Das wird spannend:
Früher hiess es: Gib mir eine Million und mache aus einem Kartoffelsack einen Bundesrat.
Nun gibt es bei der bevorstehenenden Masseneinwanderungs- Initiative ein Millionen Duell. Beide Seiten werfen riesige Summen auf, um die Stimmberechtigten zu beeinflussen.
Werden dadurch die Meinungen neutralisiert?
Ich zitiere die Basler Zeitung:
Mit Millionen gegen die reiche SVP
Acht bis zehn Millionen Franken sollen die Masseneinwanderungs-Initiative verhindern.
Masseneinwanderung stoppen: Ein Plakat der SVP in Genf.
Bild: Salvatore di Nolfi/Keystone
Schon das Abstimmungsdatum entspricht einer Abwehrtaktik. Am 9. Februar
gelangt die SVP-Volksinitiative gegen die Masseneinwanderung zur
Abstimmung. Auf die politische Schweiz warten wegen dieses wichtigen
Termins heisse Winterwochen.
Den Themen-Cocktail für die
Abstimmungswochenenden mixt der Bundesrat, indem er mindestens vier
Monate vor einer Volksabstimmung die Inhalte benennt. Dies schreibt das
Bundesgesetz über die politischen Rechte so vor. Frei ist der Bundesrat
hingegen zu bestimmen, welche Vorlagen gleichzeitig vors Volk kommen –
unter Wahrung gewisser Fristen. Beraten durch Einflüsterer,
Interessenvertreter und Kommunikationsprofis achtet er dabei darauf,
dass nicht einseitig gegen Partei- und Bundesratsmehrheiten mobilisiert
werden kann. Der Mix machts aus und ist Gegenstand von Einflussnahme der
Regierung. Bei der Zuwanderungs-Initiative spielten auch noch andere
Überlegungen eine Rolle.
Erstens: möglichst weit weg von
den Wahlen. Die SVP-Initiative wird voraussichtlich stark mobilisieren.
Indem der Bundesrat den Abstimmungstermin möglichst lange vor den
nächsten Wahlen fixiert, vermeidet er, dass die vielen
Initiativbefürworter – quasi in derselben emotionalen Wallung – gleich
auch noch SVP-Kandidaten wählen. Zweitens: die kurze Zeit für den
Abstimmungskampf nach Weihnacht/Neujahr und dem Stichtag am 9. Februar.
Kaum sind die Feiertage vorbei, werden die Abstimmungscouverts schon in
den Briefkästen liegen. Viele füllen diese umgehend aus. Die kurze Zeit
für die Propaganda hilft eher den Initiativgegnern als den Initianten.
Die
führende Rolle im Abstimmungskampf bei den Gegnern spielt der
finanzstarke Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Seine erste
Kampagnenmillion hat er bereits investiert. Seit Wochen begleiten
Plakate mit schwarzen Apfelbäumen und den roten Früchten der bilateralen
Verträge die Passanten. Dies ist Phase eins der Gegenkampagne. Weitere
Millionen wurden in Studien investiert, weitere Millionen werden bis im
Februar folgen. Etwa acht bis zehn Millionen ist Economiesuisse dieser
Abstimmungskampf wert. Da wird nicht mal die SVP mithalten können, die auf gute Spendenzuflüsse und finanziell potente Parteimitglieder zählen kann.
Brunner stimmt Delegierte ein
Einen
wichtigen Teil ihrer Kraft will die SVP im Abstimmungskampf über
Freiwillige in den Parteisektionen entfalten. Diese sind auf dem Land
gefordert, ihre Plakatständer auf Privatgrund in gefrorene Ackerböden zu
rammen und Standaktionen bei Minustemperaturen durchzuführen. Wie die
Gegner startet auch die SVP ihre offizielle Kampagne noch vor der
Adventszeit. Am Samstag steht ihre Masseneinwanderungs-Initiative im
Zentrum ihrer Delegiertenversammlung in Reiden (LU). Gespannt wartet die
Öffentlichkeit auf die Rede von Bundespräsident Ueli Maurer. Wie wird
er die Gratwanderung zwischen der offiziell zu vertretenden
Bundesratsmeinung und der eigenen Parteimeinung meistern?
Deutlich
zeichnen sich demgegenüber die Argumentationslinien im SVP-
Abstimmungskampf ab. Die Schweiz habe schon immer grosszügig, aber
kontrolliert ausländische Arbeitskräfte aufgenommen und ihnen eine
berufliche Perspektive geboten, stimmt Parteipräsident Toni Brunner die
Delegierten auf die Versammlung ein. «Seit dem Jahr 2007 sind jedoch
jährlich rund 80 000 Personen mehr in die Schweiz ein- als
ausgewandert.» Dies entspreche Jahr für Jahr einer Zunahme der
Bevölkerung in der Grössenordnung der Stadt Luzern, «in zwei Jahren gar
der Einwohnerzahl der Stadt Genf.»
Die SVP beschreibt die
Zuwanderung somit vorab als Problem der schieren «Masse» und nicht etwa
als Problem auf Stufe Individuum. Diese hohe Zuwanderung erfordere eine
Siedlungsfläche von 4448 Fussballfeldern, schreibt Brunner in seiner
Einladung an die Delegierten. «Die Folgen dieser verhängnisvollen
Entwicklung sind täglich spür- und erlebbar: zunehmende Arbeitslosigkeit
(Erwerbslosenquote von fast acht Prozent unter den Ausländern),
überfüllte Züge, verstopfte Strassen, steigende Mieten und Bodenpreise,
Verlust von wertvollem Kulturland, Lohndruck, Ausländerkriminalität,
Asylmissbrauch, Kulturwandel in den Führungsetagen und belastend hohe
Ausländeranteile in Fürsorge und anderen Sozialwerken.» Die Gefährdung
des «künftigen Wohlstands in der Schweiz» prophezeien übrigens
Initiativbefürworter wie Initiativgegner – je nach Abstimmungsresultat.
SVP-Exponenten im Fokus
Die
Argumente der Initiativgegner erfolgen auf zwei Schienen. Einerseits
sollen Zahlen und Studien die wirtschaftlichen Vorteile der heutigen,
wirtschaftsgesteuerten Zuwanderung belegen. Das Hauptargument hier: Ein
Ja zur Zuwanderungs-Initiative ist gleichbedeutend mit dem Ende der
bilateralen Verträge mit der EU.
Was zählt mehr?
Befürchtungen vor einer übermässigen Zuwanderung oder gegenüber der
nächsten Rezession? Die zweite Schiene der Initiativgegner wird auf die
SVP und ihre Exponenten abzielen. Es wird darum gehen, die SVP als
unglaubwürdig hinzustellen, was ein Ja zur Initiative verunmöglichen
soll.
(Basler Zeitung)
Kommentar: Ich gehe davon aus, dass beide Seiten die Stimmberechtigten warnen werden, sich nicht von der Millionenwerbung der Gegner beeinflussen zu lassen. Das führt vermutlich zu eine Patt-Situation.
Was aber der SVP helfen wird, sind alle Meldungen, welche durchblicken lassen, dass die Stimmberechtigen über den Tisch gezogen werden. Beispielsweise, dass Vorlagen weiterhin nicht so umgesetzt werden, wie es im Initiativtext worden war (Verwahrung, Ausschaffung). Das macht die Bürger sauer und wird sich bestimmt für die SVP auszahlen. Es ist für die Stimmberechtigten nicht nachvollziehbar, dass der Wille des Volkes immer wieder mit dem dem Argument abgeblockt werden kann: Der Souverän in der Schweiz darf nicht internationales Recht brechen. Vor allen stösst ihm sauer auf, dass mit diesem Argument die Volksmeinung übergangen werden kann. Dies führt zur Zementierung des bekannten Vorurteils:
"Die machen doch nur, was sie wollen!"