Mittwoch, 6. Mai 2009

Supplement zu meinem Referat an diesem Wochenende zur Thematik:

Beeinflussung in der WERBUNG

Dieser Beitrag ist als Animationstext vor - , oder als Vertiefungstext nach der Veranstaltung gedacht.

Gestern begegnete ich einigen leuchtend gelben Plakate in der Agglomeration Zürich:

Auf einem Plakat las ich folgende grossgeschriebenen Worte:

"Wer fühlen will, muss hören."

Absender: Radio Zürisee

Auf einem anderen Plakat stand:

"Wir schlagen Dir den Tag um die Ohren"

Radio Zürisee

Ich musste schmunzeln und sagte mir: Diese Werbung ist nicht nur kreativ. Diese Werbung mit Wortspielen ist zudem adressatengerecht, regt zum Denken an und hat Unterhaltungswert. Jedenfalls macht die Werbung konkret auf das entsprechende Produkt aufmerksam.

In Anlehnung an der Spruch "Wer nicht hören will muss fühlen" gibt die Umstellung den Worte dem bekannten Sprichwort einen völlig neuen Sinn:

"Nur wer unsere Musik hört, fühlt etwas. D.h.: Unser Radio vermittelt Gefühle und spricht Emotionen an."

Das zweite Plakat macht bewusst, dass alle, die den Tag langweilig verbringen und sich die Zeit um die Ohren schlagen möchten, einen spannenden Tag haben, wenn sie Radio Zürisee hören.

Bereits 2008 gab es einen ähnlichen Radiowerbespot, der ebenfalls auf Anhieb beachtet wurde:

Es war der markante Spot mit dem Claim:

„Radio. Geht ins Ohr, bleibt im Kopf“

Die Serie von Funkspots ist bereits im Januar 2007 mit unterhaltsamen und provokanten Sprüchen zu Alltagssituationen an den Start gegangen.

Im Grunde genommen gilt bei der Werbung generell: Die Botschaft muss durch einen Wahrnehungskanal unverzüglich beachtet und verstanden werden. Der Appell sollte im Kopf haften bleiben!

Psychologen beschäftigten sich schon lange mit der Frage, wie stark sich Kunden durch die Werbung oder Verkaufsgespräche beeinflussen lassen, das angepriesene Produkt zu kaufen.

Es hat sich herausgestellt, dass es unbewusste Programme sind, welche die Regie im Gehirn führen.

Das Knacken eines Keks oder der Ton des zischenden Bieres beeinflusst Kunden mehr als ein trockener Text.

Es hat auch sich erwiesen, dass Frauen und Männer auf unterschiedliche Verkaufssignale reagieren.

Wir reden heute von Neuromarketing und man geht davon aus, dass die Neurochemie das Kaufverhalten beeinflusst.

Die Kaufentscheide werden übrigens 70-80% unbewusst gefällt.

Wer sich nicht mit den Beeinflussungsphänomenen befasst, merkt nicht, dass

- der Preis letztlich nicht ausschlaggebend ist

- Kunden gegen die Tricks nicht automatisch immun sind

Die Motive zum Kauf basieren auf Wünschen:

Dem Wunsch nach MACHT , nach SICHERHEIT, nach ERLEBNIS, nach UNTERHALTUNG, nach STIMULANZ, nach FUERSORGE (sonst hätte es nicht so viele Haustiere), nach ABENTEUER usw.

Der Kino im Kopf

Wer beeinflussen kann, versteht es, beim Gegenüber die entsprechenden Botschaften zu visualisieren. Der Kunde muss das Gesagte nicht nur verstehen, es muss einleuchten. Er muss die Aussage sehen - auch mit den Ohren - sehen. Nur wer es versteht, ein Argument zu veranschaulichen kann Kunden gleichsam einBILDen. Nur wenn Worte gesehen werden, sind sie FASSbar. Sie können erFASST werden. Der Angesprochene kann die Botschaft GREIFEN und wird das Argument damit auch besser begGREIFEN und somit schneller wunschgemäss handeln.

Wir kennen heute zahlreiche Uberzeugungsstrategieen und Instrumente der Einflussnahme, die Mitmenschen willfährig machen können, beispielsweise:

- Lob, Kompliment

- Zeigen, dass das Produkt einfacher zu handhaben ist, als die Konkurrenzprodukte

- Indem Handlungsmuster genutzt werden z.B. "Teuer gleich besser"

- Macht der Autorität

- Sonderangebot als einmalige, letzte Chance

- Verknappung des Produktes, künstlicher Zeitdruck

- Dank bewusster Kontraste wirkt ein Produkt billiger. z.B.Zuerst ein teures Kleid zeigen, dann den Pullover der eigentlich zu teuer ist, aber im Vergleich billiger wirkt

- Zum Handeln auffordern (unterschreiben, Auto nutzen lassen mit einer Probefahrt)

- Etwas geben, damit man etwas erhält (Kaffeefahrten, Degustationen)

- Schuldbewusstsein schaffen

- Mehrheit simulieren (Claquere)

Entscheidend ist: Welchem Signalkanal wird geglaubt

Bei allen Manipulationsprozessen geht es um die Frage, welcher Signalkanal letztlich glaubwürdig ist.

Wir unterschieden bei unserer Wahrnehmung vier Kanaltypen:

den taktilen (Ueber die Haut)

den auditiven (über die Ohren)--> beide gehen über Druckrezeptoren

den olfaktorischen (über die Nase)--> funktioniert über chemische Stoffe

den visuellen (über die Augen)--> spricht auf Lichtreize an

Taktile und olfaktorische Signale vermitteln zuverlässigere Signale. Sie haben aber den Nachteil, dass sei nur im Nahbereich einsetzbar sind.

Visuelle Signale sind dafür schnell.

Bei Beeinflussungsprozessen spielen deshalb erfahrungsgemäss MIMIK, KOERPERHALTUNG und STIMME eine Schlüsselrolle.

Mit Worten können wir am besten getäuscht werden.

Im Grunde genommen müssen wir im "Entschlüsseln der Botschaften KOERPERSPRACHE/ STIMME" nicht gross schulen, denn wir wurden seit Kindheit im Lesen dieser Botschaften trainiert, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Wir haben alle ein implizites Wissen, das wir nicht abfragen können. Es geht um unser Bauchgefühl. Aus der jahrelangen Erfahrung verfügen wir über ein passives, situatives Wissen. Dies gilt es zu nutzen. Anderseits unterliegen wir trotz dieser Erfahrung den Phänomenen der Wahrnehmungspsychologie. Wir müssen uns stets bewusst sein, dass wir uns diesen Phänomenen (wie bei optischen Täuschungen) nicht entziehen können. Wir wissen bei optischen Täuschungen auch, die Linien laufen parallel. Doch laufen für uns die Linien zusammen.

FAZIT: Es lohnt sich deshalb, sich mit der experimentellen Psychologie auseinanderzusetzen und die Phänomene bei Werbeprozessen genauer zu beobachten. Wir sollten uns alle mit den Ueberzeugungsstrategien auseinandersetzen. Menschen können auch beobachtend lernen.

Spannend sind vor allem die Suggestivtechniken. Es gibt heute den Begriff "trojanisches Marketing". Damit wird verdeutlicht, dass in der Werbung mit allen Mitteln versucht wird, Botschaften (heimlich, versteckt, oft sogar offen) Botschaften zu unterschieben, so wie man beim trojanischen Pferd Soldaten versteckt hatte. In Filmen und normalen Sendungen gibt es immer wieder solche versteckte Werbung.

Dank professioneller Werbung Mister Schweiz geworden?

Werbung allein genügt nicht. Doch hat die gezielte professionelle Werbung im Kanton Glarus die Wirkung nicht verfehlt. Ich gehe auch davon aus, dass künftig jeder Kandidat gezwingen ist, zusätzlich die Bevölkerung vor dem Voting persönlich anzusprechen. Die Werber wird dies freuen!

Ich zitiere Blick online:

Die Reithebuch-Werbung: Professionell gemacht, systematisch gestreut, Ziel erreicht. (Samuel Trümpy)

Die Regeln an der Mister-Schweiz-Wahlnacht sind jedes Jahr gleich: Der Kandidat mit den meisten Voting-Anrufen gewinnt.

Anders war dieses Jahr nur, dass der Sieger diese Übungsanlage im Vorfeld mit einer professionellen Strategie ausnutzte.

André Reithebuch (22) startete einen regelrechten Wahlkampf: Er verschickte Flyer in alle Glarner Haushalte und an seine Berufskollegen in 2500 Schweizer Zimmereien: «Ein Glarner als Mister Schweiz» oder «Schön ... schöner ... Glarner» steht da. Ausserdem verloste Reithebuchs Vater Martin (50), Inhaber einer Waschmaschinen-Service-Firma, Handys und Einkaufsgutscheine unter den Empfängern der Werbeversände. Der PR-Feldzug kostete die Familie eine Stange Geld. Auf mehrere 10´000 Franken wird der Aufwand geschätzt.

Nicht alle goutieren Reithebuchs Vorgehen. Murat Yakin (34), Jury-Präsident an der Mister-Wahl, sagt: «André steht jetzt unter dem Druck, dass er dank seiner Familie und Freunden zum Mister Schweiz gewählt wurde.» Clever sei die Aktion aber gewesen. Bedenken hat Yakin trotzdem: «Wofür steht die Jury, wenn sie in der Schlussrunde nicht mitentscheiden kann?»

Werber und TV-Mann Frank Baumann (52) sieht sogar voraus, dass der nächste Mister seine Wahlpropaganda noch professioneller aufbaut: «Ich bin gespannt, wie sich diese magere Muskelshow weiterentwickelt. Vielleicht schaltet nächstes Jahr ein Vater TV-Spots für sein Söhnchen.»

Auch Mister-Schweiz-Organisator Urs Brülisauer (37) sieht, dass die Kandidaten vermehrt Werbung für sich machen. Aber: «André hat nicht nur wegen den Flyers gewonnen – er hat auch in der Show überzeugt.» Eine grosse Werbekampagne in eigener Sache reiche nicht zum Sieg.

Fazit: Direkt kaufen kann man sich den Titel nicht – aber Geld dafür investieren lohnt sich allemal.