Samstag, 22. Juli 2023

Zensur oder Meinungsfreiheit?

 

Entartete Kunst?

 

von Marcus Knill

 

In einer bemerkenswerten Entwicklung wurde eine Frauen-Skulptur, "Primavera", von Fritz During nach fast 70 Jahren aus dem Foyer der Europa-Universität in Flensburg entfernt. Der Grund: Einige Studentinnen fühlten sich angeblich "unwohl" mit der Darstellung der überaus fruchtbaren Weiblichkeit der Skulptur. Diese Situation ruft zur Reflexion über die Rolle der Kunst, Interpretation und Zensur in unserer gegenwärtigen Gesellschaft auf.

 

Wie bei allen Kommunikationsprozessen ist es bedenklich, wenn "Sprachpolizisten" entscheiden, was und wie etwas gesagt werden soll. Noch problematischer wird es, wenn "Medienpriester" bestimmen, was veröffentlicht und was den Konsumenten vorenthalten werden darf. Solche Formen der Zensur wecken Erinnerungen an den Bildersturm, die schwarzen Listen in der Literatur und die Bücherverbrennungen.

 

Es ist erstaunlich, dass wir im 21. Jahrhundert, in Ländern, die sich als demokratisch bezeichnen, den militanten Tunnelblick einiger Individuen derartigen Spielraum gewähren. Meinungsfreiheit sollte nicht zu einer leeren Phrase verkommen. Eine gesunde Demokratie lebt von Freiheit des Denkens, künstlerischer Freiheit und dem Austausch von Meinungen. Es ist erfreulich zu sehen, dass die Kantonsschule Schaffhausen, die zuvor eine nackte männliche Skulptur entfernt hatte, die Entscheidung revidierte. Es bleibt abzuwarten, ob die Europa-Universität ihren Fauxpas in ähnlicher Weise korrigiert.

 

Es ist immer bedenklich, wenn Konsumenten als unmündige Bürger behandelt und bevormundet werden. Das Entfernen von unliebsamer Kunst im öffentlichen Raum weckt unbehagliche Assoziationen mit der Entfernung von als "entartet" bezeichneten Kunstwerken während des Dritten Reichs.

 

r den Moment hat "Primavera" einen vorläufigen Platz im Büro des Gebäudemanager der Universität, Axel de Haan, gefunden. Dieser Vorfall erinnert uns jedoch eindringlich an das fragile Gleichgewicht zwischen künstlerischer Freiheit, persönlicher Interpretation und gesellschaftlichen Normen in der Welt von heute.


 

Die „Primavera“ steht nun im Büro von Gebäudemanager Axel de Haan