Montag, 9. August 2010

Die SP lag unter Zugzwang

Quelle Tagi

Am Nachmittag forderte Helmut Hubacher mit deutlichen Worten, Moritz Leuenberger zur Vernunft auf. Bereits am Abend kam die Reaktion des Zürchers. Nun ist wieder die SP am längeren Hebel. Also doch: Merz und Leuenberger organisieren  sich nun so, dass die Ersatzwahlen an einem Tag stattfinden können.

Also doch: Merz und Leuenberger organisieren sich nun so, dass die Ersatzwahlen an einem Tag stattfinden können. Bild: Keystone

Helmut Hubacher sass während 34 Jahren! – von 1963 bis 1997 – im Nationalrat. Von 1975 bis 1990 präsidierte er zudem die SP Schweiz. (Bild: Keystone )

Schelte für Schlagabtausch mit Merz

Leuenberger hatte Anfang Juli seine Demission angekündigt. Da er noch den Durchstich am Gotthard-Basistunnel vom 15. Oktober sowie die Schweizer Delegation an die Klimakonferenz führen wollte, kündigte er seinen Rücktritt für Ende 2010 an. Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin wäre damit in der Dezembersession gewählt worden. Letzte Woche hat nun auch sein Amtskollege Hans-Rudolf Merz den Rücktritt angekündigt. Anders als Leuenberger legte er den Zeitpunkt auf Anfang Oktober fest. Die Nachfolge von Merz findet damit zwingend in der Septembersession statt. Leuenberger und Merz wurden von Politikern und Medien kritisiert, dass sie ihre Rücktritte nicht besser koordiniert haben. Leuenberger zieht mit seiner Ankündigung nun die Konsequenzen und macht eine Doppelwahl möglich. Sie findet voraussichtlich am 22. September statt.

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«Ich würde Moritz Leuenberger gopfertori die Türe einrennen», sagte der langjährige SP-Parteichef Helmut Hubacher noch am Nachmittag im Gespräch mit Tagesanzeiger.ch/Newsnetz. Er sprach damit auf die zaghafte Äusserung von SP-Fraktionschefin Ursula Wyss an, man werde möglicherweise mit Bundesrat Leuenberger noch sprechen.

Nur wenige Stunden nach Hubachers Äusserung kam die Meldung, wonach Leuenberger seinen Rücktritt nun doch vorzieht. Er will nicht erst per Ende 2010 aus der Landesregierung ausscheiden sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Klar wird damit: Die Ersatzwahl für Hans-Rudolf Merz und Moritz Leuenberger erfolgt an ein und demselben Tag. Ganz genau am Mittwoch der zweiten Woche der Herbstsession, am 22. September.

«Leicht peinlich»

«Leuenberger hat gemerkt, das Spiel ist verloren», reagierte Hubacher, als er mit der Neuigkeit von Tagesanzeiger.ch/Newsnetz konfrontiert wurde. «Er wurde ja von keiner Seite unterstützt», so das Polit-Urgestein.

Zuvor hatte sich Hubacher mit markigen Worten von den Abtritts-Wirren des Zürchers distanziert. «Leicht peinlich» fand er die Äusserung Leuenbergers vom Wochenende. Der Magistrat hatte den Ball seinem Kollegen Bundesratskollegen zurückgeschoben. Dass Merz nun schon im Herbst zurücktrete sei «sein Problem, nicht meines», sagte Leuenberger noch am Samstag in Locarno am Filmfestival. Stimmt nicht, entgegnete heute Hubacher. Die FDP hatte das mit dem Rücktritt des Finanzministers geschickt gemacht, nun müsse die SP halt reagieren. Und das hat sie jetzt getan. «Ich bin angenehm überrascht», sagt ein erleichterter Hubacher.

Vorteil SP

Die SP hat nun wieder alle Vorteile auf ihrer Seite. Laut Parlamentsgesetz wird nämlich zuerst die Vakanz des Dienstälteren – in diesem Fall also Leuenbergers – geregelt. Die SP kann auf die Unterstützung der FDP zählen und hat erst noch die Möglichkeit eine Frau – und vielleicht sogar eine Bernerin – wählen zu lassen.

Kommentar: Nun ist die SP im Politpoker wieder einen Zug voraus. Die FDP kann nicht mehr die Frauenkandidatur oder den Bernersitz vor bestimmen. Jetzt ist die SP am Drücker. Es gibt aber noch viele offenen Fragen. Wie verhält sich nun die CVP , die SVP oder was machen die Grünen, nachdem die Karten neu gemischt worden sind,

Gölä für die SVP in den Nationalrat?

In einem Interview sprach Gölä Klartext. Aussagen, die der SVP gelegen kam. Ich glaube nicht, dass sich der Büezer Rocker für eine Partei einspannen lässt. Er wird der SVP einen Korb geben.

Gölä im Interview. (Peter Gerber)
Gölä im Interview. (Peter Gerber)
Dass sein politisches Herz rechts schlägt, daraus hat Büezer-Rocker Gölä nie ein Geheimnis gemacht. Schon 1998 dichtete er im Lied «Es isch e Brief cho» auf dem Debütalbum: «Dr chly Maa, dä suuge si uus, die det obe im Bundeshuus.» Mittlerweile ist Gölä 42 – und die wilde Rockermähne ist einer Glatze gewichen. Doch an seiner Abneigung gegen «die da oben» hat sich nichts geändert. Im SonntagsBlick-Interview zieht er gegen die Politiker vom Leder: «Ich würde praktisch den gesamten Bundesrat auswechseln. Die Schweizer Politiker sind komplett unfähig.» Und dann poltert Gölä richtig los: «Man muss die masslose Einwanderung stoppen, sonst platzt das Land aus allen Nähten.» – «Burkas gehören nicht hierher. Wenn eine Schweizerin in ein islamisches Land reist, soll sie sich auch nicht oben ohne an den Strand legen.» – «Wenn jemand in mein Haus einbricht und meine Frau und Kinder angreift, dann habe ich das Recht, den zu erschiessen ... Ein anständiger Bürger sollte auch eine Waffe zu Hause haben dürfen.» – «Unsere Gefängnisse gleichen Hotels ... Bei schlimmen Verbrechen wie Kindsmissbrauch oder Mord bin ich auch für die Todesstrafe.» – «Die Jugend kennt keine Ehre mehr. Der Respekt vor ­einem Menschenleben ist verloren gegangen.» Gölä nennt keine Partei beim Namen – aber es sind ziemlich genau die Evergreens der SVP, die er da zum Besten gibt. Das freut den Präsidenten der Rechtspartei: «Ich schlage vor: Gölä, komm in die Politik!», sagt Toni Brunner zu BLICK. Göläs ­Gedankengut überschneide sich in vielen Punkten mit der Politik der SVP. Dass Gölä noch nie wählen gegangen ist, macht ihn für Brunner so attraktiv. «Es gibt in der Schweiz viele, die wie er die Faust im Sack machen.» Als SVP-Mitglied könne Gölä die Missstände anpacken, die er ­beklage, unzufriedene Nichtwähler mobilisieren. «Wenn Gölä das will, würde ich mich gerne darum bemühen, dass er einen Platz auf ­einer SVP-Liste für die Nationalratswahlen bekommt», verspricht Brunner. Und träumt schon von einem neuen Wahlkampf-Hit: «Wir würden zusammen durchs Land ziehen und die Schweiz rocken: Er singt, und ich mache den Background.»