Sonntag, 30. Juni 2019

Prognose

Nur ein kurzes "Aus" für Kanzler Kurz?



Bei der Titelrhetorik vor und nach dem Sturz von Kurz  wurde oft mit  Worten gespielt:


- Kurz vor dem Aus (Unser Tirol 24)
- Kurz vor dem Sturz (neue Presse)
- KurzSchluss in Oesterreich (Blick)
- Sturz der Kurzregierung (Stuttgarter Nachrichten)
- Oesterreich macht Kurzen Prozess (Blick)
- Kurzgeschichte / Kanzler mit kürzester Amtszeit (Tagi)
- Kein Kanzler diente kürzer als Kurz (Kronen Zeitung)

Dass  Kurz für immer vom politischen Parkett vertrieben werden konnte, wäre zu kurz gedacht.  Für den populären Politiker ist es bestimmt nicht endgültig Schluss. Denn das Volk entscheidet letztlich im September, ob dann dem beliebten Kanzler ein strahlendes Comback wartet. Die Chance ist jedenfalls gross.

Weshalb könnte es Kurz in Kürze erneut schaffen?


Es ist zwar ein historisches Ereignis: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde noch nie in Österreich eine gewählte Regierung vom Parlament abgesetzt. Die Absetzung per Misstrauensvotum ist schon deshalb so aussergewöhnlich, weil die Volkspartei von Kanzler Sebastian Kurz vor dem Misstrauensvotum die EU-Wahlen deutlich gewonnen hatte.
Die beiden Verliererparteien  – die sozialdemokratische SPÖ und rechtsnationale FPÖ – haben im Parlament zusammengespannt. Es kam zu einer unheiligen Allianz. Die beiden gegensätzlichen Parteien brachten es sogar fertig: Sie setzten nicht nur Kurz ab, sondern gleich die ganze Regierung.

Wenn zwei Wahlverlierer einen Wahlgewinner stürzen, ist oft Rache und Wut im Spiel. Die Rechtsnationalen (FPÖ) und die Sozialdemokraten (SPÖ) erwirkten aus unterschiedlichen Gründen der Eklat: Die Linke hatte Kurz nie verziehen, dass er die FPÖ in die Regierung gehieft und die Rechtsnationalen andererseits waren wütend, dass Kurz sie aus der Regierung geworfen hatte.
Die  Parlamentsdebatte war zeitweise so gehässig, dass der giftige Ton viele  Österreicher irritierte oder gar abstiess. Wer aber den Kanzler während der Schmutzkampagne beobachten konnte, stellte fest: Kurz ertrug Häme und Spott der Opposition mit stoischer Ruhe. Mit beherrschter Mine und wachem Blick. Sein gefasster Abgang mit dem faltenfreien dunkelblauen Anzug  war staatsmännisch. Kurz war sich bewusst, dass er immer noch der mit Abstand beliebteste Politiker Österreichs ist. Seine Chancen sind durchaus intakt, nach den vorgezogenen Neuwahlen im September wieder ins Kanzleramt einziehen zu können.
 Bis nach den Wahlen im September eine neue Regierung steht, wird eine Übergangsregierung die Amtsgeschäfte führen.
Ich habe Sebastian Kurz vor der Wahlt zum Kanzler eingehend analysiert und immer wieder festgestellt:
Er ist medienrhetorisch sehr stark.
Der Politstar, der mit nur 31 Jahren
zum jüngsten Bundeskanzler aufgestiegen
ist, verdankt seinen Erfolg vor
allem seinen kommunikativen Stärken. Er verwendet oft positiv assoziierte
Worte, die keinen Widerspruch hervorrufen,
wie: «Mündige Bürger entscheiden frei», «Hausärzte sind für alle ein
wichtiges Thema». Und er erzeugt gedankliche Bilder. Bilder, die nicht polarisieren. Er setzt Charme ein. Dies reduziertauch in der Alltagskommunikation jede
aggressive Stimmung. Kurz diskutiert meist spielerisch, kokett, charmant. Er
kennt die Kraft des guten Benehmens in einer Zeit des saloppen Umgangstones.
Auf kritische Argumente reagiert er
meist geschickt mit Zustimmung, Anerkennung, Umdeutung oder Relativierung.
Zum Beispiel: «Sie sprechen ein wichtiges Problem an. Lassen Sie mich
dazu noch einen Satz sagen.» Dann erzählt
er eine Geschichte, die seinen Erfolg unterstreicht.

Fazit: Sebastian Kurz hat ein intuitives
Gespür entwickelt, und er erkennt
dadurch rasch, welches Verhalten einen positiven Gesprächsverlauf
fördert. Kurz versteht es, die Massen mit seiner Ausstrahlung zu bewegen.
Wir müssen deshalb weiter mit dem Politstar rechnen, denn seine Freundlichkeit ist nicht aufgesetzt.
Kurz überzeugt, weil er  von dem was er sagt, selbst überzeugt ist.