Montag, 20. Oktober 2008

Finanzkrise:

Eine bewährte Erkenntnis der Krisenkommunikation - Fakten nichts als Fakten!

Schon vor Jahren, als ich mit Beatrice Tschanz in einem Spital die Grundregeln der Krisenkommunikation erarbeiten durfte, stand fest: Wer in Krisensituationen kommuniziert, hält sich stets an Fakten!

Die UBS Spitze scheint von dieser Grunderkenntnis nicht viel mitbekommen zu haben. Was Kurer und Co. während der Finanzkrise verlauten liessen, war alles andere als bedacht. Es wurde schöngeredet, vermutet, behauptet und es gab widersprüchliche Aussagen. Völlig dilletantenhaft!

Im Tagi bringt es heute Beatrice Tschanz wieder einmal auf den Punkt:

Tschanz' Rat an die UBS: Fakten, Fakten, Fakten

Reden bringt nichts, Vertrauen lässt sich nur durch harte Arbeit reparieren: PR-Expertin Beatrice Tschanz über die Krisenkommunikation der UBS und des Bundes.

Beatrice Tschanz wurde landesweit bekannt als Kommunikationschefin der Swissair. Danach war sie unter anderem Kommunikationschefin von Centerpulse (Sulzer Medica) und interimistische Verwaltungsratspräsidentin der Valora-Gruppe. Heute arbeitet Tschanz stark für Nonprofit-Organisationen wie die Stiftung Wunderlampe und die Krebsliga.

Beatrice Tschanz wurde landesweit bekannt als Kommunikationschefin der Swissair. Danach war sie unter anderem Kommunikationschefin von Centerpulse (Sulzer Medica) und interimistische Verwaltungsratspräsidentin der Valora-Gruppe. Heute arbeitet Tschanz stark für Nonprofit-Organisationen wie die Stiftung Wunderlampe und die Krebsliga. (Bild: Keystone)

Frau Tschanz, Sie haben eine klare Regel, wie eine Firma wie die UBS kommunizieren sollte: Nichts sagen – und falls doch, dann nur Fakten. Aber wenn fast täglich Milliarden aus einer Bank fliessen, muss sie doch rasch beruhigen.

Ich fordere nicht zum Schweigen auf, sondern dass man ausschliesslich Fakten bekannt gibt. Die UBS veröffentlichte Einschätzungen und Meinungen, die wenige Tage später überholt waren. In ihrer schwierigen Lage wollten die Leute sicher das Beste, aber wenn die eigenen Aussagen innert Tagen widerlegt werden, schadet das einfach der Glaubwürdigkeit.

Das Problem ergab sich doch aus den globalen Turbulenzen: Was am Montag noch wahr war, wurde jeweils durch die rasante Entwicklung bis Freitag überholt.

Natürlich, die äusseren Einflüsse waren ein Teil des Problems. Dass sich die Finanzkrise für die UBS derart verschärfte, kam von aussen. Aber ich fordere ja nicht dazu auf, quasi die Rollläden herunterzulassen, sondern dazu, jedes Wort und jeden Satz in der Kommunikation mit Fakten zu unterlegen.

Glauben Sie persönlich der UBS heute weniger?

Nein. Ich weiss, dass sich in solchen Situationen die Volkswut aufstaut und dass dann die Haltung ensteht, «denen da» könne man kein Wort glauben. Doch so stimmt das natürlich nicht. Man sah es gut beim Auftritt von UBS-Konzernchef Marcel Rohner in der «Arena»: Da prasselte einfach geballter Frust auf ihn ein. Das sind eben die Situationen, in denen man manchmal besser beraten ist zu schweigen.

Wie lässt sich der Ruf der UBS wieder halbwegs flicken?

Zuerst einmal: Es ist keine kurzfristige Sache. Verbal kann das Vetrauen nun nicht einfach wiederhergestellt werden. Das geht nur mit Arbeit, mit Leistung und mit dem Beweis, dass die Bank auf dem richtigen Weg ist.

Und mit einem Austausch der Spitze? Indem die UBS Aushängeschilder wie Peter Kurer oder Marcel Rohner wieder ersetzt?

Peter Kurer hat sein Amt in einer äusserst schwierigen Situation übernommen. Und an der UBS-Spitze stehen ja Fachleute, es waren nicht einfach Notlösungen. Sie haben die Substanz, die Probleme in den Griff zu bekommen. Doch das geht eben nicht schnell: Es ist Knochenarbeit, man muss Stein um Stein abtragen. Deshalb bringt es nichts, jetzt einfach ein paar Köpfe auszuwechseln. Ich bin keine Anhängerin des Hire and Fire.

Die öffentliche Debatte hat sich inzwischen auf die Boni und Managersaläre verlagert. Wie können die Banken hier besser kommunizieren?

Peter Kurer hat es am Samstag sehr richtig beschrieben: Rechtlich gibt es keine Möglichkeit, auf die Boni der Vergangenheit zurückzugreifen. Aber in der Gegenwart und in der Zukunft hat die Bank Möglichkeiten. Sie kann ein Salärsystem auf die Beine stellen, welches Risiken mindert und die unverständlichen Millionenbeträge nicht mehr enthält. Aber auch dies ist eine Menge Arbeit und dauert seine Zeit.

In den Finanzplatz Schweiz fliesst trotz der Krise neues Geld. Profitiert die Marke Schweiz am Ende von der Krise - oder könnte sie ebenfalls bröckeln?

Natürlich sind wir auch betroffen. Aber der Finanzplatz ist im Grunde genommen gesund, und dank dem besonnenen Handeln von Bundesrat, Nationalbank und Bankenkommission steht der Brand Finanzplatz Schweiz immer noch sehr gut da - daran zweifle ich nicht

.

Ihr Kommentar zum Krisenmanagement von Bundesrat und Bundesbehörden?

Ein grosses Kompliment an Eveline Widmer-Schlumpf. Nicht nur, weil sie in der Materie kompetent war, sondern auch, weil sie alle Informationen sachlich und doch mit Engagement herübergebracht hat.

Der Bund hielt sich tatsächlich an die Regel, möglichst wenig zu zu kommunzieren – und wenn, dann Fakten. Aber dadurch entstand auch ein falsches Bild: Die Schweiz stand als Insel der Glückseligen da.

Bundesrat Couchepin erging es natürlich ähnlich mit seinem berühmten Satz: «Warum sollen wir pumpen, wenn man nicht pumpen muss?» – und am Ende musste der Bund doch pumpen. Aber Couchepin sagte eben auch: «Wir sind vorbereitet.» Diese Aussage ging unter. Es gibt eben eine selektive Wahrnehmung, man will nur hören, was man hören will. Der Fall zeigt wieder einmal, wie wichtig jeder einzelne Satz in so schwierigen Situationen sein kann.

Am Donnerstag wurde nicht nur bekannt, dass der Staat Schweiz bei UBS einsteigt, sondern auch, dass der Staat Katar bei der CS einsteigt. Zudem meldete die CS einen unerwartet hohen Quartalsverlust. Warum debattiert das ganze Land nur über die UBS?

Es ist ein Phänomen in der Wahrnehmung: Steht jemand einmal am Pranger, konzentriert sich alles auf ihn, und was links oder rechts passiert, wird nur verschwommen wahrgenommen. Aber weil die CS das Kapital selber beschaffen konnte, weckte der Fall nicht so viel Emotionen, und weil bei der UBS der Bund das Kapital liefern musste, fühlt man sich auch als Steuerzahler betroffen. Das macht schon einen Unterschied aus.

FAZIT: UBS CHEFS FLOP - EVELINE WIDMER- SCHLUMPF TOP. Zur Zeit bin ich an einer Anlayse von verschiedenen Interviews der Stellvertreterin des Finanzchefs während der aktuellen Krise. Bereits heute steht für mich fest: Die Neue Bundesrätin hat in einer heiklen Situation vorbildich kommuniziert.

Hintergrundinformationen zum Radiostreit

Der Tagesanzeiger macht vor der Konzessionserteilung eine hilfreiche Auslegeordnung:

Heiss begehrt: Fünf Radiosender buhlen um drei Konzessionen im Gebiet Zürich-Glarus.

Heiss begehrt: Fünf Radiosender buhlen um drei Konzessionen im Gebiet Zürich-Glarus. Bild: Keystone

Im Radiostreit zählt die Qualität

Fünf Radiosender buhlen um drei Konzessionen im Gebiet Zürich-Glarus.

Wer das Rennen macht, entscheidet der Bund nächstens; das Auswahlverfahren ist streng. Heiss begehrt: Fünf Radiosender buhlen um drei Konzessionen im Gebiet Zürich-Glarus.

Darum gehts

Alle wollen im Raum Zürich Radio machen. Das Departement von Bundesrat Moritz Leuenberger (SP) wird voraussichtlich Ende Oktober entscheiden, wer zum Zug kommt. Um die drei Radio-Konzessionen im Gebiet Zürich-Glarus mit 1,5 Millionen Einwohnern bewerben sich die drei bisherigen Verlegerradios Radio 24 (Tamedia, zu der auch der TA gehört), Radio Zürisee (Zürichsee Medien AG) und Radio Energy (Ringier 51 Prozent, NRJ Suisse 49 Prozent). Diese Sender sind etabliert, bekannt und seit Jahrzehnten auf Sendung. Als Konkurrent kommt Roger Schawinski mit Radio 1 dazu. Das fünfte Gesuch stammt von Radio 105 (Giuseppe Scaglione). Ein Gerangel gibts auch um die einzige Konzession im Grossraum Zürich (knapp 1 Million Einwohner): Dafür bewerben sich Schawinski - für den Fall, dass er die grosse Konzession nicht bekommt – sowie Radio Züri Live (RadioJay AG) und Radio Monte Carlo Zürich (Giuseppe Scaglione).

57 Minuten: Durchschnittlich so lange hört ein Radiokonsument im Grossraum Zürich zwischen Montag und Freitag Radio Zürisee. Dieser Wert stammt aus einer Erhebung von Radiocontrol im ersten Halbjahr 2008. In diesem Bereich ist Radio Zürisee unter den Zürcher Privatstationen das Mass aller Dinge (siehe Grafik). Ein anderes Bild zeigt sich bei der Reichweite: In dieser Kategorie schwingt Radio 24, das wie der «Tages-Anzeiger» zur Tamedia gehört, mit 205'000 Hörerinnen und Hörern obenaus, gefolgt von Radio Zürisee (167'000) und Radio NRJ (145'000).

Chancengleichheit wird angestrebt

Die skizzierten Daten sind für die Radiomacher wichtig, um ihre Arbeit zu beurteilen – und Werbung in eigener Sache zu machen. Radio 24 etwa rühmt sich, seit «über 29 Jahren die Nummer 1 der Schweiz bei den Privaten» zu sein. Freilich verschaffen derlei Spitzenwerte bei der anstehenden Konzessionsvergabe keinen Wettbewerbsvorteil, wie Caroline Sauser, Sprecherin des Bundesamts für Kommunikation (Bakom), erklärt: Die heutigen Hörerzahlen zum Beispiel seien kein Entscheidungskriterium, weil es auch neue Bewerber gebe, die noch nicht auf Sendung seien. «Ansonsten bestünde keine Chancengleichheit zwischen den Bewerbern.»

Medienpolitischer Entscheid möglich

Bundesrat Moritz Leuenberger (SP) wird den Zuschlag für das Gebiet Zürich- Glarus mit 1,5 Millionen Einwohnern jenen drei Privatradios geben, die den in der Bundesverfassung verankerten Leistungsauftrag «gesamthaft am besten» erfüllen. Konkret: Die fünf Anwärter müssen Vorgaben zur publizistischen Qualitätssicherung erfüllen, so etwa mit Blick auf die personellen Ressourcen, aber auch in den Bereichen Lohn, Arbeitszeit sowie Aus- und Weiterbildung.

Was über den Sender geht, muss thematisch relevant und vielfältig sein und das Geschehen des gesamten Verbreitungsgebiets widerspiegeln. Neu im Kriterienkatalog aufgeführt sind zudem Verbote von Radarmeldungen, Publikumsgewinnspielen und Werbung für Alkohol und erotische Angebote. Vorlegen müssen die Anwärter schliesslich ein Versorgungskonzept, das die technische Verbreitung ihres Programms sowie die Finanzierung der geplanten Verbreitung aufzeigt. Beurteilt Leuenbergers Departement Uvek am Schluss mehrere Bewerbungen als gleichwertig, muss es laut Radio- und Fernsehgesetz jene Radiostation bevorzugen, welche die Meinungs- und Angebotsvielfalt am meisten bereichert. «Das Uvek wird dabei entsprechend die Unabhängigkeit des Mediums beurteilen», sagt Bakom-Sprecherin Sauser. In diesem Fall verfügen Roger Schawinski mit Radio 1 und Giuseppe Scaglione mit Radio 105 über die besseren Karten als die Konkurrenz, die Medienhäuser wie Ringier (Radio NRJ), Zürichsee Medien AG (Radio Zürisee) und Tamedia (Radio 24) hinter sich wissen.

Um die Qualität der Sender sicherzustellen, werden alle zwei Jahre externe, vom Bakom anerkannte Fachstellen die Sender röntgen. Eine erste Überprüfung erfolgt ein Jahr nach Konzessionserteilung, also 2010.

Die Etablierten pokern hoch

Das Uvek wird seinen Entscheid voraussichtlich Ende Oktober bekannt geben. Für die Sender steht viel auf dem Spiel: Vier der fünf Anwärter - Radio NRJ, Radio Zürisee, Radio 105, Radio 24 – haben sich ausschliesslich um eine Konzession für das Gebiet Zürich-Glarus beworben. Einzig Roger Schawinski bemüht sich darüber hinaus um eine Sendebewilligung für das – kleinere – Gebiet Zürich. Er kann davon ausgehen, am Ende zumindest den Spatz in der Hand zu halten. Verweigert Leuenberger hingegen einem der drei etablierten Sender (Radio Zürisee, Radio NRJ, Radio 24) die Bewilligung für das Gebiet Zürich-Glarus, geht es ans Lebendige: Den Radiostationen droht das Aus. Denn auf Sendung gehen kann eine Radiostation faktisch nur mit Konzession – wegen technischer Gründe.

Rechtshändel drohen

UKW-Frequenzen für die drahtlose terrestrische Verbreitung von Radioprogrammen sind ein knappes Gut. Deshalb vergibt das Uvek für das Sendegebiet Zürich-Glarus nur drei Konzessionen. Wären es mehr, liesse sich gemäss Bundesamt für Kommunikation die vom Gesetzgeber vorgeschriebene und von den Veranstaltern erwartete Empfangsqualität nicht mehr gewährleisten. Auch Radiostationen in angrenzenden Sendegebieten verunmöglichten eine dichtere Belegung des Frequenzbandes, etwa Radio Top in Winterthur.

Als letzte Option bleibt einem abgewiesenen Sender die Verbreitung seines Programms auf einem anderen Weg: via Kabel, Internet oder mit dem sogenannten Digital Audio Broadcasting (DAB), der modernsten Übertragungsform für Radioprogramme. DAB wird den UKW-Empfang dereinst wohl ersetzen. Heute jedoch lassen sich damit noch nicht viele Hörer erreichen.

Laut Bakom gab es Ende 2007 rund 120'000 DAB-Radios in Schweizer Haushalten. Ein negativer Entscheid des Bakoms bedeutet damit faktisch den Todesstoss für einen Sender. Entsprechend nervös ist die Branche. Die Anspannung sei gross, die Warterei zermürbend, sagt ein Insider. Bereits drohen Rechtsstreitereien. Radio Zürisee etwa hat schon Ende 2007 angekündigt, Leuenbergers Entscheid notfalls bis vor Bundesgericht anzufechten.