsichtlich Krisenmanagement war Geri Müller sehr schlecht beraten. Ich behaupte: Hätte er am Anfang offen informiert und sofort ohne wenn und aber mit einem MEA CLUPA die Schuld voll und ganz eingestanden, hätte die Geschichte eine andere Wendung genommen.  «Welt­woche»-Verleger Roger Köppel verteidigte zwar  den angeschossenen Politiker, aber die Story konnte nicht mehr gestoppt werden.  Es entwickelte sich im Netz und in der Medienlandschaft eine Eigendynamik.

Die Vermutung, der Fall Geri Müller könnte Ergebnis einer «jüdischen Verschwörung» sein, überzeugte nicht. Etwas können wir sicherlich aus dem Medien Hype lernen: Nicht jeder Skandal ist ein Medienskandal. Nicht jeder Politiker, der in den Fokus der Medien kommt, ist ein Medienopfer. Normale menschliche Fehler bekommen einen neue Dimension, wenn sie mit einem Amt verbunden sind und der Fehler einer Person begangen wird, die von anderen Führungspersönlichkeiten 100prozentiges ethisches Verhalten verlangt. Dies hatte Geri Müller bekanntlich bei Roland Nef wortwörtlich gefordert. Aber bei sich setzte er diesen Massstab nicht mehr an, weil angeblich alle Menschen Fehler machen.

Persönlich finde ich es gravierend, wenn ein Führungspersönlichkeit Risiken nicht mehr abschätzen kann, wenn er erpressbar wird und in Krisensituationen nicht mehr weiss, was er tut. Ein Stapi dürfte auch in Krisensituationen den Kopf nicht verlieren. Wenn er dazu nicht mehr fähig ist - so ist er nicht mehr tragbar. Es ist sicherlich nicht zu viel verlangt, wenn von einem Politiker eine gewisse Impulskontrolle erwartet werden darf.

Die Bevölkerung will einen Stadtpräsidenten, der auch in schwierigen Situationen Herr seiner Sinne bleibt.