Mittwoch, 1. Oktober 2008

Wie Mörgeli das Mikrofon abgedreht wurde

aus 20 Min-online:

Zwischenrufe und Applaus gab es heute im Nationalrat bei der Frage, ob die Immunität von SVP-Präsident Toni Brunner aufgehoben werden soll. Doch als SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli zu einer Tirade ansetzte, drehte ihm Nationalratspräsident und Parteikollege André Bugnon kurzerhand das Mikrofon ab.

(Video: Parlamentsdienste)
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Im Visier seiner Amtskollegen: SVP-Präsident Brunner verfolgt die Debatte im Nationalratssaal über seine Immunität. (Bild: Keystone/Alessandro della Valle)

Nach der Abstimmung ergriff SVP-Fraktionschef Caspar Baader nochmals das Wort: Der Nationalrat habe eine politische Vorverurteilung über das Recht gestellt. «Das ist ein Skandal», sagte er. Diesen Vorwurf liess sich die Rechtskommission nicht gefallen: Ihre Präsidentin, die FDP-Fraktionschefin Gabi Huber, erwiderte: «Herr Kollege Baader, das lasse ich mir als Präsidentin der Rechtskommission nicht gefallen.» Sie betonte, dass die Rechtskommission kein Gericht sei. Ausserdem implizierte Huber, dass es bei einer Akteneinsicht durch die ganze Kommission vermutlich zu Indiskretionen gekommen wäre. Dafür, dass dies nicht geschehen sei, müsste Baader eigentlich dankbar sein, sage Huber. Applaus der Mitte-Links-Parteien erhielt sie für dieses Statement. mdr

Tumult im Nationalratssaal: Unmittelbar vor der Abstimmung begann der Zürcher SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli eine persönliche Erklärung zu verlesen. Er sei sehr bewegt über die Vorgänge im Rat, sagte Mörgeli und begann über den Fall Holenweger zu sprechen. Da kam Unruhe auf im Saal — vornehmlich von linker Seite. Mörgeli fragte, um sich durchzusetzen: «Darf ich hier reden?» Die Antwort der Grünen und der SP kam unisono: «Nein.» Nach weiterer Unruhe entzog der Nationalratspräsident André Bugnon — selbst SVP-Mitglied — Mörgeli das Wort: Er schaltete das Mikrophon aus, weil es keine persönliche Erklärung sei.

Die SVP gegen den Rest

Während der ganzen Debatte waren die Fronten klar: Die SVP kämpfte alleine gegen die restlichen Parteien. Sogar die FDP reagierte scharf auf die SVP-Argumente, warum die Immunität von SVP-Präsident Toni Brunner nicht aufgehoben werden soll

Die SVP warf den übrigen Parteien vor, aus politischer Motivation auf das Geschäft überhaupt eintreten zu wollen. Die Rechtskommission hatte im Mai entschieden, dem Rat die Aufhebung der Immunität zu beantragen. Dies, obwohl kein formeller Antrag des ausserordentlichen Staatsanwalts vorlag. Zudem hatte nicht die gesamte Kommission Einsicht in die Akten, allerdings freiwillig. Aus diesen Gründen verlangte die SVP, dass der Nationalrat gar nicht erst auf die Vorlage eintreten solle.

Kommentar: Es zeigt sich immer mehr, dass sich die SVP isoliert. Das sture Festhalten an Blocher und die Alleingänge sind kontraproduktiv. Dass Mörgeli - dank lauthalser Störaktionen von der linken Seite - das Mikrofon entzogen wurde, ist sicher ein Fehler. Wer sich jedoch gegen alle anlegt, muss auch über die Bücher gehen. Meine Prognose: Mit der SVP geht es abwärts.