Montag, 17. Oktober 2011

Gerhard Blocher und die Medien



Von Fehlern könnte man lernen. Bei Gerhard Blocher scheint dies nicht der Fall zu sein. Er hat sich im Umgang mit Medien mehr als nur einmal verrannt. Der ehemalige Pfarrer, Feldprediger und Gemeindepräsident war sich  noch nie bewusst, dass alles, was vor Mikrofon und Kamera gesagt wird, publiziert werden kann, falls keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen worden sind. Gerhard Blocher scheint immer noch nicht erkannt zu haben, dass man sich vor Gesprächen mit Journalisten vorbereiten muss, und   man bei diesen Gesprächen vor allem auf Ironie, Satire, Analogien oder angeblich "lustigen, nicht ernst gemeinten" Uebertreibungen verzichten sollte.








Seit dem 5. Dezember 07 ist Gerhard Blocher der berühmteste Bruder eines Politikers. An diesem Tag strahlte das Fernsehen einen Dokumentarfilm über die "Gebrüder Blocher" aus. Ich vertrat damals in rhetorik.ch die Meinung, dass die peinlichen, grotesken,  unbedachten Aeusserungen von Gerhard Blocher möglicherweise zur Abwahl seines Bruders  beigetragen haben.  Ein bekannter Politiker sagte mir  damals: Wenn ein Bundesrat so  einen Bruder hat, der von "Nahkampf und Blut im Bundesrat" spricht und sagt, Christoph müsse den "Sauladen" in Bern "ausmerzen".  Wenn dieser Bruder am Fernsehen zudem öffentlich  "mit dem Sackmesser so irr auftritt", könnte es doch  sein, dass Christoph, der Bundesrat, ähnliche Gene habe und somit als Magistrat nicht mehr tragbar sei.


Diesen Herbst steht Christoph Blocher erneut im Wahlkampf. Er möchte wieder Parlamentarier werden. Kandidat Blocher wird seit Monaten mit Argusaugen beobachtet und es gibt genügend Feinde, die alle Patzer registrieren. Dass in dieser Situation Journalisten auch versuchen würden,  dem Bruder   - dank seiner losen Zunge -  erneut einige   unbedachte Bemerkungen zu entlocken, das  lag eigentlich in der Luft. Gerhard Blocher hätte sich somit vorbereiten und seine Kernaussagen antizipieren können. Sebastian Ramspeck und Reza Rafi (2 Journalisten der SonntagsZeitung) hatten  jüngst bei einem Essen mit dem  Bruder -der gerne provoziert  - ein leichtes Spiel. Gerhard Blocher konnten sie erneut verschiedene groteske Bemerkungen entlocken.



Die fragwürdigen Zitate wurden gestern in der SonntagsZeitung (16. Oktober)  publiziert. Der Artikel ist gut geschrieben und die publizierten Aeusserungen werden möglicherweise auch bald von Giacobbo als Gags aufgenommen.
Gerhard Blochers Verhalten und die folgenden ungefilterten Bemerkungen  sprechen für sich. Für mich unbegreiflich: Der berühmte Bruder tappte wiederum in die Falle. Die  Zitate belegen, dass Gerhard Blocher  aus den früheren Pannen nichts gelernt hat.



Schon bei der Bestellung des Mittagmenüs nimmt Blocher die Wirtin auf die Schippe. Vom alten  Dokumentarfilm wurde nichts gelernt. Bei Aussagen vor Journalisten haben nämlich Ironie und Satire kurze Beine. Die Journalisten konnten  schon bei der Bestellung Blochers zynische Bemerkungen dokumentieren (vielleicht waren sie lustig gemeint) und wurden im Artikel  wiedergeben. Die ersten Worten mit der Wirtin gaben schon ein sonderbares Bild vom Bruder des berühmten Christoph.



Gerhard Blocher zur Wirtin: "Ich bitte Sie, endlich zu begreifen: Keine Zähne mehr oben links und unten rechts. Könnte ich pürierte Pommes haben?" Nachdem die Wirtin Nudeln vorschlägt: "Weicher!" und ruft laut "Kartoffelstock!" Auf den Hinweise, dass es keine Kartoffelstock auf der Karte habe, moniert Gerhard Blocher: "Haben Sie schon etwas von Stocki gehört?"Dann beginnt er lang und laut zu lachen.



Andere Zitate aus dem Zeitungsartikel:




"Seit Christoph nicht mehr im Bundesrat ist, hat es sich als ein Nachteil, vor allem für seine Gesundheit, erwiesen, dass er oft vor geschlossenen Türen steht." Deshalb wolle Christoph zurück.


"Er braucht das. Er muss in die Wandelhalle und im Parlament sein!"
Es sei also nicht nur für die Schweiz von Nutzen, wenn Christoph in diesen "Saulanden" zurückkehre:



"Gesundheitlich geht es Christoph besser, wenn er zurück ins Parlament kann".

Der letzte Satz eignete sich verständlicherweise  als Titel. Gerhard Blocher kann aber nachträglich  den Journalisten keine Vorwürfe machen. Sie setzen die  Titel und wählen etwas Aussergewöhnliches aus. Die Aussage, dass Christoph Blocher gesundheitlich angeschlagen ist und mit der Wahl gesunden könne, scheint Gerhard Blocher  tatsächlich gesagt zu haben.

Damit hat der kleine Bruder einmal mehr dem grossen Christoph Blocher einen Bärendienst erwiesen. Indirekt behauptet er: Christoph Blocher sei seit der Abwahl gesundheitlich angeschlagen.

Folgende Aeusserung des ehemaligen Pfarrers verdeutlicht, dass wir uns und Anderen  schaden können, wenn wir  vor Medienvertreter so fahrlässig drauflos reden:


"Es ist doch der helle Wahnsinn, dass der arme Siech gopfridstutz in so einen blödsinnigen Bundeshausbetrieb zurückkehrt!"


 Die Journalisten haben den weintrinkenden, redefreudigen Bruder gut beobachtet und konnten in ihrem Beitrag  sein lautes Lachen, sein Glucksen und Quitschen, das den holzgetäferten Raum der Wirtsstube füllte, ausführlich beschreiben. Gerhard Blocher scheint keine Ahnung zu haben, dass man bei  Mediengesprächen erst nachher trinken sollte. Von einer "off the reccord" oder "on the reccord"- Situation scheint Gerhard Blocher ebenfalls keine Ahnung zu haben. Möglicherweise ist er so naiv, dass er nicht einmal weiss, dass auch  Printjournalisten -  ohne Kamera - Situationen ebenfalls  bildhaft vermitteln können.



Fazit: Wer in Medien auftritt, müsste wissen, dass der Adressat - in diesem Fall der  Leser - entscheidet, was im Langzeitgedächtnis haften bleibt. Ich habe bei einigen Lesern   der SonntagsZeitung nachgefragt. Das Urteil ist  für Gerhard Blocher wiederum  vernichtend. 



LINK:


7. Dez. 2007 ... Den Bruder von Christoph Blocher, Gerhard Blocher, hatte ich noch vor Jahren als intelligenten Seelsorger von Gehörlosen kennen gelernt. ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/07/12_07/index.html



Gerhard Blocher beleidigt Widmer-Schlumpf - YouTube

www.youtube.com/watch?v=FKu_M_PMhJY22. Mai 2008 - 28 Sek. - Hochgeladen von hanspaulrudolf
Gerhard Blocher gibt seine meinung über das schweizer Fernsehen und Eveline Widmer-Schlumpf preis.