Sonntag, 11. September 2011

Bilder beeinflussen und üben Macht aus.


Bilder können zu einer historischen Grösse werden.


Bilder haben eine andere Logik als Worte.






Die Bilderikonen der brennenden Türme des World Trade Center (WTR) und die explodierenden Kernkraftwerke in Fukushima gehen über das Dokumentarische hinaus. Diese ikonischen Bilder entfalteten ein Eigenleben. Früher waren Ikonen sakrale Bilder, denen heilsame Kräfte zugeordnet werden. Welches sind nun die Kräfte, die von den besagen Bilder ausgehen. Gottfried Boehm der Universität Basel prägte den Begriff "iconic turn". Er ging der Frage nach, mit welcher Logik Bilder Sinn erzeugen.


Bilder waren seit je politische Grössen. Digitale Technologieen machen aus trägen Bildern - durch globale Reichweite und enormen Tempo - ein flüssiges Medium, das beinahe verzögerungsfrei die Botschaft verbreiten kann. Milliarden werden sofort in den Bann der gleichen Darstellung gezogen. Bilder können sich machtvoll entfalten. Es fragt sich nur , welche Bilder den Status von "Ikonen" schaffen.


Es sind jene Bilder, die extreme Effekte generieren und sich dem kollektiven Bildgedächtnis einprägen. Es sind Bilder, die schnell, wortlos und einleuchtend kommunizieren. Wenn sie auch Ueberblick verschaffen. Solche Bilder brauchen keinen Text. Das nutzt auch die Werbung. So ein Bild erreicht Auge, Herz und Verstand. Es nimmt Menschen für sich ein. Im Zeitalter der weltweiten babylonischen Sprachverwirrung erhält das Bild heute die grösste Kraft. Wir sind dank der Aufnahme gleichsam Augenzeugen. Das Bild suggeriert Teilhabe.

Welche Kriterien stehen uns zur Verfügung, Bilder von Bildern zu unterschieden? Aus der Flut der Pressefotos und Werbebildern ist es nicht einfach, die meisten  Bilder zu ignorieren und sie mit mit leerem Blick einfach zu übersehen d.h. über alles weg zusehen, um nur das zu speichern, was  relevant ist.

Nicht von ungefähr sind die Bilder vom Angriff des Pentagons heute wie ausgeblendet. Es gibt davon keine Bildikonen. Nur der Angriff auf zwei Machtsymbole hatten die beste Voraussetzung für eine starke visuelle Rhetorik. Sie wurden zu Bildikonen und haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.



«Staubfrau» Marcy Borders


Dieses Foto ging um die Welt: Staubbedeckt sucht Marcy Borders nach dem Einsturz des ersten der brennenden Zwillingstürme Zuflucht in einem Bürogebäude voller Rauch - Dies Aufnahme wurde zur Ikone.



Ich zitiere aus meiner Analyse  im September 01:






Krisenkommunikation und Medien - Terroranschlag vom 11. September 2001





Flugzeug Crash, Photoquelle: cnn.com Die überraschenden Terror-Schläge gegen das World Trade Center und das Pentagon in den USA-mit Tausenden von Toten- führten zu einer aussergewöhnlichen Krise mit unabsehbaren Folgen.
Der Schock übertrug sich schlagartig auf alle demokratischen Staaten. Der unerwartete Terrorkrieg führte zu Szenarien, die kaum mehr mit den üblichen Checklisten der Krisenplanung gemanagt werden konnten. Die Überraschung führte in der ersten Phase zu einer Überforderung von vielen Instanzen. Der Schock lähmte die Börse und den internationalen Flugverkehr für Tage.
Wir wollen hier die Bedeutung der Medien bei diesem Disaster punktuell beleuchten. Mehr darüber auch in einem Anhang zum Aktuell artikel über Macht der Bilder. Es geht um die moderne Medienlandschaft bei Krisensituationen. Es wurde bei dieser Krise festgestellt: Sowohl bei mobilen Telefonen als auch bei Telefonleitungen gab es sehr rasch Probleme. Internetverbindungen zu den wichtigsten Nachrichtenlieferanten (cnn, reuters, abcnews,cbs) funktionierte auch für Stunden nicht mehr effizient. Dies beweist einmal mehr, dass in Krisensituationen das Radio und Fernsehen als Einweginformationsquellen noch zu den bewährtesten Informationsmedien gehören. Für Zweiwegkommunikation wie z.B. Nachfragen nach Bekannten hatte sich das Internet eindeutig als zuverlässigstes Informationsmedium bewährt. In den USA sprach man von einem grossen Tag des Internets.
Collaps eines Twintowers, 
photoquelle washingtonpost.com Die These, dass die Attentäter vor allem die USA demütigen wollten und deshalb bei ihrer Aktion mit der Präsenz von Newsgiganten wie CNN gerechnet hatten, ist nicht völlig absurd. Ohne CNN und die mediengerechte Inszenierung hätte die "Demütigung" und das generalstabsmässig geplante Teufelswerk nicht der ganzen Welt (zuerst live und dann -X Mal aufgezeichnet-) vorgeführt werden können.
Trägt damit die heutige Mediensituation Mitschuld an der furchtbaren Höllentat? Weltweit sind seit Jahren TV-Kameras "schussbereit". Attentäter oder Terroristen sind überall sofort auf der Medienbühne. Geistesgestörte Menschen können damit rechnen, dass ihre Tat gefilmt und übertragen wird und die medienwirksamen Bilder schnell verbreitet werden.
Für Terroristen sind die Übertragungen gleichsam eine Dokumentation. Die grauenhaften Bilder, die sie geschaffen haben, wurden dank der Nonstop-TV Übertragungen und Internet verewigt.
Die "eigene Leistung" wurde mit den Bildern belegt, visualisiert und damit auch verstärkt. Es ist längst bekannt, dass nach gewaltsamen Demonstrationen die Akteure gerne die Aufzeichnungen ihrer eigenen Straftaten am Bildschirm mit Freude nacherleben.
Wenn beispielsweise eine Chaotenszene im Fernsehen nicht ausgestrahlt wird, gibt es enttäuschte Gewalttäter, die sich um den Genuss beraubt fühlen, das Auto, das sie angezündet hatten nochmals so schön brennen zu sehen.
Die Attentate zeigten wieder, welche Wirkung eine kleine Gruppe anrichten kann und wie mit wenig Mitteln sich Ordnungskräfte austricksen lassen.
Der Horrordokumentarfilm vom 11. September wurde nach der Tat auf allen Kanälen unablässig wiederholt. Die Bilder sind auf dem Internetnetz auf Galerien aufgereiht und Videos können beliebig oft wiedergegeben werden, 3D animationen veranschaulichen die Tat. Für die Drahtzieher hat sich damit die Medieninszenierung gelohnt. Vor der ganzen Welt konnte die beabsichtigte "Demütigung" stundenlang zelebriert werden. Der Wiederholungseffekt war für die Organisatoren eine günstige Gelegenheit, den "Akt der Erniedrigung" gratis zu verbreiten.
Die Medien sind bei Krisen und Katastrophen in einem Dilemma: Auf der einen Seite besteht eine Informationspflicht. Die Öffentlichkeit will und muss informiert werden. Auf der andern Seite sollten die Medienschaffenden ethischen Fragen mitberücksichtigen. Die Redaktion muss sich fragen, ob er nicht von Akteuren missbraucht wird oder; ob die Bilder nicht andere Kriminelle animieren könnten, ebenfalls ähnliche "mediengerechte" Szenarien zu produzieren. Die Gefahr eines Dominoeffekts duch Nachahmetäter ist real. Andererseits hat die Katastrophe die USA auch aufgerüttelt und vereint. Der gestärkte Patriotismus, verbesserte Sicherheitsvorkehrungen könnte längerfristig die immer präsente Terrorismusgefahr verkleinern.
Eigentlich fand nur in New York und beim Pentagon die eigentliche
Wirklichkeit statt. Die Medien übersetzten mit der Übertragung diese Wirklichkeit mit ihrem Medienabbild. US-Präsident Bush konnte sich selbst nur über die Medienwirklichkeit ins Bild setzen und nutzte dann die Medien mit Verlautbarungen.