Mittwoch, 7. Januar 2009

Bilder beeinflussen die öffentliche Meinung

Israels Konzept ging nicht auf

Seit dem Vietnamkrieg wissen alle Staaten, dass die öffentliche Meinung durch Bilder geprägt wird und im eigenen Land die Gesinnung ändern kann. Die USA hatten deshalb im Golfkrieg die Information mit Bildern bewusst gesteuert und nur ausgewählte Journalisten gleichsam in die Fronttruppen eingebettet. China und Russland wählte den Weg der knallharten Zensur (Peking - Olympiade) und hatten damit Erfolg Israel versuchte ebenfalls beim Einmarsch im Gazastreifen weder Journalisten noch Aerzte ins Kriegsgebiet zu lassen. Den Soldaten wurden sogar die Handys beschlagnahmt. Dennoch kamen Bilder von verletzten Kindern an die Oeffentlichkeit und beeinflussten schlagartig die Stimmung der Oeffentlichkeit.

Aus 20 Min:

Nahost-Krieg

Israel verliert den Propagandakrieg

Der Ausgang des blutigen Konflikts im Gazastreifen ist noch offen, den Kampf um die öffentliche Meinung scheint Israel indes schon verloren zu haben. Dafür sorgen die Bilder der Opfer im Palästinensergebiet.

Aus Tagi:

Luftangriffe auf Youtube

Seit Beginn der Offensive am 27. Dezember führt Israel den Krieg im Gazastreifen auch in den Medien: Das Verteidigungsministerium veröffentlicht auf Youtube Bilder von Luftangriffen auf Stellungen der radikalen Hamas.

Auch in Internet-Foren versucht die Regierung ihren Einfluss auszuspielen. Das Konsulat in New York verwickelte im Netzwerk Twitter 2500 Blogger in die Debatte über die Kriegsführung. Armeesprecherin Liebovich wird zu einer Art Medienpersönlichkeit, die übermüdet aber sachlich noch die aggressivsten Fragen zur Militärstrategie und den palästinensischen Opfern beantwortet.

Gegen die Bilder von verzweifelten Eltern, die leblose Kinder in überfüllte Spitäler im Gazastreifen tragen, kann auch die sorgfältigste Strategie wenig ausrichten: «Israel wird die Kommunikationsschlacht nicht gewinnen», sagt Medienspezialist Dominique Wolton vom französischen Forschungsverband CNRS in Paris.

PR funktioniert nicht richtig

Der «unangemessene Einsatz» seiner Militärmacht und die ausufernde Gewalt machten alle Propaganda-Bemühungen zunichte, sagt Wolton. Dass die Palästinenser «nicht viel sagen» und die Hamas sich in ihren Mitteilungen vor allem auf die arabische Welt konzentriere, schmälere nicht die Wirkung der bewegenden Bilder aus dem Konfliktgebiet, meint Wolton.

Tatsächlich stossen die Israelis mit ihrem Vorgehen international auf wenig Verständnis. Die Bodenoffensive am Wochenende wurde zumeist kritisiert, weltweit gingen zehntausende Menschen auf die Strasse.

Israels Propaganda habe bei ihren Hauptzielgruppen in Europa und den USA nicht besonders gut funktioniert, sagt der Londoner Nahost- Experte Charles Tripp.

Israel sei nicht im PR-Geschäft - «wir kämpfen gegen den Terror», antwortete am Dienstag Präsident Schimon Peres auf eine Bemerkung der EU-Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, sein Land laufe Gefahr, sein «Image» zu zerstören.

Doch dass Israel sehr wohl sein Bild in der Öffentlichkeit beeinflussen will, zeigt laut Experten allein die Tatsache, dass das Land im vergangenen Jahr eine britische PR-Firma anheuerte, die schon für den Libanon und Nordirland Image-Kampagnen entwarf.

Katz und Maus an der Grenze

Auch im Krisengebiet selbst bekommen Berichterstatter die Einflussnahme zu spüren. An der Grenze zum Gazastreifen spielen Journalisten mit der Militärpolizei Katz und Maus, wie Betroffene berichten.

Schon häufiger sei es vorgekommen, dass Soldaten Fotografen zwangen, ihre gerade geschossenen Bilder von feuernden israelischen Raketenwerfern zu löschen, berichtet ein Fotograf.

Keine Journalisten in den Gazastreifen

Ausländische Journalisten will Israel trotz einer anders lautenden Entscheidung des Obersten Gerichts in der gegenwärtigen Situation nicht in den Gazastreifen lassen. Die Nachrichtenagentur AFP ist mit drei Reportern und drei Fotografen vor Ort - sie alle sind Palästinenser.

Israelischen Soldaten wurden vor der Bodenoffensive am Samstag die Mobiltelefone abgenommen - damit sie nicht mit Journalisten über die Ereignisse sprechen.

Die Nachrichtensperre begründet die Armee mit den Erfahrungen aus dem Libanon-Krieg, wo wegen der starken Medienpräsenz strategische Informationen öffentlich geworden seien und Soldaten gefährdet hätten.