Donnerstag, 30. Oktober 2008

Blocher rechtfertigt den Slalomkurs

Von Gaby Szöllösy, Schaffhausen.

Ein gutgelaunter Christoph Blocher zeigte sich gestern an der Herbstmesse Schaffhausen, erklärte die SVP-Taktik zur Personenfreizügigkeit und teilte Hiebe aus.

Alt Bundesrat Christoph Blocher ist nun «aus voller Überzeugung» gegen die Personenfreizügigkeit.

Alt Bundesrat Christoph Blocher ist nun «aus voller Überzeugung» gegen die Personenfreizügigkeit. (Bild: Keystone)

Er mag es nicht, auf einem roten Sofa zu sitzen. Denn die Roten sind seine Freunde nicht. Trotzdem schien es Christoph Blocher auf dem Sofa inmitten der Schaffhauser Herbstmesse wohl zu sein. Jedenfalls antwortete der alt Bundesrat gelöst auf die Fragen von Matthias Ackeret, als sie gestern vor Publikum die neuste Folge von «Teleblocher» aufnahmen.

Ob der Kurswechsel bei der Personenfreizügigkeit die Wähler nicht überfordere, wollte Ackeret wissen. Was Blocher in Bausch und Bogen verwarf. «Die Journalisten sind überfordert», findet er. Und: Die Sache sei ganz logisch. Dass das Parlament die beiden Fragen zur Weiterführung einerseits und zur Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien anderseits verknüpft habe, sei «eine Sauerei». Jetzt aber, da das Referendum stehe, gelte es, richtig zu agieren. Am liebsten wäre ihm, das Volk bliebe der Urne fern. Doch dies in einer direkten Demokratie zu fordern, käme schlecht an. Ein Ja zum Paket komme aber für die SVP nicht in Frage, und so bleibe die Nein-Parole als die «am wenigsten schlechte Lösung».

Das sei doch ein Slalomkurs, wandte Akeret ein – und stutzte selbst ob der Antwort: «Ja natürlich ist das ein Slalomkurs. Es wäre das blödeste, wenn wir nicht Slalom fahren könnten.» Wenn einem jemand einen Stein in die Piste lege, müsse man darum herum kurven. Das ihm zugetane Publikum quittierte die verbale Pirouette mit Lacher.

Rund 100 Leute waren gekommen, darunter auch sein Bruder Gerhard, der ebenfalls das «Glünggiparlament» und die Journalisten rügte.

Letztere bekamen vom alt Bundesrat noch mehr Schelte. Der «Blick» habe mitgeholfen, «dass das Referendum zu Stande kam, indem er den Präsidenten der jungen SVP hochjubelte», glaubt Blocher. Der «Tages-Anzeiger» berichte tendenziös über ihn und versuche einen Keil in die SVP zu treiben. Er aber sei der jungen SVP, die das Referendum ergriffen hatte, nicht böse. Auf die Frage, ob er sich aktiv am Abstimmungskampf beteilige, sagte Blocher: «Ich bin nun aus voller Überzeugung gegen die Personenfreizügigkeit.» Der alt Bundesrat findet, die Jungen sollten primär selbst Geld suchen für den Abstimmungskampf, schlägt aber die Tür nicht zu: «Vielleicht werde ich ihnen auch noch ein paar Franken schicken.»

«Interview beendet!»

Dass es in der SVP-Fraktion rumort, räumte indes auch Blocher ein. Die Opposition erfordere Kraft, einige wollten deshalb von diesem Kurs abweichen: «Es sind nicht die Starken» – sagte er in Anspielung auf die Gruppe um Peter Spuhler. Die aktuellen Sticheleien unter Parteimitgliedern empfindet er jedoch als «Gäggelizüüg», wie er dem TA nach der Veranstaltung zu Protokoll gab. «Damit befasse ich mich nicht. Ich befasse mich mit unserem Land und damit, wie wir zur Finanzkrise hinauskommen. Da habe ich keine Zeit, mich mit solchem Gäggelizüüg abzugeben. Interview beendet!» (Tages-Anzeiger)

Kommentar:

Ich war vor Ort und habe nach der Veranstaltung die Beschimpfungen der Medien mitangehört. Vor allem, wie Gerhard Blocher nach der Veranstaltung die TAGI- Journalistin von sich wies. Mit Ihnen rede ich nicht, Sie arbeiten beim Tagesanzeiger!

Dann sprach er über den Chefredaktor mit beleidigenden Worten (Er sprach von einem Waschlappen).

Ich staunte , wie die Redaktorin souverän die Beschimpfungen entgegennahm ohne zurückzuschlagen. Ich rechnete damit, dass sie sich im heutigen Bericht rächt, indem sie alle unfairen Verallgemeinerungen und das Sippenhaftverhalten Gerhard Blochers beschreibt.Ich staune heute: Keine Retourkutsche, kein Zurückschlagen. Das finde ich Grösse!

Gaby Szöllösy demonstriert in diesem Bericht, was guter Journalismus ist. Wenn die Blochers diesen Beitrag lesen würden, wären sie künftiger vorsichtiger mit billigen Verallgemeinerungen . Journalisten dürften nicht in einen Topf geworfen werden.