Freitag, 13. August 2010

Qualität der Medien

Die jüngste wissenschaftliche Standortbestimmung macht bewusst:

Einfalt verdrängt Vielfalt!

Medien

Landbote:

Belasten schlechte Medien die Demokratie?

Onlineportale und Gratisblätter zerstören die Qualität der Schweizer Medien - zu diesem Befund kommt eine Studie von Wissenschaftern um den Zürcher Soziologen Kurt Imhof. Darunter leide die Demokratie. Während Polanski und Hirschmann die Spalten füllten, gerieten internationale Probleme aus dem Blickfeld.

  • Laut einer Studie nimmt die Medienqualität ab (Symbolbild)

"Die publizistische Tradition in der Schweiz steckt in einer tiefen Krise", sagte Co-Autor Kurt Imhof am Freitag vor den Medien in Bern. Die Studie, die als Jahrbuch mit dem Titel "Qualität der Medien - Schweiz, Suisse, Svizzera" erschien, geht denn mit der Schweizer Medienlandschaft auch hart ins Gericht.

Die wachsende Gratiskultur mit Onlineportalen und Gratiszeitungen führe zusammen mit dem Spardruck zu einer "Erosion der Qualität". Da diese auch kostenpflichtige Titel und Sender betreffe, leide die Demokratie, folgern die Wissenschafter.

Statt ausgewogen über politische Debatten zu berichten und Ereignisse einzuordnen, würden die Informationsmedien zunehmend auf Einzelereignisse fokussieren, Konflikte personalisieren und moralisch-emotional berichten.

Co-Autor Mark Eisenegger bemängelte unter anderem, dass in den letzten Monaten wenige Topthemen aus dem Softbereich wie der Hausarrest von Regisseur Roman Polanski oder das Privatleben des Zürcher Clubbesitzers Carl Hirschmann die Medien beherrschten. "Auf der anderen Seite geraten internationale Probleme immer mehr aus dem Blickfeld", sagte Eisenegger.

Wirtschaftsmedien: Krise viel zu spät erkannt

Die Kritik richtet sich auch an die Wirtschaftsjournalisten. Den Autoren zufolge haben sie die Finanzmarktkrise viel zu spät erkannt. "Ihre seismographische Funktion hat versagt", so Eisenegger. Zudem sei die globale Wirtschaftskrise auf eine UBS-Krise reduziert worden, was einen grossen Teil des Themas ausblende.

Qualitätszerfall der Medien?

Prof. Dr. Kurt Imhof publizierte ein aufschlussreiches Jahrbuch über die Qualität der Medien

Das Anliegen, eine Plattform für eine empirisch unterlegte Qualitätsdebatte zu führen, kann rhetorik.ch gut nachvollziehen, zumal wir in unseren punktuellen Analysen ebenfalls erkannt haben, dass sich eine wirtschaftliche Krise bei den Informationsmedien abzeichnet und sich der Trend zu inhaltsarmen Softnews laufend verstärkt.

Eine Forschergruppe um Kurt Imhof zieht im jüngsten umfangreichen Jahrbuch 2010 "Qualität der Medien" eine recht kritische Bilanz zur Schweizer Medienlandschaft. Diese Gruppe sieht die nachhaltige Information über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefährdet, was negative Auswirkungen auf das demokratische Gemeinwesen habe.

Die Befürchtung, es gehe puncto Qualität der journalistischen Angebote nur in eine Richtung, nämlich bergab, wird wissenschaftlich erhärtet. Das umfassendes Datenmaterial, das mir Kurt Imhof ebenfalls zugestellt hatte, verschafft einen Überblick über die Schweizer Medienlandschaft. Die düsteren Perspektiven werden im neuen Jahrbuch wissenschaftlich begründet.

Den Forschern geht es um eine politische, inhaltliche Frage: Unterrichten die Schweizer Medien die Bevölkerung so, dass die Bürger wohl informiert an den demokratischen Prozessen teilnehmen können? Folgende Tendenzen werden herausgeschält:

(Zitat NZZ online)

* In allen Mediengattungen wächst das Angebot an Klatsch bzw. an so genannten Softnews, welche die klassischen publizistischen Kernthemen Politik, Wirtschaft und Kultur zurückdrängen.

* Die Nachhaltigkeit der Berichterstattung lässt nach. Episodische, auf Personen, Konflikte und Katastrophen zugespitzte Informationen nehmen zu.

* Obwohl die Welt zusammenwächst, schotten sich die Medien ab, indem sie die Auslandberichterstattung stark abbauten. «Die grossartige Tradition der schweizerischen Auslandberichterstattung bricht ein», notiert das Jahrbuch.

* Die Wirtschaftsinformation bleibt mangelhaft.

* Der Erfolg der Gratiszeitungen und die Gratisangebote im Internet senkten unter den Konsumenten das Bewusstsein dafür, dass Informationsqualität etwas kostet.

* Die Einbruch bei den Werbeeinnahmen erschwert die Finanzierung der redaktionellen Leistungen.

* Die Bedeutung derjenigen Medientitel, die wenig zur Informationsqualität beitragen, wird weiter wachsen.

* Der recherchierende, einordnende Journalismus gerät weiter unter Druck.

* Auch die Presse orientiert sich vermehrt an den Unterhaltungsbedürfnissen der Medienkonsumenten «statt an Informationsbedürfnissen der Staatsbürger». Diese Trends gefährden nach Ansicht von Imhof das Funktionieren der Demokratie in der Schweiz.

Mit seinen Forschungsdaten will er nun die Diskussion über Aufgabe und Qualität der Medien fördern. Der von ihm geleitete Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich hat die Ergebnisse in einem 370-seitigen Jahrbuch zusammengefasst, das Informationen enthält zu Besitzverhältnissen, Bilanzen, Publikumsverhalten und politischen Rahmenbedingungen sowie Analysen der Themen- und Informationsakzente, welche die verschiedenen Medientitel setzen. Die Daten werden künftig laufend im Internet aktualisiert (www.qualitaet-der-medien.ch ). Gedruckte Jahresbilanzen sollen auch in den kommenden Jahren erscheinen.

Ende Zitat NZZ

Es ist unbestritten: In publizistischen Hinsicht verlieren in der Medienlandschaft Schweiz zentralen Abonnementszeitungen deutlich an Terrain. Die redaktionellen Ressourcen schwinden. Die Gratiskultur hat mit den Onlinemedien und den Pendlerzeitungen das Kostenbewusstsein für professionellen Journalismus zerstört. Dies hat zwangsläufig Folgen für die Qualität der Informationsmedien und fördert den Konzentrationsprozess. Das Berufsprestige der Journalisten schwindet. Durch diese Entwicklungen wird der wichtigste Service Public in der Demokratie geschwächt, zumal die Qualität der demokratischen Auseinandersetzung von den Vermittlungsleistungen der Informationsmedien abhängig ist.

Ferner ist unbestritten: Die publizistische Versorgung durch qualitätsschwache Gratismedien Online wie Offline hat ständig zugenommen. Die Kaufpresse steckt somit in einer grundsätzlichen Finanzierungskrise. Es ist vorhersehbar, dass die Gratiszeitungen und Onlinemedien im Vergleich zur Abonnementspresse und den öffentlichem elektronischen Medien weiter wachsen. Vor allem jüngere Altersgruppen zwischen 15 und 34 wurden bereits in einer Gratiskultur sozialisiert. In einer Kultur, in der das Episodische und der Human Interest das grösste Gewicht hat. Dies gilt auch für die Online-Newssites, die von der Reputation der Medientitel leben, aber den journalistischen Qualitätsanforderungen nicht genügen können. Es fehlt an den notwendigen Ressourcen.

Aus Internet: www.presseportal.ch

Kommentar:

Wir können davon ausgehen, das das Rad der Zeit nicht mehr zurückgedreht werden kann. Der Vormarsch des Gratisangebotes wird ungebremst weitergehen. Es müsste aus meiner Sicht eine Art Qualitätskontrolle geschaffen werden. Es mangelt an einer neutralen Institution, die nach vorgegebenen Kriterien feststellt, wer qualitativ gut informiert.

Wie wäre es, wenn regelmässig Preise verliehen würden für vorbildliche journalistische Arbeit?

Alle Institutionen, die Medien analysieren - wir zählen uns auch dazu- sollten sich zu einem Netzwerk zusammenschliessen.

Die Medienkompetenz müsste unbedingt in den Schulen vermehrt gefördert werden.

Es könnte sicherlich eine Lösung gefunden werden, damit die Autoren von Onlineportalen wie im Musikmarkt (dort gibt es eine SUISA) aus einem Topf entschädigt werden können. Dies setzt voraus, dass alle Bezüge mit ganz kleinen Beiträgen belastet würden.

Nach meinem Dafürhalten schadet es nichts, wenn Information und Unterhaltung weniger getrennt wird.

Im Zusammenhang mit der Qualitätsverbesserung der Medien müsste hingegen der alte Grundsatz künftig konsequenter gelebt werden: Kommentar und Information ist sauber zu trennen. In dieser Hinsicht wird leider zu oft gesündigt.

Kritiker des Jahrbuches weisen darauf hin, dass die Journalisten heute viel besser ausgebildet werden und ihr Marktwert deutlich gestiegen sei.

Es wird zudem bestritten, dass Gratiszeitungen die Demokratie belasten.

Persönlich vertrete ich die Meinung, dass im Zeitalter des Gratisangebotes immerhin mehr gelesen wird als früher.

Nach meinen Beobachtungen hat das Bedürfnis nach vertiefenden Angeboten trotz des Einheitsbreies enorm zugenommen.

Ferner bin ich überzeugt, dass sich im Internetzeitalter jedermann vertiefende Informationen selbst leicht beschaffen kann. Wer will, hat qualitativ hochstehende Beiträge schnell verfügbar.

Nachdem ich in meinem Beruf täglich das Online Angebot durchkämmen muss, teile ich die Erkenntnis der Autoren, dass der Einheitsbrei dominiert. Die Einfalt verdrängte die Vielfalt.

Das mahnende Jahrbuch ist ein wertvoller Ansporn, die Qualität der Medien künftig zu optimieren.

Wie kann der Bundesrat wieder stabilisiert werden?

Urs Altermann sieht Lösungsansätze:

Im Nachhinein erweist sich die Abwahl von Ruth Metzler immer deutlicher als historische Zäsur. In der Periode der Zauberformel von 1959 bis 2003 bemühten sich Bundesrat und Parteistrategen um geordnete Rücktritte.

Zur Stärke des schweizerischen Regierungssystems gehörte die Stabilität und Kontinuität des Bundesrates. Das hat sich seit den 90er-Jahren geändert. Die vier vorzeitigen Rücktritte während der laufenden Legislatur (Samuel Schmid 2008, Pascal Couchepin 2009, Moritz Leuenberger und Hans-Rudolf Merz 2010) verstärken den Eindruck einer labilen Landesregierung, die an italienische und französische Regierungsverhältnisse früherer Jahre erinnert und nicht dem Geist des auf Dauerhaftigkeit angelegten schweizerischen politischen Systems entspricht.

Machiavellistisch inspiriert

Grotesk wird diese Fragilität der Landesregierung, wenn Bundesräte zum Vornherein auf Probe, das heisst auf ein oder zwei Jahre gewählt würden. Vor kurzem erklärte der freisinnige Parteipräsident Fulvio Pelli, dass die FDP ihren zweiten Bundesratssitz abgebe, falls sie in den Nationalratswahlen von 2011 von der CVP überholt werde. Diese Aussage kann nur als machiavellistisch inspirierte Beruhigungspille eines Parteitaktikers angesehen werden, um den umstrittenen zweiten Sitz seiner FDP zu retten.

In der neueren Geschichte ist noch kein Bundesrat nach ein- oder zweijähriger Amtsdauer nur wegen kleiner Prozentverschiebungen in den Nationalratswahlen zurückgetreten oder abgewählt worden. Soll nun der Tabubruch von 2003 zur Regel werden und die personelle Stabilität des Bundesrates permanent in Frage stellen? Die Kollegialitätsregierung lebt vom gegenseitigen Vertrauen und Teamwork ihrer Mitglieder, die sich im Laufe der Zeit herausbilden. Bundesräte mit Probezeit drohen eine vielgerühmte Eigenart unserer Regierungsform zu schwächen.

Merz-Sitz an die CVP

Es scheint, dass nach Meinung der Parteistrategen der arithmetische Proporz die grundlegende Maxime der Zukunft ist. Dann müssen vorher Regeln festgelegt werden, denn nur solche ermöglichen eine faire und nachvollziehbare Regierungsbildung. Es stellen sich folgende Fragen:

1. Darf ein aus der Partei ausgestossenes Mitglied auch nach einer ordentlichen Wahlperiode zur früheren Partei gezählt werden? Naheliegende Antwort: wohl kaum.

2. Welches ist das Kriterium für die Zuteilung der Sitze? Die Mandate in der Vereinigten Bundesversammlung oder die Wahlprozente bei den Nationalratswahlen?

Berechnet man die Wahlprozente, beanspruchen auch die Grünen einen Sitz. Berücksichtigt man die Fraktionsmandate, hat die gemeinsame Fraktion der CVP/EVP/GLP mehr Sitze als die FDP/Liberalen. Auch wenn für die Öffentlichkeit die Wahlprozente einsichtiger sind, findet die eigentliche Wahl in der Bundesversammlung statt.

Eine neue Allianz

Gegenwärtig steht das Regierungssystem in einer seit 2003 dauernden Übergangsphase. Am Ende müssen wir eine neue Regierungsformel finden, die zu einer gewissen Stabilität führt. Ein Problem lässt sich mit politischem Willen und konkordantem Geist schon jetzt – 2010 – lösen. Will man die aktuelle Pattsituation innerhalb der bestehenden Ordnung lösen, gibt es für die sich konkurrenzierenden Mitteparteien eine Variante, die der Konkordanz entspricht: Der umstrittene dritte Sitz der Mitte soll zwischen der FDP und der CVP rotieren.

Vor Wochen sprachen die Parteiexponenten dieser Parteien von einer neuen Allianz. Diese könnten sie nun – so mein Vorschlag – gemeinsam zum ersten Mal praktizieren. Nachdem die FDP den Sitz von Pascal Couchepin mit Didier Burkhalter knapp halten konnte, legt das vorgeschlagene Rotationssystem nahe, den Merz-Sitz der CVP/EVP/ GLP-Fraktion zu überlassen.

Bis 2011 könnte das Parlament im Rahmen der angesagten Regierungsreformen den Bundesrat auf neun Mitglieder erhöhen und so den Grünen einen Sitz ermöglichen. Ein weiterer Sitz ginge an die SVP. Und über den Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf könnten die Parteien 2011 streiten, damit der Schweizer Öffentlichkeit die Lust an der Politik nicht vergeht. Und ein Weiteres wäre erreicht: Die von allen Seiten beschworene Konkordanz überlebt bis zur nächsten Krise – zum Beispiel mit einem Übertritt der Bündner Bundesrätin zur FDP.

* Urs Altermatt, Historiker und Publizist, war bis 2010 Professor für Zeitgeschichte an der Universität Freiburg. (Tages-Anzeiger)

In Kolumbien Springaffenart entdeckt

Elternmisshandlungen - ein Tabu?

Oder: Die Kehrseite der grenzenlosen Erziehung

Foto: brandXpictures

Kindsmisshandlungen haben Folgen. Es gibt ein Gewaltschutzgesetz. Werden jedoch Eltern von Kindern geprügelt, geschieht nichts. Hier besteht eine Gesetzeslücke. Kinder können nicht weggewiesen werden, wenn sie Eltern misshandeln. Nach einem Bericht im Tagesanzeiger hat die Zahl der Meldungen über Jugendliche, die ihre Eltern schlagen, mit Faustschlägen traktieren oder die ihnen Gegenstände nachwerfen, stark zugenommen. Dies nach Angabe des Elternnotrufes. Vor allem alleinerziehende Mütter und Frauen sind betroffen.

Das Phänomen der Elternmisshandlung scheint ein weiterer Beleg zu sein für den viel beklagten Zerfall der Familie. Interessanterweise werden nicht in erster Linie jene Eltern geschlagen, die selber ihre Kinder geschlagen haben.

Es sind vorwiegend jene Eltern, die keine Grenzen setzen und keine Forderungen stellen.

Nach meinen Erfahrungen kann eine erspriessliche Erziehung nur gelingen, wenn BEIDES gegeben ist:

- das konsequente Durchsetzen von verlässlichen Regeln

- und der Aufbau von Beziehungen

Beziehungen können bekanntlich nicht aufgebaut werden, wenn die Bezugspersonen nicht präsent sind.

Müssten nicht die Weichen neu gestellt werden zu Hause und in der Schule?

Weg von Beliebigkeit und stetem Wechsel hin zur Konstanz von Bezugspersonen.

Uebrigens: Alle haben ein Recht auf Unversehrtheit: Männer und Frauen. Eltern und Kinder. Es darf weder Kindsmisshandlung noch Eltern - oder Lehrermisshandlung geben!