Dienstag, 17. Juni 2008

Telemedial Linzenz entzogen?

Aus Standard-info:

Medienbehörde entzieht Heiler-TV Telemedial Lizenz

Telemedial konnte entgegen seiner Satellitenlizenz keinen regelmäßigen Sendebetrieb in Österreich nachweisen

Die Medienbehörde Komm-Austria hat nach STANDARD-Infos Donnerstag entschieden, dem deutschen Heiler-Kanal Telemedial die österreichische Sendelizenz zu entziehen. Telemedial habe entgegen seiner Satellitenlizenz keinen regelmäßigen Sendebetrieb in Österreich nachweisen können (DER STANDARD berichtete). Telemedial vermittelte Zuschauern, es könnte sie mit "Engelenergien" heilen. Die Eigendefinition als "immaterielles Teleshopping" bezieht sich auf die Leistungen des Senders, nicht auf die Bezahlung. Gegen den Lizenzentzug kann Telemedial beim Bundeskommunikationssenat berufen.

"Unlauter und kriminell"

Die Medienbehörde fand heraus: In Wien gebe es Berater, die ehrenamtlich für die Kanal Telemedial Privatrundfunk GmbH tätig seien, darüber hinaus derzeit jedoch keine weiteren (auch nicht ehrenamtlichen) Mitarbeiter, insbesondere auch kein technisches Personal wie Kameraleute oder sonstige Techniker. Die Entscheidung der Medienbehörde zu Telemedial finden Sie hier im Wortlaut: rtr.at.

Medienblogger Stefan Niggemeier verdanken wir die Mitschrift, was Senderchef Thomas Hornauer so von Initiativen gegen seinen Sender hält. Die Medienbehörde kann sich wohl einiges anhören. Der Vorgeschmack, zitiert aus Niggemeiers Blog:

"Keine verzerrende Meinungmache und keine politischen Verlinkungen auf irgendwelchen Behördeen oder Hinweise auf verzerrte Sachen! Wenn ihr das alleine tut, ist das schon kriminell. (…) Kanal Telemedial ist ein immaterieller Teleshop und kein öffentlich-meinungsmachender Rundfunksender wie die anderen. Sondern wir sind ein Teleshop, und ich bin der Verkäufer. (…) Und jeder, der mich zu unrecht in Frage stellt, verunglimpft mein Produkt zu unrecht. Und das ist strafrechtlich. Wenn das mehrere Menschen miteinander tun, dann ist das eine kriminelle Vereinigung. Und da können Euch dann auch schon die Telefone und alles abgehört werden. Für kriminelle Vereinigungen wie Terroristen oder wie kriminelle Vereinigungen wie die Mafia gibt es in Deutschland Sondergesetze. (…) Auch der Aufruf, Kanal Telemedial das Licht auszumachen (…), sind unlauter und kriminell und ich empfehle Euch dringend, das zu lassen. Wenn ihr über Kanal Telemedial tatsächlich sachlich und in Echtzeit darüber… oder ganz genau dokumentiert, das ist in Ordnung. Aber dann müssen wir darüber reden. (…) Ihr dürft nicht mit meiner Marke und mit meinem Namen und mit meinem Fernsehsender uns die Kraft abnehmen, indem ihr Euch über Suchmaschinen bei Google positioniert und so weiter, ist auch wieder eine Schwächung unseres Senders. (…) Tut nicht ordentliche Unternehmungen in dieser Art und Weise… verunglimpfen. (…) Selbstverständlich hat jeder, der sich mit Kanal Telemedial identifiziert, jeden Abend Kanal Medial studiert, 15 Euro und die Grundgebühren auszurichten, und die müsst Ihr jetzt bezahlen. (…) Also, wer uns zu einer Studie verwendet, kostet das mindestens, wenn es in dieser Art ist, 500 Euro Grundgebühr. Und die Nutzung des Namen Telemedial erlaube ich auch nicht. Ja? So. Das muss von uns genehmigt werden, dann vergeben wir die Lizenz." (fid/DER STANDARD, Printausgabe, 6.6.2008)


Quelle: YouTube

Link "Kanal Telemedial" auf YouTube

Kommentar:

Fragwürdiges Medienphänomen TELEMEDIAL ______________________________________ Ich zappte einmal vor Monaten durch das Fernsehprogramm und blieb zwangsläufig an einem oesterreichischen Sender hängen - dem Kanal Telemedial (Tagsüber ist es der Kinderkanal). Sonderbar: Ein Herr mit langen (fettigen?) Haaren sprach wirres Zeug von Energieaustausch, von Energie, die er bündelt und weitergeben kann. Die Sprache - abgehackt mit ellenlangen Pausen - die Gedanken in minutenlanges Schweigen eingebettet. Im Hintergrund esoterische Bilder - oft mit herzförmigen Symbolen. Vor ihm eine sonderbare Pyramidenkonstruktion.

Eine brennende Kerze auf dem altarähnlichen Korpus. Aus einer Schale stieg Weihrauch auf.

Das erste Mal ging ich davon aus, es handle sich um eine Satiresendung. Ich war der Meinung, der Akteur sei ein Kabarettist,der einen fragwürdigen Magier karrikieret. Die Plauderei vor Mikrofon und Kamera war dermassen grotesk, dass ich mir nicht vorstellen konnte, das Gesehene sei tatsächlich ernst gemeint. Nach wenigen Minuten wurde mir dann doch bewusst: Das abgehackte Wortgestammel ist keine Parodie! Ich hatte damals erstmals den umstrittenen Gründer des Senders Telemedial vor mir:

Thomas G. Hornauer!

Das Konzept ist insofern transparent, als die Hörer anrufen und sie wissen, dass sie die "die Energiezufuhr" oder den "Rat" (Hornauer spricht zwar immer nur von "Erlebnis") bezahlen müssen oder freiwillig zahlen dürfen. Hornauer kann von diesem "Energiegeschäft" sehr gut leben, denn wer von seiner Energiezufuhr profitieren will, zahlt happige Preise - z.T. bis 30 Euro. Wer das "Erlebnis" berappt, der darf sich entspannen und das Gesehene unbeschwert auf sich einwirken lassen. Am Schluss gibt Honauer dann den Rat, diese Sequenz nochmals zu Hause auf sich wirken zu lassen. Doch zahlt man dann für diese aufgezeichnete Sequenz erneut 30 Euro. Hornauer versteht offensichtlich das Geschäft. Wenn die Energiezufuhr beispielsweise von einer Depression befreien kann, so sei dies der Preis wert, moniert der selbsternannte Heiler.

Energie kostet

Nach meinen Recherchen forderte Hornauer schon 1997 die Zuschauer auf, die Energie über die eingeblendeten Telefonnummern auszugleichen. 2008 wurde der Betrag später auf 10 Euro reduziert. Die Leute konnten aber auch nur so viel zahlen, wie ihnen die Hilfe wert ist. Das Sehen einer Sendung kostet 4 Euro. Das Sehen des ganzen Abends 7 Euro. Dies - wohlverstanden nur als Mindestbetrag.

Der Sender wird zur Zeit immer noch in der Schweiz in Deutschland und Oesterreich ausgestrahlt. Damit läppern sich diese (angeblich bescheidenen) Beträge zu grossen Summen zusammen. Am 5. April erzählte Hornauer einer zweifelten Anruferin, dass die Sendung überhaupt nicht aufs Verstehen ausgerichtet sei, sondern es gehe lediglich ums Erleben - was einen Energieausgleich in Form von Spenden nötig mache. Nur wer sich bedingungslos auf die Sendung einlasse und "zu allem Ja sage", werde diese Energie empfangen. Das System ist einfach: Je mehr bezahlt wird, desto mehr Energie erhält der Zahlende. Raffiniert! Damit ist klar: Hornauer muss gar nicht so reden, dass man die triviale, endlose, sinnlose Plauderei verstehen muss. Hornauer kann stammeln, wirre Worte assoziativ daherreden, schweigen, lachen, tanzen, dilletantisch singen oder musizieren, dasitzen und atmen, trommeln usw. der Zuschauer hat nichts anderes zu tun, als sich auf alle Aktionen einzulassen, zu zahlen, um damit (als Lebenshilfe) Energie zu tanken. Das "Dabei sein" allein genügt . Nur die Einwirkung der Sendung muss man sich erkaufen.

Das System scheint sich auszuzahlen. Ich erfuhr an einem Abend am Bildschirm, dass Hornauer mehrere Autos hat und bereits im Ausland Land und Liegenschaften erwerben konnte .

An einem Abend schwärmte er davon, wie er sich mit seinem Mercedes auf deutschen Autobahnen entspannen könne, indem er sich mit der Geschwindigkeit von 250 km "befreie". Er empfahl dann den Zuschauern, dies ebenfalls zu tun. Man müsste lediglich Stellen suchen, wo es keine Lastwagen gibt.

Ein Medienphänomen

Mit der abstrusen Sendung hat Hornauer eine Marktlücke entdeckt, die einmalig ist und heute Tausende von Zuschauern in Bann zieht. Es ist wie bei einem modernen Künstler, der eine Kunstrichtung entdeckt hat, bei der er mit wenig Aufwand viel Geld verdienen kann. So gab es einmal einen Maler, der sich nicht mehr bemühte, aufwendig zu malen, sondern auf ein riesige Leinwand Farbe ausgoss, um sich hernach in dieser Farbe zu wälzen. Diese Bilder zählten später zur Kunst und wurden teuer gehandelt. Auch Hornauers Event ist wahrscheinlich durch die Einmaligkeit wertvoll geworden. Die Idee des Sendekonzeptes macht sich Grunde genommen bezahlt. Wer dieses einfache konzept nachahmen würde, könnte wahrscheinlich nicht mehr viel verdienen. Das Werk wäre dann auch nur noch ein Plagiat.

Hornauer muss zugestanden werden. Auch er schuf etwas, was es vorher in dieser Form noch nie so gab. Er verstösst darin gegen alle Regeln des professionellen Fernsehenmachens. Wie bei einer neuen Kunstrichtung, so könnte Hornhauers skuriles Modell einer Fernsehsendung nur noch kopiert werden. Telemedial hat hat bereits Kultcharakter. Man muss mit Magie, Religion oder Esoterik nichts am Hut haben, man verweilt dennoch ein paar Minuten im Telemedialkanal, selbst dann, wenn man sich ärgert oder den Kopf schüttelt. Die Sequenzen finden heute bei Youtube sehr grosse Beachtung (Dies ärgert zwar Kornbauer, weil er an diesen Sequenzen nichts verdient). Der Erfolg der Sendung liegt darin:

Das Besondere: Es gibt kein Drehbuch. Er plaudert einfach drauflos. Das "Still da sitzen" gehört mit zum Programm. Ueberlange Pausen sind keine Pannen. Die Sendungen sind stets völlig improvisiert. Es gibt minutenlange Hänger - oft geschieht nichts. Die Dramaturgie fehlt. Regieanweisungen gibt es während der Sendung. Beispielsweise sagt Hornauer zum ehrenamtlich arbeitenden Kameramann: "Robert, bitte nimm mich bitte mit den beiden hüschen Frauen ins Bild - so ist es schön ja - so - gut" (Dann strahlt er am orangen Tisch in die Runde und murmelt: "Schön dass ihr das seid."). Wenn ein Gast am legendären bananenförmigen Tisch spricht, so funktioniert das Mikrofon selten. Die Kamera ist vielfach am "falschen" Ort. Wenn die Teilnehmer monoton trommeln und tanzen, so kann dies endlos lang dauern. Der Zeitaspekt ist gleichsam ausgeschaltet - in einem Medium, bei dem sonst jede Sekunde zählt. Es gibt keine Schnitte, kein Drehbuch, keinen Zeitdruck. Man hört machmal Elemente buddistischer Meditationsklänge. Die Musikeinlagen sind dilletantisch. Amateurmusiker spielen zum Teil schrecklich falsch. Oft hat man das Gefühl, sie improvisierten in Trance - unter Drogen? - ausschliesslich für sich selbst. Niemand scheint sich bewusst zu sein, dass das Ganze international ausgestrahlt wird.

Sekte oder Verein?

Hornauer hat immer wieder mit der Staatsanwaltschaft zu tun. Obschon ihm jetzt auch in Oesterreich die Konzession entzogen wird, versteht er es gewiss, erneut auf andere Kanäle (evt auf andere Länder auszuweichen). Ich vermute, dass er sich im Zeitalter der Satelliten, des Internets und der Digitalisierung weiterhin zu helfen weiss. Das Handwerk kann ihm wohl kaum so schnell jemand legen. Hornauer ist so clever, der Gefahr - als gefährlicher Sektenguru oder als unzulässiger Abzocker eingeklagt zu werden - zu entgehen. Er kündigte an, seine Fangemeinde künftig als Verein zu bezeichnen. Dennoch sieht er sich als Heiler (Heiland?) und hat eine erstaunlich grosse Schar von Jüngern, die aufgerufen sind, die "Religion der wirkungsvollen Energieüberragung" weltweit zu verkünden. Die Kasse wird jedenfalls weiterhin klingeln.